Warum auch nette Männer nicht zum Frühstück bleiben (German Edition)
nuckele einsam an meinem Bier und schaue mir die tanzenden Mädels an. Die Frau, auf die mein Blick fällt, bewegt sich, wie ich es mag. Klein, vielleicht 1,65 Meter groß, ein dunkler Bubikopf über einem schmächtigen, fast jungenhaften Körper. Sie ist möglicherweise nicht die Hübscheste, aber die Intensivste unter all den Frauen, und ich verfolge stumm, wie sie losgelöst in irgendeinem Universum um die eigene Seele kreist. Aber irgendwann wacht sie auf und schaut mir voll in die Augen. Zur Sicherheit gehe ich ein paar Meter weiter, nicht dass sie denkt, ich will was von ihr.
Drei Minuten später haben wir wieder Augenkontakt.
Eine Menge Typen schauen ihr zu, aber jetzt bleibt sie in meiner Nähe. Ich lehne an einem Pfeiler, sehe sie tanzen, sich einen Drink holen, in meiner Nähe herumstehen, wieder tanzen gehen, wieder gucken, sie ist allein hier so wie ich, und mein Puls ist so hoch wie beim Freiwurf, während es kurz vor der Schlusssirene 87:87 steht.
Aber ich trau mich nicht.
Früher, ja echt, ganz früher, vor Elke, im Sportinternat, da war das eine andere Nummer. Da haben die Mädchen uns beim Basketball angefeuert, und weil ich von allen der Beste war, musste ich nach den Spielen in unserer Stammkneipe nichts machen, außer abzuwarten, irgendwann freundlich zu flirten und nach ein bisschen Rumgeknutsche in ihre Bude zu fahren. Das hier ist komplizierter, und ich bin mir nicht sicher, ob ich für die freie Wildbahn tauge.
Der dunkle Bubikopf macht mich nervös, und ich frage mich, warum ich blöd in der Gegend herumstehe, ich krieg das ja eh nicht gebacken. Also laufe ich los, gehe meine Jacke holen, aber plötzlich steht sie zwei Meter neben mir und kramt ebenfalls in ihren Sachen. In meinem Kopf verquirlen sich Roberts Thesen mit meinen hektischen Versuchen, einen halbwegs klaren Satz zu denken.
Sie lächelt.
So weit, so ermutigend. Bloß das Reden hätte ich mir verkneifen sollen. »Sorry«, sage ich, und mein Stottern ist unglücklicherweise nicht gespielt, »ich meine, also, echt jetzt, tut mir leid, du willst ja los. Schläfst du mit mir?« Sie sieht mich mit großen Augen an und ich schiebe errötend ein entsetztes »Vielleicht?« hinterher und noch ein »Also vielleicht nächste Woche?«, aber anders als bei Robert scheint dies die Lage nicht zu retten. Sie wirft den Kopf in den Nacken, dass ihre Ohrringe klingeln, und verschwindet in die Nacht.
Ich lasse mich auf die Fensterbank sinken, sehe ihr nach und presse meine glühenden Wangen abwechselnd an die kalte Scheibe. Das war ich nicht, versuche ich mir einzureden, das habe ich nicht gesagt. Nach ein paar Metern überquert sie die Straße, dreht sich halb um und ich sehe, dass sie lacht.
»Scheiße!«, denke ich. »Hier kann ich nie wieder herkommen.«
Am nächsten Mittwoch hole ich Robert ab und versuche, ihm noch in seiner Wohnung zu erklären, warum ich nicht mehr in diesen Laden will: »Sind eh keine guten Frauen da.«
Robert erkundigt sich erstaunt: »Ist der feine schwedische Herr Andersson plötzlich erblindet?«
Ich versuche es mit einem zaghaften: »Und die Musik ist Kacke.«
»Und sein Gehör hat der arme LeiLa ebenfalls verloren? Neulich sagte er noch, das wäre der einzige Laden, der seine Mucke spielt …«
Ich verlege mich aufs Betteln: »Aber ich will da nicht mehr hin, lass uns ins ›Apple‹ gehen, echt.«
Robert macht zwei Bier auf und sagt: »Okay, Alter, erzähl, was ist los?«
Ich beichte, und er kriegt einen Lachkrampf.
»Duuuu hast zu einer Alten gesagt, dass du sie vögeln willst? Mein kleiner schüchterner Schwedenprinz? Mamma mia, da wäre ich gerne dabei gewesen!«
Ich packe ihn an der Schulter und schüttele ihn. »Scheiß-Itaker, hör auf zu gackern!«
Doch Robert ist unbeeindruckt: »Was hat sie gesagt?«
»Nix. Hat bloß gefeixt, als sie gegangen ist.«
Robert springt auf und zieht seine Jacke an.
»Gutes Zeichen. Wenn sie lachen, wollen sie vögeln. Nix wie los. Heute Abend machst du sie klar.«
Also gehe ich mit.
Während sich Robert nach Beute umsieht, verdrücke ich mich unauffällig hinten rechts neben die Bar und schwöre mir, diesen gut geschützten Platz erst dann zu verlassen, wenn ich mich in etwa einer Minute heimlich nach Hause schleiche. Plötzlich sehe ich sie. Sie drängelt durch die Menge, es sieht aus, als ob sie etwas sucht.
Sie sucht mich.
Sie kommt auf mich zu. Ich versuche, so intensiv auf die Holzmaserung des Tresens zu starren, als hätte ich dort die Formel für
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