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Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Völlige Abhängigkeit, neurologische Schäden und Halluzinationen von einer solchen Intensität, daß sie ihrer wirklichen Situat i on gegenüber vollkommen apathisch waren. « Halb zu sich selbst fügte er hinzu: »Das sind Dinge, die man in Kriegsze i ten tun muß. Und da regt man sich über die Nazis auf …«
    »Wir müssen den Krieg gewinnen, Mr. Hazeltine «, eri n nerte Miss Bachis.
    »Ja «, sagte Hazeltine benommen. »Oh, Sie haben so ve r dammt recht, Miss Bachis; Sie haben so recht. « Blicklos starrte er zu Boden.
    »Geben Sie Dr. Sweetscent den Drogenvorrat «, forderte ihn Miss Bachis auf.
    Hazeltine griff in seine Manteltasche. »Hier. « Er reichte ihm eine flache Metallschachtel. »JJ-180. Legal dürfen wir das Zeug Ihrer Frau nicht geben; wir dürfen keinen reg i strierten Süchtigen beliefern. Also nehmen Sie es – natürlich ist das nur eine Formalität –, und was Sie damit anstellen, ist Ihre eigene Angelegenheit. Jedenfalls befinden sich genug Einheiten in dieser Schachtel, um sie so lange am Leben zu erhalten, wie sie leben wird. « Er wich Erics Blick aus, star r te weiter zu Boden.
    Als Eric die Schachtel annahm, bemerkte er: »Sie wirken nicht sehr glücklich über dieses Produkt Ihrer Firma. «
    »Glücklich? « wiederholte Hazeltine. »Natürlich nicht. Sieht man mir das nicht an? Wissen Sie, das schlimmste war der Anblick der Riegs in den Kriegsgefangenenlagern, nachdem sie die Droge genommen hatten. Sie sind einfach zusammengebrochen, erschlafft … es gibt für sie keine Rückkehr mehr. Sie leben für JJ-180, sobald sie das Zeug einmal genommen haben. Sie sind froh , es zu nehmen; die Halluzinationen sind für sie so – wie soll ich es ausdrücken – so unterhaltsam … nein, nicht unterhaltsam. Fesselnd? Ich weiß es nicht, aber sie wirken, als ob sie die Unendlichkeit gesehen hätten. Aber eine Unendlichkeit, die, um es kl i nisch, physiologisch auszudrücken, zu einer Hölle wird. «
    »Das Leben ist kurz «, stellte Eric fest.
    »Und roh und schmutzig «, fügte Hazeltine hinzu, doch es schien, als hätte er gar nicht bewußt gesprochen. »Ich kann nicht fatalistisch denken, Doktor. Vielleicht geht es Ihnen da besser. «
    »Nein «, widersprach Eric. »Kaum. « Depressiv zu sein war gewiß nicht wünschenswert; Fatalismus war keine G a be, sondern eine langwierige Krankheit. »Wann nach der letzten Einnahme von JJ-180 tauchen die ersten Entzug s symptome auf? Anders gefragt, wann muß …«
    »Sie können von zwölf bis vierundzwanzig Stunden au s gehen «, erklärte Miss Bachis. »Dann tritt das physiologische Verlangen auf, und der Zusammenbruch des Leberstof f wechsels beginnt. Es ist – unangenehm. Um es mal so zu sagen. «
    »Unangenehm? « versetzte Hazeltine rauh. »Gott im Himmel, seien Sie realistisch; es ist unerträglich. Es ist die Agonie des Todes. Buchstäblich. Und das Opfer weiß es. Fühlt es, ohne in der Lage zu sein, etwas dagegen zu tun, es zu verstehen. Wie viele von uns haben schließlich schon ihren eigenen Todeskampf erlebt? «
    »Gino Molinari «, bemerkte Eric. »Aber er ist einziga r tig. « Er schob die Schachtel mit dem JJ-180 in seine Mante l tasche und dachte: Also bleiben mir noch bis zu vierun d zwanzig Stunden, ehe ich gezwungen bin, meine zweite D o sis der Droge zu nehmen. Aber ebensogut kann es schon heute abend nötig werden.
    Möglicherweise, setzte er seine Überlegungen fort, besi t zen die Riegs ein Gegenmittel. Würde ich zu ihnen überla u fen, um mein Leben zu retten? Oder Kathys Leben? Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.
    Wahrscheinlich, sagte er sich, werde ich es wissen, sobald ich zum erstenmal die Entzugssymptome am eigenen Leib verspürt habe. Oder, wenn ich mich dann noch immer nicht entschließen kann, spätestens in dem Augenblick, wo ich die ersten neurologischen Schäden bei mir feststelle.
    Noch immer erfüllte es ihn mit Bestürzung und Entsetzen, daß seine Frau ihn – einfach so – süchtig gemacht hatte. Wie sehr mußte sie ihn hassen, um so etwas tun zu können! Was verriet dies doch für eine ungeheure Verachtung dem Wert des Lebens gegenüber.
    Aber ging es ihm nicht genauso? Er erinnerte sich an sein erstes Gespräch mit Gino Molinari; seine wahren Gefühle waren in diesen Minuten an die Oberfläche gespült worden, und er hatte sich ihnen stellen müssen. Und wenn er sich selbst gegenüber ehrlich sein wollte, dann mußte er zugeben, daß er genauso empfand wie Kathy. Dies gehörte zu den

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