Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1
erfolgreich, beschrieb mir einmal mit leuchtenden Augen, was er sich alles für sein neues Leben vorgenommen hatte. „Ich hab früher über die Softies, die sich mit ihren Frauen in den absurdesten Kursen auf die Geburt ihres Kindes vorbereiten, nur den Kopf geschüttelt“, erzählte er. Doch als er sich nun überraschend und relativ spät in seinem Leben mit der Tatsache auseinandersetzen musste, selbst Vater zu werden, erschien ihm plötzlich alles in einem anderen Licht. Genau bei den Kursen, die ihm zuvor die Lachtränen in die Augen getrieben hatten, stand er nun auf der Teilnehmerliste ganz oben. Yoga, Tai Chi, Qi Gong, Reiki, Watsu, Aquabalancing und Bauchtanzgruppe – wo immer er als Mann mitmischen durfte: Er war dabei.
Der Mann lachte ein bisschen verlegen, als er mir erzählte, dass er sich sogar auf die sogenannten Hechelkurse freue. Aber auch die Zeit nach der Geburt war bereits perfekt durchgeplant. Mit seiner Partnerin hatte er durchgesprochen, wie die Arbeit in Zukunft verteilt werden sollte. Auf jeden Fall wollte er so oft wie möglich zu Hause sein und nicht wie bisher mehrmals in der Woche bis spät abends im Büro sitzen. Sein Arbeitgeber spielte mit und ermöglichte ihm eine flexible Gestaltung der Arbeitszeiten und auch die mehrmonatige Elternzeit war schon festgezurrt. Auf keinen Fall wollte er das klassische Modell seiner Eltern wiederholen: der Mann kaum zu Hause, die Frau mit Haushalt und Kindererziehung beschäftigt. „So werde ich niemals sein!“, hatte er sich geschworen.
Als ich ihm das nächste Mal begegnete, war sein früherer Enthusiasmus deutlich gedämpft. Das Kind war zur Welt gekommen und hatte alles schlagartig geändert: Sein Tagesablauf war auf den Kopf gestellt worden, von lieb gewordenen Gewohnheiten hatte er sich von heute auf morgen verabschieden müssen. Aber das war nicht das Problem; darauf hatte er sich ja längst vorbereitet.
Alle Vorsätze, Überlegungen und Pläne hatten sich als graue Theorie entpuppt. Sein Weg führte ihn pünktlich zum Feierabend direkt nach Hause zu Frau und Kind, und er brannte darauf, sich von Anfang an intensiv an der Versorgung des Neugeborenen zu beteiligen. Die innige Verbundenheit von Mutter und Kind beim Stillen war für ihn kein Problem, doch wenn seine Partnerin flugs das Kind wickelte, es badete, es in den Schlaf wiegte, fühlte er sich oft ausgeschlossen. „Lass mal, ich mach das schnell“, hieß es immer. Oder mit leisem Vorwurf: „Die Windel war wieder viel zu locker, jetzt ist der ganze Strampler nass geworden.“ In den folgenden Wochen wurde es immer schlimmer. Die Frau schien einfach alles besser zu können. Oder schneller. Oder intuitiv richtig, während er selbst immer unsicherer wurde und überlegen musste.
Hatte der frischgebackene Vater vorher darauf gesetzt, Probleme mit seiner Frau jederzeit konstruktiv besprechen und eine gute Lösung finden zu können, musste er jetzt erkennen: Kein Gespräch war so wichtig, dass nicht ein Greinen des Kindes es hätte unterbrechen können. Hilflos musste er mit ansehen, wie er nach und nach in die zweite Reihe gedrängt wurde. Bald waren die Rollen fest verteilt: Seine Partnerin versorgte das Kind, während er frustriert danebenstand.
Dazugehören um jeden Preis
In einer Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) wurden 2.000 Jungen und Männer zwischen 15 und 42 Jahren nach ihren Absichten, Wünschen und Erfahrungen hinsichtlich ihrer Vorstellungen zur Familie befragt. Die Untersuchung ergab unter anderem: Männer, die eine gleichberechtigte Elternschaft anstreben, fallen nach der Geburt des ersten Kindes häufig in alte Traditionsmuster zurück und stürzen sich ins Berufsleben.
Eine weitere Studie, diesmal vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, zeigte, dass von den voll berufstätigen Vätern 57 Prozent mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten. Absurd dabei: Männer mit minderjährigen Kindern arbeiten im Schnitt sogar 1,2 Stunden pro Woche länger als ihre kinderlosen Kollegen. Und: Väter machen die meisten Überstunden im Jahr nach der Geburt des Kindes. Fühlen sie sich verpflichtet, sich im Job noch mehr reinzuhängen, weil eine junge Familie das Geld aus den Überstunden gut gebrauchen kann, oder gibt es noch einen anderen Grund?
Und die Frauen? Wie sehen ihre Vorstellungen aus? Nur sechs Prozent der Frauen wollen ausschließlich Hausfrau sein. Die meisten erwarten von ihren Partnern Kooperation in Sachen Job und
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