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Warte, bis du schlaefst

Warte, bis du schlaefst

Titel: Warte, bis du schlaefst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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dachte er. Aber ich werde ihr das sagen, was ich schon ihren Eltern gesagt habe. Mack und ich haben zwar zusammen gewohnt, aber wir haben nicht viel miteinander zu tun gehabt. An dem Tag, an dem er verschwunden ist, habe ich ihn nicht mal gesehen. Ich bin aus dem Haus gegangen, bevor er und Nick aufgestanden sind. Also lass mich in Ruhe, kleine Schwester.
    Er stand auf. Vergiss es, sagte er sich. Es ist nicht wichtig. Das Zitat, das ihm jedes Mal einfiel, wenn er an Mack denken musste, geriet ihm auch jetzt wieder in den Sinn. Ihm war bewusst, dass der Wortlaut nicht ganz stimmte, aber für ihn passte es dennoch: »Doch dies war in einem andren Land, und außerdem – der König ist tot.«
    Er ging zurück zum Telefon, nahm den Hörer auf und wählte. Als sich seine Frau meldete, hellte sich seine Miene beim Klang ihrer Stimme sofort auf. »Hi, Barb«, sagte er. »Wie geht’s dir, Liebling? Und wie geht’s den Kindern?«

18
    Nach dem Mittagessen mit Aaron Klein kehrte Elliott Wallace in sein Büro zurück. Seine Gedanken kreisten um Charles MacKenzie sen. und die Freundschaft, die sie in Vietnam geschlossen hatten. Charley war am College im Reserveoffizier-Ausbildungskorps der Armee gewesen. Als sie sich kennengelernt hatten, war er Leutnant. Elliott hatte Charley erzählt, dass er als Kind amerikanischer Eltern in England geboren wurde und den größten Teil seiner Kindheit in London verbracht habe. Mit neunzehn Jahren sei er mit seiner Mutter zurück nach New York gekommen. Später wurde er zur Armee eingezogen, wurde nach vier Jahren Offizier und hatte gemeinsam mit Charley einige der schlimmsten Kämpfe des Krieges durchgemacht.
    Wir haben uns vom ersten Tag an gemocht, dachte Elliott. Charley war der Mensch mit dem größten Konkurrenzgeist, den ich je erlebt habe, und wahrscheinlich war er auch der ehrgeizigste. Er wollte sofort mit dem Jurastudium loslegen, sobald er aus der Armee entlassen würde. Er kündigte an, dass er ein erfolgreicher Anwalt und Millionär werden wolle. Er war stolz darauf, aus einer Familie zu stammen, in der das Geld immer knapp gewesen war. Er zog mich oft wegen meines völlig anderen Familienhintergrunds auf. »Und wie hieß noch mal gleich der Butler, Ell?«, fragte er dann. »War es Bertie, Chauncey oder Jeeves?«
    Elliott lehnte sich in seinem Ledersessel zurück und
musste lächeln, als er sich daran erinnerte. Ich habe Charley geantwortet, dass der Butler William hieß und seit meinem dreizehnten Lebensjahr nicht mehr bei uns war. Ich habe ihm erzählt, dass mein Vater, Gott hab ihn selig, der gebildetste Mensch und der schlechteste Geschäftsmann war, den die Welt je gesehen hat. Das war der Grund, weshalb meine Mutter schließlich das Handtuch warf und mit mir nach New York zurückging.
    Charley hat mir das damals nicht abgenommen, doch ich habe ihm versichert, dass ich auf meine Art ebenso ehrgeizig sei wie er. Er wollte reich werden, weil er diese Welt nie gekannt hatte. Ich dagegen kam aus dem Wohlstand, war zu einem Habenichts geworden und wollte mir nun alles zurückholen. Während Charley sein Jurastudium absolvierte, ging ich aufs College und machte anschließend meinen Master in Betriebswirtschaft.
    Wir hatten beide geschäftlichen Erfolg, doch unser beider Privatleben war vollkommen verschieden. Charley lernte Olivia kennen, und es wurde eine wunderbare Ehe. Mein Gott, wie ich mich als Außenseiter fühlte, wenn ich mitbekam, wie sie einander in die Augen sahen! Dreiundzwanzig gute Jahre waren ihnen vergönnt bis zu dem Tag, an dem Mack verschwand, und danach gab es keinen Tag mehr, an dem sie sich nicht vor Sorgen um ihn verzehrten. Und dann kam der 11. September, und Charley kam dabei um. Meine Ehe mit Norma stand von vornherein unter einem ungünstigen Vorzeichen. Wie sagte Prinzessin Diana doch gleich wieder bei einem Interview – dass es in ihrer Ehe mit dem Prinzen von Wales immer drei Menschen gegeben habe? Ja, genauso war es mit Norma und mir, nur weniger glamourös.
    Elliott verzog das Gesicht bei diesem Gedanken, nahm
seinen Kugelschreiber zur Hand und begann gedankenverloren auf einem Zettelblock zu kritzeln. Norma weiß natürlich nichts davon, aber die Gefühle, die ich für Olivia empfinde, standen von Anfang an zwischen uns. Und jetzt ist meine Ehe schon eine ferne Erinnerung, und nach all diesen Jahren könnten Olivia und ich vielleicht eine gemeinsame Zukunft ins Auge fassen. Sie hat begriffen, dass sie nicht mehr ihr ganzes Leben nur auf Mack

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