Warrior Cats 03 - Die Macht der drei 06 - Sonnenaufgang
unerwartete Beute und Charlys peinliche Fragen waren schnell vergessen. Doch Distelblatt wusste, dass er wieder fragen würde. Wer von uns wird ihm dann die Wahrheit sagen?
Die Patrouille trottete weiter durch den Wald, doch schon kurz nach Sonnenhoch merkte Distelblatt, dass Charly müde wurde und immer wieder in die Farne oder Brombeeren stolperte. Sie ging neben ihm und versuchte, ihn mit ihrem Schwanz zu leiten, doch es war deutlich zu sehen, dass er nicht bis Sonnenuntergang durchhalten würde.
Distelblatt flitzte zu Brombeerkralle vor. »Es ist wegen Charly«, miaute sie. »Er ist müde. Was sollen wir tun?«
Brombeerkralle sah sich um. »Mäusedung! Wir können ihn nicht einfach hier zurücklassen.« Der Zweite Anführer bedauerte es sichtlich, dass er Charly aufgefordert hatte, sich ihnen anzuschließen. »Gut, wir halten bald an«, entschied er. »Hilf ihm bis dahin, so gut du kannst, Distelblatt.«
»Mach ich.« Distelblatt wartete, bis Charly zu ihr gewankt kam, und ging dann wieder neben ihm. »Willst du dich an meine Schulter lehnen?«, bot sie ihm an.
Charly bedachte sie mit einem bösen Blick. »Glaubst du, ich schaff das nicht allein? Eingebildeter kleiner Jungspund!«
»Entschuldigung.« Distelblatt vermutete, dass er so wütend war, weil er wusste, dass er Hilfe brauchte, sie aber aus Stolz nicht annehmen wollte. Sie ließ sich ein paar Pfotenschritte zurückfallen, wo sie ihn im Auge behalten konnte, und war erleichtert, als Brombeerkralle kurz darauf eine Pause ausrief.
»So bald schon?« fragte Löwenglut und schaute zum Himmel, wo die Sonne immer noch hell durch die Bäume schien. »Wir könnten noch ein ganzes Stück weitergehen, bevor es dunkel wird.«
»Ich weiß«, miaute Brombeerkralle mit einem kurzen Blick zu Charly. »Aber die Zeit im Zweibeinerort war ziemlich anstrengend für uns alle und wir sollten jagen und ruhen. Hier dürfte es jede Menge Beute geben.«
Die Stelle, die Brombeerkralle gewählt hatte, war eine kleine Lichtung unter riesigen Eichen, wo Laub den Boden bedeckte. An einer Seite sickerte ein kleines Rinnsal zwischen moosbewachsenen Steinen in einen Teich. Charly stolperte darauf zu, leckte ein paar Zungen voll Wasser und ließ sich dann zu Boden sinken. Wenige Herzschläge später ertönte sein lautes Schnarchen.
Sol tappte zu einem sonnigen Fleck, setzte sich und schlang den Schwanz um die Vorderpfoten. Seine blassgelben Augen leuchteten in dem goldenen Licht. Er hatte eindeutig nicht die Absicht, für sich selbst zu jagen.
Distelblatt kroch ins Unterholz. Es roch stark nach Beute und bald hatte sie eine Maus und eine Drossel erlegt. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee, früh haltzumachen. Weil es noch nicht so kalt ist, sind noch genügend Wühler unterwegs. Sie scharrte Erde über ihre Frischbeute.
Nachdem sie eine weitere Maus gefangen hatte, eilte sie zurück zur Lichtung und sah dort, dass ihre Clan-Gefährten bereits einen Frischbeutehaufen neben dem Teich angelegt hatten.
Mit stolz erhobenem Schwanz zerrte Birkenfall ein riesiges Kaninchen herbei. »Da drüben sind noch mehr.« Er deutete mit dem Schwanz zu den Bäumen. »Heute Abend werden wir gut zu fressen haben.«
Distelblatt ließ die Drossel und eine ihrer Mäuse auf den Haufen fallen, die andere brachte sie Charly und weckte ihn mit einem Stups ihrer Pfote auf.
Der alte Kater schnaubte erschrocken und sah sich mit wilden Augen um. »Was ist los? Füchse? Die schnapp ich mir!«
»Schon gut, Charly.« Distelblatt legte ihren Schwanz auf seine Schulter. »Ich hab dir eine Maus gebracht.«
Charly blinzelte. »Das ist echt nett von dir.« Er biss gierig in die Beute, hielt dann inne und trat unbeholfen einen Schritt zurück. »Hier – nimm du auch was.«
»Nein, die ist für dich«, miaute Distelblatt. Wie lange ist es her, dass Charly eine anständige Mahlzeit hatte? »Es gibt noch mehr.«
Nachdem alle Katzen gefressen hatten – Brombeerkralle achtete darauf, dass auch Sol einen Anteil an der Beute erhielt –, ließen sie sich zum Schlafen zwischen den Bäumen nieder. Mittlerweile war die Sonne untergegangen und Dämmerlicht breitete sich aus. Eine kalte Brise ließ die kahlen Zweige knacken.
Distelblatt merkte, wie Charly zitterte, und winkte Haselschweif mit einem Schwanzschnippen herbei. »Charly kann wirklich nicht für sich sorgen«, murmelte sie ihrer Clan-Gefährtin ins Ohr. »Lass uns neben ihm schlafen, damit er es warm hat.«
»Na gut«, miaute Haselschweif etwas
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