Warte, bis du schlaefst
zu wischen, drehte er sich um und ging durch den Eingangsflur zu seiner Wohnung. Er sperrte die Tür auf, trat ein und überließ es Howard, sie aufzuhalten, bevor sie ihm vor der Nase zugefallen wäre.
»Ich sag Lil Bescheid«, sagte Gus knapp.
Howard war klar, dass Kramer eine Gelegenheit suchte, um mit seiner Frau zu sprechen und sie womöglich zu warnen, bevor sie ihm gegenübertrat. Sie ist in einem der beiden Schlafzimmer am Ende des Flurs, dachte er. Bestimmt sortiert sie dort die Sachen aus. Endlich hat sie doch noch eine Möglichkeit gefunden, wie sie diesen überschüssigen Raum nutzen kann.
Es dauerte fast fünf Minuten, bis die Kramers im Wohnzimmer auftauchten. Lil Kramer war sichtlich aufgeregt. Sie kniff immer wieder die Lippen zusammen, und als ihr Howard die Hand entgegenstreckte, wischte sie sich schnell die Hand an ihrem Rock ab, bevor sie seine Begrüßung erwiderte.
Wie er erwartet hatte, fühlte sich ihre Handfläche feucht an.
Geh gleich in die Vollen, dachte Howard. Lass sie zittern. »Ich möchte ganz offen mit Ihnen reden«, sagte er. »Ich war nicht dabei, als dieser Bursche, dieser MacKenzie verschwunden ist, aber ich war neulich dabei, als seine Schwester hier auftauchte. Und Lil, Sie waren da genauso nervös, wie Sie es jetzt wieder sind. Es war deutlich zu beobachten, dass Sie Angst davor hatten, mir ihr zu sprechen. Für mich kann das nur bedeuten, dass Sie etwas darüber wissen, warum oder wie dieser Junge verschwunden ist, oder dass Sie vielleicht sogar etwas damit zu tun hatten.«
Er bemerkte, wie Lil Kramer entsetzt zu ihrem Mann blickte und dass Gus Kramers Wangen sich violett-rötlich färbten. Ich hatte recht, dachte er. Sie sind zu Tode erschrocken. Von dieser Reaktion ermutigt, fuhr er fort: »Die Schwester ist noch nicht fertig mit Ihnen. Beim nächsten Mal bringt sie vielleicht einen Privatdetektiv oder die Polizei mit. Wenn Sie glauben, dass Sie ihnen entkommen können, indem Sie sich Hals über Kopf nach Pennsylvania absetzen, dann sind Sie auf dem Holzweg. Wenn sie wiederkommt und Sie sind nicht mehr da, wird sie Fragen stellen. Sie wird herausfinden, dass Sie urplötzlich gekündigt haben. Lil, wie vielen Leuten haben Sie in all den Jahren erzählt, dass Sie nicht die geringste Absicht haben, New York zu verlassen, bevor Sie nicht mindestens neunzig sind?«
Lil Kramer versuchte jetzt krampfhaft, die Tränen zurückzuhalten.
Howard fuhr in milderem Ton fort. »Lil, Gus, denken Sie doch mal nach. Wenn Sie so plötzlich von hier weggehen, werden Carolyn MacKenzie und die Polizei überzeugt sein, dass Sie irgendetwas zu verbergen haben. Ich weiß nicht, was es ist, aber Sie sind meine Freunde, und ich möchte Ihnen helfen. Ich würde gerne Mr. Olsen mitteilen können, dass Sie Ihre Entscheidung noch einmal überdacht haben und noch länger bleiben wollen. Und wenn Carolyn MacKenzie wieder anruft, dann sagen Sie mir Bescheid, und ich werde da sein. Ich werde ihr unmissverständlich klarmachen, dass die Hausverwaltung etwas dagegen hat, wenn sie die Angestellten weiterhin belästigt. Und außerdem werde ich sie darauf hinweisen, dass es inzwischen empfindliche Strafen für Stalking gibt.«
Er sah die Erleichterung in ihren Mienen und wusste, dass er sie überzeugt hatte. Sie würden bleiben. Und ich musste ihnen nicht mal eine Gehaltserhöhung bieten oder ihnen versprechen, in dieser Wohnung bleiben zu dürfen, dachte er triumphierend.
Doch als er Lils unterwürfige und Gus’ knappe Dankbezeugungen entgegennahm, brannte er in Gedanken nur noch darauf, herauszufinden, wovor sie solche Angst hatten und was sie über Mack MacKenzies Verschwinden vor zehn Jahren wussten.
29
Am Sonntagvormittag besuchte ich die letzte Messe in St. Francis de Sales. Ich war schon frühzeitig da, setzte mich in die hinterste Bank und studierte die Gesichter der nach und nach eintreffenden Gemeindemitglieder. Natürlich konnte ich niemanden entdecken, der Mack auch nur halbwegs ähnlich sah. Onkel Dev pflegte immer nachdenkliche Predigten zu halten, oft gewürzt mit irischem Humor. An diesem Tag allerdings war davon nichts zu merken.
Als die Messe vorüber war, ging ich noch auf einen kurzen Besuch hinüber ins Pfarrhaus. Devon lächelte, als er mich sah, und winkte mich in sein Büro. Er sagte, er sei mit Freunden zum Golfspielen in Westchester verabredet, doch das könne noch etwas warten. Er goss Kaffee in zwei dicke weiße Becher und reichte mir einen davon, bevor wir uns
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