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Warte, bis du schlaefst

Warte, bis du schlaefst

Titel: Warte, bis du schlaefst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ursprüngliche Absicht gewesen war, dass er für mich ermitteln sollte.
    Barrott erhob sich. »Danke, dass Sie mich empfangen haben, Ms. MacKenzie. Sie werden verstehen, dass wir rund um die Uhr an diesem Fall arbeiten, doch sobald das erledigt sein wird, werde ich mich noch einmal gründlich mit der Akte Ihres Bruders befassen und prüfen, ob es nicht ein paar neue Ansatzpunkte gibt, denen wir nachgehen könnten.«
    Er hatte mir am Montag seine Visitenkarte überreicht, doch vermutlich dachte er, ich hätte sie weggeworfen, was auch zutraf. Nun überreichte er mir eine neue und versicherte mir, dass er sich wieder melden werde. Ich brachte ihn an die Tür, sperrte hinter ihm ab und merkte plötzlich, dass ich weiche Knie hatte.

    Irgendetwas an seiner Art sagte mir, dass Detective Roy Barrott nicht aufrichtig gewesen war. Für ihn war ich nicht nur jemand, der zufällig im Nachbarhaus einer verschwundenen jungen Frau wohnte. Er suchte nach Gründen, um mit mir in Kontakt zu bleiben.
    Aber warum?
    Ich wusste es einfach nicht.

16
    Lil Kramer hatte seit dem Moment, an dem Carolyn MacKenzie am Montag angerufen und um ein Gespräch gebeten hatte, mit den Nerven gekämpft, doch am Mittwoch ging sie, kurz nachdem Carolyn sich verabschiedet hatte, ins Schlafzimmer, legte sich aufs Bett, schloss die Augen und fing stumm an zu weinen, sodass ihr die Tränen über die Wangen liefen.
    Lil hörte, wie Gus sich von Howard verabschiedete, dann kam er ins Schlafzimmer und stellte sich neben dem Bett auf. Auf seine ungeduldige Frage, was sie denn habe, riss sie die Augen auf. »Was ich habe? Ich werd dir sagen, was ich habe! Gus, ich war am Sonntag zur lateinischen Messe in der St.-Francis-de-Sales-Kirche. Ich wollte schon die ganze Zeit einmal hingehen, seitdem sie im letzten Jahr wieder damit angefangen haben. Du weißt doch, mein Vater war katholisch und hat mich manchmal in die Kirche mitgenommen, damals, als noch alle Messen auf Latein gelesen wurden.«
    »Du hast mir gar nicht erzählt, dass du am Sonntag hingegangen bist«, sagte Gus ärgerlich.
    »Warum sollte ich dir das auch erzählen? Du hast für Religion sowieso nichts übrig, ganz egal welche, und ich hatte keine Lust, mir von dir wieder anzuhören, dass alle Priester Schwindler und Hochstapler sind.«
    Gus Kramers Miene veränderte sich. »Schon gut, schon
gut. Du warst also da. Ich hoffe, du hast mich in dein Gebet eingeschlossen. Na und?«
    »Es war brechend voll. Das hättest du nicht für möglich gehalten. Die Leute standen schon in den Gängen. Du hast ja gerade gehört, was Carolyn MacKenzie uns erzählt hat. Dass Mack auch dort gewesen ist! Ich weiß, du wirst mir nicht glauben, aber während der Messe hatte ich das Gefühl, jemanden zu sehen, der mir bekannt vorkam, nur für einen kurzen Moment. Aber wie du weißt, sehe ich fast nichts, wenn ich nicht meine richtige Brille dabeihabe, und ich hatte sie vergessen, weil ich sie in der anderen Handtasche hatte.«
    »Noch mal: Na und?«
    »Gus, verstehst du denn nicht? Mack ist da gewesen! Und wenn er nun vorhat, zurückzukommen? Du weißt doch«, schloss sie flüsternd, »du weißt doch.«
    Wie sie vorausgesehen hatte, packte Gus sofort die Wut. »Verdammt, Lil, der Kerl wird schon seine Gründe gehabt haben, weshalb er diese Nummer mit dem Verschwinden abgezogen hat. Es macht mich krank, dass du dich wegen ihm immer noch so aufregst. Hör auf damit. Lass es sein. Du hast seiner Schwester genug erzählt, die ist erst mal zufrieden. Von jetzt ab hältst du den Mund. Sieh mich an.« Er lehnte sich über das Bett und fasste sie grob am Kinn, sodass sie den Blick nicht von ihm abwenden konnte. »Du bist halb blind ohne deine Fernbrille. Du stellst dir allerhand Dinge vor, bloß wegen diesem Zettel, den Mack angeblich in die Kollekte geschmuggelt hat. Du hast ihn dort nicht gesehen. Also vergiss das Ganze.«
    Lil hätte nicht gedacht, dass sie den Mut aufbringen würde, ihren Mann zu fragen, wie er sich dessen so sicher
sein könne. »Woher willst du wissen, dass Mack nicht da war?«, fragte sie ihn flüsternd.
    »Glaub’s mir einfach«, antwortete Gus, dessen Gesicht vor Wut dunkel angelaufen war.
    Es war dieselbe düstere Wut, die sie vor zehn Jahren an ihm beobachtet hatte, als sie Gus erzählt hatte, was sie beim Putzen in Macks Zimmer gefunden hatte. Es war diese Wut, die sie all die Jahre sich verzweifelt hatte fragen lassen, ob nicht am Ende Gus hinter dem Verschwinden von Mack steckte.
    Mit einer

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