Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1
dankte es ihm in einigen Bereichen – er verlor Gewicht, das Rauchen gab er auf, und er fühlte sich insgesamt fitter. Seine Frau nahm seine Anstrengungen wohlwollend zur Kenntnis und alle Probleme schienen gelöst. Das Laufen hatte auch eine positive Erschöpfung zur Folge und Detlef Mangold schlief etwas besser ein. Doch der Nachtschlaf blieb weiterhin gestört. Regelmäßig erwachte der Mann nach der ersten Tiefschlafphase und sein Kopfkarussell drehte sich wieder unaufhörlich. Die eigentliche Bearbeitung des Burnouts blieb leider auf der (Lauf-)Strecke.
Entspannen im Rekordtempo? Das funktioniert eben nicht.
Die Burnout-gefährdeten Menschen führen das Muster, dem sie im Job folgen, in allen Bereichen fort: Mit demselben hohen Leistungsanspruch, der sie im Büroalltag begleitet, treiben sie Sport. Und wer schon Powerarbeit verrichtet, der ist dann auch für Powerentspannung anfällig. Der hochgradig verdichtete Leistungsgedanke verlangt nach hoher Effizienz in kürzester Zeit, und zwar in allen Bereichen. Die Menschen belegen Kurse für autogenes Training oder progressive Muskelentspannung und erwarten zeitnah Ergebnisse. Sie beherrschen die Techniken des autogenen Trainings perfekt, sind aber im Anschluss dennoch nicht entspannt. „Ich mache doch alles richtig bei meinen Übungen – warum komme ich nicht zur Ruhe?“, lautet dann die Klage.
Der Perfektionierungs- und Machbarkeitsgedanke hält also auch bei der Entspannung an. Eigentlich haben die Menschen ihren gesamten Tagesablauf dem Bemühen untergeordnet, körperlich fit zu sein und gut schlafen können. Und wenn dann sämtliche Entspannungs- und Ernährungsrituale vollzogen sind und die Entspannung dennoch ausbleibt, droht hohe Frustration. Hier helfen weitere konkrete Tipps gar nichts. Die Betreffenden machen ja schon alles, doch keine der Techniken nützt. Denn wer selbst bei Entspannungstechniken zum Perfektionisten wird, trägt die im Job gemachten Fehler schlicht in die Freizeit hinein. Auf diese Weise ändert sich gar nichts am Stressempfinden. Viele meiner Seminarteilnehmer hoffen zwar, dass sie nun von mir den ultimativen Tipp bekommen, doch ich muss sie enttäuschen. Weder predige ich Kokosmilch statt Kuhmilch, noch gebe ich Entspannungsmethode X den Vorrang vor Meditationsübung Y. Ich blicke regelmäßig in lange Gesichter, wenn ich deutlich mache, dass das Seminar keine zusätzlichen Entspannungstipps liefern wird.
All die bekannten Entspannungsmethoden sind ja nicht falsch! Das Wellness-Wochenende kann großartig sein, weil das Paar wieder einmal Zweisamkeit erfährt und Zeit für sich hat. Doch ein Wochenende löst keine grundlegenden Probleme. Und so entsteht ein fataler Aspekt des viel diskutierten Work-Life-Balance-Gedanken: Wenn der stressgefährdete Mensch im Job oder in all seinen anderen Verpflichtungen voll powern muss, dann hat er das Gefühl, er müsse auch bei der Entspannung alles geben. So wird er zu einem Entspannungs-Höchstleister, eine ähnlich absurde Vorstellung wie jemand, der ein gutes Glas Rotwein schnell trinkt. Bei dem Konzept der Work-Life-Balance geht es nicht darum, intensiv zu arbeiten und dann intensiv Freizeit zu machen. Vielmehr sind es die kleinen Unterbrechungen und Pausen, auf die ein Augenmerk gelegt werden sollte. Und das widerspricht den zahlreichen Wellness-Versprechen, die mit schneller und effizienter Entspannung winken („In 48 Stunden restlos entspannen“).
Also, wo liegt das richtige Maß der Entspannung für den Einzelnen? Kann die konkrete Planung ein Ausweg dazu sein?
„Einfach mal einen Gang zurückschalten“
„Ich will doch nur schlafen!“, stöhnte Norbert Wilkens. Der Leiter eines Logistikunternehmens hatte alles auf den bestmöglichen Nachtschlaf ausgerichtet. Obwohl der praktisch veranlagte Mann nicht unbedingt ein leichtes Opfer für Esoterik-Spielereien war, hatte er sein Schlafzimmer nach Feng-Shui-Regeln ausgerichtet und alle elektrischen Geräte daraus verbannt. Um alle störenden Geräusche von außen auszublenden, ließ er aufwändige Rollläden einbauen, die das Zimmer nahezu schalldicht verschlossen. Sein gesamtes Schlaf-Setting verbesserte er immer mehr, bis wirklich alles hergestellt, angeschafft und berücksichtigt war, was eine geruhsame Nacht garantieren sollte – inklusive des abendlich genossenen Glases warmer Milch. Einmal in der Woche stand ein Entspannungskurs im Sportstudio auf dem Programm. Außerdem achtete Norbert Wilkens auf einen relativ pünktlichen
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