Warte, bis du schlaefst
unbeholfenen Geste der Zuneigung strich Gus mit seiner schwieligen Hand über Lils Stirn. Dann sagte er mit einem tiefen Seufzer: »Weißt du was, Lil, langsam frage ich mich, ob es alles in allem nicht vernünftig wäre, wenn wir die Sache an den Nagel hängen und nach Pennsylvania gehen würden. Wenn diese Schwester von Mack hier weiter herumschnüffelt, wird sie dich früher oder später so verrückt machen, dass du zu viel sagst.«
Lil, die sehr gerne in New York lebte und sich immer vor dem müßigen Leben als Rentnerin gefürchtet hatte, wimmerte leise: »Am liebsten würde ich sofort gehen, Gus. Ich habe solche Angst um uns.«
17
Bruce Galbraith setzte sich am Ende eines Arbeitstags stets noch einmal mit seiner Sekretärin in Verbindung. Im Gegensatz zu den meisten Menschen in seiner Umgebung trug er nicht permanent seinen BlackBerry mit sich herum und schaltete auch öfter sein Handy aus. »Zu viel Ablenkung für meinen Geschmack«, pflegte er bei diesbezüglichen Fragen zu erklären. »Es ist, als ob man einem Jongleur zuschaut, der mit zu vielen Bällen auf einmal hantiert.«
Zweiunddreißig Jahre alt, von durchschnittlicher Körpergröße, mit rotblonden Haaren und einer randlosen Brille auf der Nase, witzelte er gelegentlich, er sei so durchschnittlich, dass er von keiner Überwachungskamera registriert würde. Auf der anderen Seite war er auch nicht so bescheiden, dass er nicht genau gewusst hätte, was seinen Wert ausmachte. Er war ein hervorragender Geschäftsmann, und seine Kollegen attestierten ihm eine geradezu übersinnliche Fähigkeit, die Trends auf dem Immobilienmarkt vorauszusehen.
Infolgedessen hatte Bruce Galbraith den Wert des Familienunternehmens so sehr vervielfacht, dass ihm sein sechzigjähriger Vater irgendwann einfach die Führung des Ganzen übergeben hatte. Anlässlich seines Abschiedsdinners hatte sein Vater gesagt: »Bruce, ich ziehe meinen Hut vor dir. Du bist ein guter Sohn und ein viel besserer Geschäftsmann, als ich es je gewesen bin, und ich war auch nicht von schlechten Eltern. Nun, mach du nur weiter so
und vermehre unser Vermögen, während ich mich darum bemühen werde, mein Golf-Handicap zu verbessern.«
Am Mittwoch befand sich Bruce in Arizona, als er seinen täglichen Spätnachmittagsanruf bei seiner Sekretärin machte. Sie berichtete ihm, dass eine gewisse Carolyn MacKenzie angerufen und die Nachricht hinterlassen habe, dass Mack sich wieder gemeldet hätte und ob Bruce sie bitte zurückrufen würde.
Carolyn MacKenzie? Macks kleine Schwester? Das waren Namen, die er nur ungern hörte.
Bruce war gerade in seine Suite in dem Hotel in Scottsdale zurückgekehrt, dessen Besitzer er war. Kopfschüttelnd ging er zur Minibar hinüber und holte sich ein kaltes Bier. Es war zwar erst vier Uhr, aber er war fast den ganzen Tag draußen in der Hitze unterwegs gewesen und hatte es sich verdient, befand er.
Er machte es sich in dem großen Sessel vor dem fast die ganze Wand ausfüllenden Fenster bequem, das auf die Wüste hinausging. Zu jeder anderen Zeit war dies seine Lieblingsaussicht, doch in diesem Augenblick sah er nur die Studentenwohnung, die er sich mit Charles MacKenzie und Nick DeMarco geteilt hatte, und es ging ihm wieder durch den Kopf, was sich dort abgespielt hatte.
Ich will Macks Schwester nicht sehen, dachte er. Das ist jetzt alles zehn Jahre her, und selbst damals wussten Macks Eltern genau, dass wir nie sehr eng befreundet waren. Er hat mich nie zum Essen bei seinen Eltern in Sutton Place eingeladen, dabei hat er Nick dauernd mitgenommen. Mack ist nicht mal auf die Idee gekommen, dass ich vielleicht auch Lust haben könnte mitzugehen. Für ihn war ich nur ein nicht weiter störender Typ, der zufällig in der gleichen Wohnung wohnte wie er.
Nick, der große Frauenheld; Mack, den immer jeder für den nettesten Kerl auf der Welt hielt. So nett, dass er sich sogar entschuldigt hat, als er mich knapp geschlagen hat, als es darum ging, unter die zehn besten Absolventen unseres Jahrgangs zu kommen. Ich werde nie Dads Blick vergessen, als ich ihm gebeichtet habe, dass ich es nicht geschafft hatte. Vier Generationen an der Columbia University, und ich war der Erste, der nicht unter den zehn besten Absolventen war. Ach, und Barbara, mein Gott, wie war ich damals in sie verliebt. Ich habe sie angebetet … Doch sie hat mich nicht einmal eines Blickes gewürdigt.
Bruce legte den Kopf in den Nacken und trank sein Bier aus. Ich werde Carolyn anrufen müssen,
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