Warte, bis du schlaefst
wäre es sehr schmerzvoll, Macks Stimme auf den anderen Bändern zu hören. Doch vielleicht konnte ich dann wenigstens einigermaßen sicher sein, dass die Kassette, die ich im Koffer gefunden hatte, nur eine von vielen in dieser Art war, und dies würde meiner quälenden Befürchtung ein Ende setzen, dass er verschwinden musste, weil er irgendein schreckliches Problem hatte, über das er nicht mit uns sprechen wollte.
Befriedigt, dass es mir gelungen war, den Kontakt herzustellen, setzte ich eine Kanne Kaffee auf und schaltete die Morgennachrichten ein. Mit sinkendem Mut hörte ich die neuesten Berichte zum Fall Leesey Andrews. Jemand hatte einem Reporter von der Post den Hinweis gegeben, dass sie ihren Vater am Samstag angerufen und versprochen hatte, ihn wieder an Muttertag anzurufen.
AN MUTTERTAG!
Mein Handy klingelte. Ich hatte sofort das sichere Gefühl, dass es Detective Barrott sein müsse. Ich ließ es klingeln, ohne mich zu melden, und als ich einen Augenblick später die Nachrichten abhörte, ertönte prompt seine Stimme: »Ms. MacKenzie, ich würde Sie gerne so bald wie möglich noch einmal sprechen. Meine Nummer ist …«
Ich schaltete ab, mein Herz klopfte wie wild. Ich hatte seine Nummer, und ich hatte nicht die Absicht, ihn zurückzurufen,
bevor ich nicht mit Aaron Klein gesprochen hatte.
Als ich um fünf Uhr nachmittags beim Haus der Kleins in Darien ankam, herrschte dort ein ziemlicher Aufruhr. Geöffnet wurde mir von einer attraktiven Frau von Ende dreißig, die sich als Aarons Ehefrau Jenny vorstellte. Ihre angespannte Miene sagte mir, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.
Sie führte mich ins Arbeitszimmer. Aaron Klein kniete auf dem Fußboden, umgeben von leeren Kartons. Stapel von Tonbändern lagen, zu verschiedenen Haufen gruppiert, auf dem Teppich. Es waren sicherlich an die dreihundert Stück.
Aarons Gesicht war kreidebleich. Als er mich sah, erhob er sich langsam. Er blickte an mir vorbei auf seine Frau. »Jenny, sie sind einfach nicht mehr da, nicht ein einziges der Bänder.«
»Aber das ist doch absurd, Aaron«, protestierte sie. »Warum sollte …?«
Er unterbrach sie und sah mich an. Seine Miene war feindselig. »Ich war von Anfang an nicht davon überzeugt, dass meine Mutter nur durch Zufall einem Mörder in die Hände gefallen ist«, sagte er in schroffem Ton. »Damals schien es, als sei nichts aus ihrer Wohnung entwendet worden, aber das stimmt nicht. Kein einziges der Bänder mit Ihrem Bruder ist mehr vorhanden, und ich weiß, dass es davon mindestens zwanzig gab, und ich weiß genau, dass sie noch da waren, als er verschwunden ist. Der einzige Mensch, der ein Interesse an ihnen gehabt haben könnte, ist Ihr Bruder.«
»Ich verstehe Sie nicht«, sagte ich und sank auf den nächstbesten Stuhl.
»Ich glaube jetzt, dass meine Mutter ermordet wurde, weil jemand etwas aus ihrer Wohnung holen wollte. Der Mörder hat ihren Hausschlüssel an sich genommen, nachdem er sie umgebracht hat. Damals konnte ich nichts entdecken, was in ihrer Wohnung gefehlt hätte. Aber es war doch etwas gestohlen worden – die Schachtel, in der sie alle Bänder gesammelt hatte, die sie mit Ihrem Bruder aufgenommen hatte.«
»Aber Ihre Mutter ist fast ein Jahr nach Macks Verschwinden überfallen worden«, sagte ich. »Warum sollte er hinter den Bändern her sein? Was sollte er denn damit anfangen?« Dann fragte ich ihn entrüstet: »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
»Ich will auf Folgendes hinaus«, entgegnete er scharf. »Ich bin jetzt überzeugt, dass Ihr verschwundener Bruder hinter dem Mord an meiner Mutter steckt! Was weiß ich, vielleicht gab es irgendwelche Dinge auf diesen Bändern, die ihn belastet hätten.« Er deutete auf das Fenster. »Dieses Mädchen aus Greenwich ist jetzt schon seit einer Woche verschwunden. Ich kenne sie nicht, aber wenn die Nachrichten stimmen, die ich auf der Fahrt im Auto gehört habe, dann hat sie ihren Vater angerufen und ihm versprochen, ihn am nächsten Muttertag wieder anzurufen. Ist das nicht auch genau der Tag, an dem Ihr Bruder immer anruft? Es wundert mich nicht, dass er Ihnen dringend geraten hat, nicht nach ihm zu suchen.«
Ich stand auf. »Mein Bruder ist kein Mörder. Und er ist auch kein Triebtäter. Wenn die Sache aufgeklärt ist, wird sich herausstellen, dass Mack nicht dafür verantwortlich ist, weder für den Mord an Ihrer Mutter noch für das Verschwinden von Leesey Andrews.»
Ich verließ das Haus, stieg in den Wagen und fuhr
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