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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Feierabend und gemäßigten Alkoholkonsum. Formal machte der 49-jährige schlanke Mann mit dem blonden Bart alles richtig, dennoch kam er trotzdem nicht innerlich zur Ruhe. Auch auf der Testsiegermatratze unter Edeldaunen wälzte sich Norbert Wilkens schlaflos durch die Nächte. In einem Entspannungsratgeber las er den Tipp, dass sich gestresste Menschen ihre Pausen und Ruhephasen in den Kalender eintragen sollen, damit die Erholungsmomente feste Bestandteile des Alltags werden. Fortan stand bei Norbert Wilkens also: Dienstag und Donnerstag von 17:30 bis 18:15 Uhr – Entspannung.
    Entspannung derart zu planen klingt zunächst einmal gewöhnungsbedürftig. Doch zahlreiche Zeitmanagement-Ratgeber, die verschiedene Stressfaktoren berücksichtigen, empfehlen genau das: Die Betreffenden sollen sich im Terminkalender feste Zeiten eintragen wie „MZ“ für „Meine Zeit“ und so für regelmäßige Unterbrechungen und Pausen sorgen. Auf diese Weise erhalten die Aspekte „Ruhe finden“ oder „Kräfte sammeln“ Raum und erlangen die gleiche Bedeutung wie das Meeting oder die Projektpräsentation.
    Vielen Menschen hilft es, bewusst tagsüber kleine Unterbrechungen einzubauen, um abends nicht in das ganz große Loch zu fallen und den extremen Absturz zu erleben. Wenn sie ihre Mittagspause als solche im Outlook-Kalender eintragen, gelingt es ihnen, sie auch als Mittagspause wahrzunehmen. Wenn mir immer wieder Teilnehmer davon berichten, dass sie am PC essen und die Mittagspause quasi ausfallen lassen, weil sie in dieser halben Stunde dann endlich einmal Ruhe haben vor Telefonaten, rate ich dringend zu mehr Achtsamkeit für sich selbst. Einige Menschen können es nicht fühlen, wann sie eine Pause benötigen, deshalb macht es wirklich Sinn, Pausen-Termine festzulegen. Doch kann so etwas nachhaltig funktionieren? Entspannung nach Plan und fest terminiert?
    In meinen Augen handelt es sich um einen fatalen Gedanken unserer Zeit und speziell der stressgeplagten Menschen, dass alles machbar und planbar scheint, somit auch die Erholung. Wer denkt: Für die Entspannung nehme ich mir erst wieder in der kommenden Woche Zeit , ist von einer Entspannung sehr viel weiter entfernt als nur eine Woche. Er agiert, als sei Entspannung ein Medikament, das er sich nur zu bestimmten Zeiten zuführen muss und das dann von allein wirkt. Bei diesem Vorgehen müssen Entspannung und Erholung theoretischen Vorgaben gehorchen und präzise durch einstudierte Methoden auf den Punkt funktionieren. Der Machbarkeitsgedanke, der dahintersteckt, besagt: „Ich mache doch alles richtig, warum bin ich denn nicht entspannt?“
    Viele Seminarteilnehmer möchten ganz konkrete Hilfestellung für ihren Alltag. Ich soll ihnen Knöpfe zeigen, die sie einfach drücken können, damit Entspannung funktioniert. Schließlich sind sie es gewöhnt, dass das, was sie wollen, planen oder machen, auch funktioniert. Kein Wunder, dass die Wellness-Produzenten hier auf offene Ohren stoßen. Was können die gestressten Menschen aber tun, wenn eine ganze Industrie versagt beziehungsweise den falschen Weg weist? Was bleibt, wenn gut gemeinte Tipps oder das Schaumbad bei Walgesängen nicht helfen, sondern allenfalls nur kurze Lichtblicke sind?
Macht das überhaupt Sinn?
    Wenn der Stress der Menschen auf der körperlichen Ebene entsteht, liegt der Gedanke nah, ihn auch auf dieser Ebene zu bekämpfen. In einem Seminar sprach ich mit den Teilnehmern über ihre Schlafgewohnheiten. Nachdem jeder über seine mehr oder weniger ausgeprägten Defizite bezüglich des Nachtschlafs referiert hatte, löste ein allgemeines Gelächter den Druck, als alle feststellten, dass man sich ja nachts zur Telefonkonferenz verabreden könne, da sowieso alle wach lägen. Die Teilnehmer fanden es tröstlich, dass es den anderen auch so ging und sie mit ihrer Schlaflosigkeit nicht allein waren. So verschieden die Branchen waren, in denen die Männer tätig waren, so ähnlich waren die nächtlichen Muster: Sie arbeiteten nachts weiter, wobei sie zwar natürlich nie zu einer Lösung ihrer Probleme kamen, sie die kreisenden Gedanken aber trotzdem nicht abstellen konnten.
    Die klassische Stressprävention zielt darauf ab, Dinge zu tun , um den erhöhten Adrenalin- und Cortisolspiegel herunterzufahren. Die Betreffenden sollen sich bewegen, Pausen einlegen und so einen Ausgleich auf physiologischer Ebene herstellen. Doch etliche Seminarteilnehmer gingen gar einen Schritt weiter, als sie erkannten, dass kein

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