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Warte auf das letzte Jahr

Warte auf das letzte Jahr

Titel: Warte auf das letzte Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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15. Juni, Sir«, informierte ihn das Taxi, während es in südliche Richtung über grüne Berge und Täler hinwegbrummte.
    »Welches Jahr?«
    »Blicken Sie nicht mehr durch, Sir?« fragte das Taxi. »Es ist das Jahr 2055. Und ich hoffe, das beruhigt Sie.« Das Taxi war alt und schon ein wenig schäbig, reparaturbedürftig; seine Reizbarkeit verriet sich in der Aktivität seiner elektronischen Schaltungen.
    »Es beruhigt mich«, versicherte Eric.
    Über das Videofon des Taxis erkundigte er sich beim Informationszentrum in Phoenix nach dem genauen Standort des Kriegsgefangenenlagers; diese Daten waren nicht geheim. Schließlich flog das Taxi über ebenes Wüstengelände und eintönige Steinhügel und leere Mulden hinweg, die früher einmal Seen gewesen waren. Und dann, im Zentrum dieser öden, unerschlossenen Wildnis, setzte ihn das Taxi ab; er hatte das Kriegsgefangenenlager 29 erreicht, und es befand sich genau dort, wo er es auch erwartet hatte: an dem unbewohnbarsten Fleck, der überhaupt zu finden war. Auf ihn wirkten die großen Wüstengebiete von Nevada und Arizona wie ein düsterer, fremder Planet und nicht im geringsten wie ein Teil der Erde; er gestand sich ein, daß er diesem Ort sogar jenen Teil des Mars vorzog, der sich um das 35er Wash erstreckte.
    »Viel Glück, Sir«, wünschte ihm das Taxi. Er bezahlte, und es brummte mit klapperndem Motor geräuschvoll davon.
    »Danke«, murmelte Eric. Er ging hinüber zum Wachhaus am Eingang des Lagers; dem Soldaten, der sich in der Baracke aufhielt, erklärte er, daß Tijuana Fur & Dye ihn geschickt habe, um einen Kriegsgefangenen für eine Schreibarbeit zu kaufen, die mit absoluter Fehlerlosigkeit durchgeführt werden müsse.
    »Nur einen?« fragte ihn der Soldat, als er ihn zum Büro seines Vorgesetzten führte. »Wir können Ihnen fünfzig Riegs geben. Oder zweihundert. Wir sind im Moment vollkommen überbelegt. In der letzten Schlacht haben wir sechs ihrer Truppentransporter abgefangen.«
    Im Büro des Oberst füllte er mehrere Formulare aus und unterschrieb sie im Namen der TF&D. Der Preis, erklärte er, würde am Monatsende auf dem normalen Wege überwiesen werden, und man gab sich damit zufrieden.
    »Suchen Sie sich einen aus«, bot ihm der zu Tode gelangweilte Oberst an. »Schauen Sie sich ruhig um; Sie können jeden haben – obwohl sie alle gleich sind.«
    »Ich habe einen Rieg gesehen, der im Nebenraum Akten bearbeitet hat«, bemerkte Eric. »Er – oder sie – machte auf mich einen tüchtigen Eindruck.«
    »Das ist der alte Di«, erwiderte der Oberst. »Di gehört fast schon zum Inventar; bereits in der ersten Kriegswoche wurde er eingeliefert. Er hat sich sogar eine von diesen Translatorboxen zusammengebastelt, damit er uns von Nutzen sein konnte. Ich wünschte, alle wären so kooperativ wie Di.«
    »Ich nehme ihn«, sagte Eric.
    »Allerdings kostet er einiges mehr«, bemerkte der Oberst mit listiger Miene. »Die Ausbildung, die er hier von uns erhalten hat, war nicht gerade billig.« Er machte sich eine Notiz. »Hinzu kommt noch der Preis für die Translatorbox.«
    »Sagten Sie nicht, er hätte sie sich selbst zusammengebaut?«
    »Wir haben ihm das Material zur Verfügung gestellt.«
    Schließlich einigten sie sich auf einen Preis, und dann betrat Eric den Nebenraum, wo der Rieg geschäftig mit seinen vielgelenkigen vier Armen in den Versicherungsakten wühlte.
    »Sie gehören jetzt TF&D«, informierte Eric ihn. »Kommen Sie mit.« Den Oberst fragte er: »Wird er versuchen, zu fliehen oder mich anzugreifen?«
    »So etwas ist noch nie vorgekommen«, erklärte der Oberst, setzte eine Zigarette in Brand und lehnte sich gelangweilt an die Wand seines Büros. »Das widerspricht ihrer Mentalität; es sind bloß Käfer. Große, leuchtende Käfer.«
    Schließlich war er wieder draußen unter der heißen Sonne und wartete darauf, daß das Taxi aus dem nahegelegenen Phoenix eintreffen würde. Wenn ich gewußt hätte, daß alles so schnell geht, sagte er sich, hätte ich das kaputte, alte Taxi hier solange warten lassen. Er fühlte sich unbehaglich, wie er neben dem schweigenden Rieg wartete; immerhin war dies einer ihrer offiziellen Feinde. Die Riegs kämpften gegen die Terraner und töteten sie, und dieser hier war einer ihrer aktiven Offiziere.
    Wie eine Fliege begann sich der Rieg zu putzen, kämmte seine Schwingen, seine Sensorantennen und dann sein unteres Gliedmaßenpaar. Die Translatorbox hatte er unter einen seiner zerbrechlichen Arme geklemmt und ließ

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