Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall
Ziegelmauern, aber eine neue Asphaltstraße war im Entstehen, durchzog den aufgewühlten Grasboden in einem närrischen Muster, endete vor Erdhügeln, führte weiter in flaches Grasland und dann ins Nichts, als habe die Hand eines Riesen in seinem Garten ein Labyrinth angelegt und dann, noch ehe es fertig war, das Interesse daran verloren. Hin und her in diesem Niemandsland unberührter schwarzer Fährten fuhren zwei jugendliche Motorradfahrer auf leichten Maschinen. Ab und zu verließen sie die asphaltierten Streifen und gingen Erdhügel an, übten ihre Klettertechnik, erzwangen sich mit keuchenden Motoren den Weg hinauf, in dem sie ihre Stiefel gegen den Boden stemmten. Dann ließen sie ihre Maschinen gefährlich steil hinunterholpern und -schlittern und hielten triumphierend und mit Schwung an. Der Fahrer, der ihr am nächsten war, entdeckte Meredith unter der Hecke und fuhr auf sie zu, ließ die Maschine über die Grasbüschel hüpfen und stoppte direkt vor ihr. Er rutschte auf dem Sattel nach hinten und öffnete sein Visier wie ein Ritter, der von einem mittelalterlichen Turnier zurückkehrte, um von seiner Dame eine Gunst zu erbitten.
»Hallo«, begrüßte er sie. Sie versuchte, durch das offene Rechteck des Visiers sein Gesicht zu erspähen.
»Du bist Barry, nicht wahr?«
»Stimmt. Hab Sie beim Pfarrer gesehn. Wolln sich also ’n Haus kaufen?« Das sollte offensichtlich das sein, was Barry unter einem Scherz verstand. Er hatte den Helm abgenommen und drückte ihn an die Brust. Dann zeigte er mit einer ruckartigen Kopfbewegung in die Richtung der weit entfern ten Häuser.
»Nein, besten Dank. Hat die Bauleitung nichts dagegen, daß ihr hier herumfahrt?« Barry grinste.
»Ja, der Polier kommt immer mit ’nem Höllenzahn angesaust, aber uns kriegt er nich. Wir haben ’n bißchen Spaß mit ihm. Einmal haben wir ’n in den Fluß gejagt. Hat am Ufer gestanden und uns beschimpft, also sind wir direkt auf ’n zugefahren, und er mußte springen. Is ins Wasser gefallen. Ham wir gelacht!«
»Klingt ein bißchen gefährlich«, sagte Meredith zweifelnd. Sie fragte sich, ob er von dem Mord gehört hatte. Vielleicht brachte er den Namen Hersey nicht mit seinem alten Feind in Verbindung.
»Nö. Er is’n Idiot und ’n Mistkerl dazu.« Wenn auch geneigt, dieser Einschätzung des Charakters von Hersey zuzustimmen, sah Meredith sich dennoch gezwungen zu sagen:
»Du weißt doch, daß er tot ist, oder?«
»Was – er?« Barrys Augen flackerten vor Überraschung, dann wurde sein Blick vorsichtig.
»Hat nix mit uns zu tun.«
»Das habe ich nicht behauptet. Hast du von dem Mord in der Nähe des Fox and Hounds gehört?«
»Oh, davon? Ja. War das er?« Barry überlegte eine Weile.
»Also, da soll mich doch gleich«, sagte er überraschend sanft.
»Muß ich gleich meinem Kumpel verklickern.«
»Als ihr ihn gejagt habt, hätte er sich die Nummern eurer Kennzeichen merken und euch anzeigen können«, sagte sie. Barry zuckte mit den Schultern.
»War doch nur ’n Spaß. Außerdem hätt er das nie getan, zu den Cops gehn. Nich er.«
»Warum nicht?« Barry warf ihr den Blick eines Mannes zu, der einer Unschuld das Leben erklärt.
»Weil er von der Sorte war, die keine Cops mag – mochte«, korrigierte er sich.
»Wenn er uns erwischt hätte, hätt er uns umgebracht. Aber es gibt so ’ne, die wo zur Polizei gehn, und so ’ne, die nich hingehn.« Das ist wohl wahr, dachte Meredith. Sie bezweifelte, daß Alan anderer Meinung gewesen wäre.
»Seid ihr oft mit euren Motorrädern hier, du und deine Freunde?«
»Ja, wenn wir schönes Wetter haben.« Sie wählte ihre nächsten Worte sehr vorsichtig. Barry war es gewohnt, immer als einer der ersten beschuldigt zu werden, wenn etwas schiefging, und sein Instinkt für Selbstverteidigung war schnell hellwach.
»Wart ihr auch an dem Wochenende, bevor man den Toten in dem Fundament gefunden hat, hier draußen? Ich meine, wenn ihr hiergewesen wärt, hättet ihr mit den Mördern zusammentreffen können, und das hätte vielleicht ein böses Ende genommen.« Barry hauchte seinen Helm an und entfernte sorgfältig einen Schmutzstreifen.
»Wir waren an dem Wochenende hier, haben aber nix gesehn.« In seiner Stimme war echtes Bedauern.
»Wär cool gewesen, wenn wir was gesehn hätten. Bamford is’n Kaff, hier passiert nie was, und wenn was passiert, dann verpaß ich’s, verdammt.«
»Ihr habt keine fremden Wagen gesehen?« Das brachte sie auf einen Gedanken, und sie fragte aus
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