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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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der Kontakt zur Nachbarschaft entwickelte sich nur sehr mühselig. Als das Kind auf der Welt war, verbesserte sich die Situation etwas: Man traf sich auf dem Kinderspielplatz und beim Säuglingsturnen. Doch wirklich angekommen war Melanie Reuter in ihrer neuen Rolle noch nicht. Irgendwo tief im Inneren spürte sie, dass das reine Hausfrauenglück vielleicht doch nicht ausreichte. Sie vermisste ihre Arbeitsstunden an der Uni und den Austausch mit den Kollegen. Und als die Kleine nicht mehr gestillt werden musste, bat sie ihre Mutter um Unterstützung, um einmal in der Woche ein paar Stunden ins Institut fahren zu können. Sie wollte den Anschluss nicht verlieren, auch im Hinblick auf ihre Promotion. So entstand bald ein eng getakteter Terminplan, mit dem Melanie Reuter versuchte, Familie und Universität unter einen Hut zu bekommen. Nebenher war sie stets bemüht, in ihrer neuen Siedlung Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, weil sie ihrem Kind ein funktionierendes Netzwerk bieten wollte.
    Eines Sonntagsnachmittags kam ihre Nachbarin auf ein Stück Kuchen vorbei und lud sie ein zu einer Tupperparty bei sich zu Hause. Melanie Reuter wusste um diese regelmäßigen Treffen, bei denen sich die Frauen aus der ganzen Siedlung um eine Kollektion Plastikschüsselchen und -utensilien scharten, um bei einem Piccolo zu begutachten, welche Zauberdinge ihnen ihr Leben vielleicht noch vereinfachen oder verschönern könnten. Melanie Reuter war hin- und hergerissen: Auf der einen Seite schauderte ihr bei der Vorstellung, hatte sie schon jetzt mehr Küchenausstattung, als sie je würde brauchen können. Auf der anderen Seite war da aber auch der Wunsch, auch einmal eingeladen zu werden – einfach um dazuzugehören. Die Nachbarin gestand, man habe sie bislang nicht gefragt, weil sie den Eindruck vermittelt habe, dass sie eigentlich keine Zeit für einen solchen „Tüdelkram“ habe. Um dieses Urteil zu entkräften, sagte die junge Mutter trotz allem Terminstress zu, beim nächsten Mal dabei zu sein. Und sie fühlte sich augenblicklich ein Stück mehr angekommen in ihrem neuen Leben. Ein Stück des Stresses, der dadurch verursacht wurde, dass sie sich nicht zugehörig fühlte, fiel von ihr ab. Es war, als habe sie durch die Einladung eine Bestätigung erhalten, dass sie als Hausfrau und Mutter alles richtig machte. Die oft spöttisch betrachtete Tupperparty empfand sie als einen Ritterschlag der Gruppe „Nachbarschaft und Mütter“: „Jetzt gehörst du dazu.“
    Tupperabende werden also unterschätzt: Schon durch die Einladung wird eine Zugehörigkeit bestätigt – zur Nachbarschaft, einem bestimmten Wohngebiet und einer bestimmten Zielgruppe. Die Verkaufsveranstaltungen fungieren als eine Art Initiationsritus, der dem Eingeladenen vermittelt: „Du bist einer von uns.“ Dahinter steht die Theorie der Salutogenese, was nichts anderes als Gesundheitsentwicklung bedeutet: der Dreiklang aus Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit. Die Salutogenesebeleuchtet die Sichtweise auf die Medizin und dynamische Wechselwirkungen, die zur Entstehung und Erhaltung von Gesundheit führen.Der israelisch-amerikanische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky (1923–1994) prägte den Ausdruck in den 1970er-Jahren: Nach seinem Salutogenese-Modell ist Gesundheit nicht als Zustand, sondern als Prozess zu verstehen. Sein Ansatz beschäftigt sich nicht mit der Frage „Warum wird der Mensch krank?“, sondern mit der Fragestellung „Was hält ihn gesund?“. Für Antonovsky bewegt sich der Mensch ständig in einem dynamischen Prozess zwischen Gesundheit und Krankheit. Damit sich das Verhältnis beider Variablen im Gleichgewicht befindet, nutzt er ihm zur Verfügung stehende Ressourcen.
    Doch warum reagieren zwei Personen, die den gleichen Stresssituationen ausgesetzt sind und dieselben Ressourcen zur Verfügung haben, dennoch so verschieden? Eine Person wird krank, die andere bleibt gesund. Laut Antonovsky liegt die Antwort im unterschiedlich stark ausgeprägten Kohärenzsinn beider Personen – der Fähigkeit eines Menschen, die ihm gebotenen Ressourcen zu nutzen, um gesund zu bleiben. Dieser Koheränzsinn setzt sich aus den drei Komponenten Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit zusammen. Die Verstehbarkeit bezeichnet die Fähigkeit, aus Informationen einen verstehbaren Zusammenhang herzustellen. Die Handhabbarkeit umschreibt die Fähigkeit, unter Belastung innere und äußere Ressourcen mobilisieren zu können. Entscheidend ist bei

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