Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1
zu lösen.
Der Grund für diese Unfähigkeit, sich zu erholen und zur Ruhe zu kommen, sind physiologische Vorgänge im Körper. Es sind Hormone, die uns steuern. Diese Botenstoffe sind die heimlichen Herrscher über unser Befinden – im Falle von Stress und Entspannung sind es im Wesentlichen die Stoffe Adrenalin und Cortisol.
Sie gehen in Gedanken über die Straße und sehen erst im letzten Moment den Lastwagen, der auf Sie zusteuert. Reflexartig retten Sie sich mit einem gewaltigen Satz auf den Bürgersteig. Zitternd und schwer atmend stehen Sie am Straßenrand. Dass Sie nicht unter die Räder gekommen sind, haben Sie vor allem dem Hormon Adrenalin zu verdanken. In starken Schrecksituationen überflutet es den Körper. Es lässt das Herz wie wild pumpen und steigert den Blutdruck in lebensgefährliche Höhen. Das Blut schießt nur so durch die Adern, damit die Sauerstoffversorgung und damit die Funktionsfähigkeit der Muskeln sichergestellt sind. Gleichzeitig erweitert es die Atemwege, damit der Sauerstoffnachschub klappt. Alles, was nicht für Flucht oder Angriff gebraucht wird, muss warten; die Tätigkeit von Darm und Großhirn wird gnadenlos gedrosselt. Nach wenigen Minuten ist alles wieder vorbei. Das Adrenalin ist wieder abgebaut, Blutdruck und Atmung sind wieder auf Normalniveau angekommen. Ihr Großhirn ist wieder im Einsatz: Mann, das war knapp!
Dass Ihr Großhirn schnell wieder ans Laufen kommt, verdankt es einem weiteren Stresshormon, dem Cortisol. Sie kennen das vielleicht von nächtlichen Autofahrten in übermüdetem Zustand: Sie schrecken plötzlich hoch, weil Sie auf einmal merken, dass Sie fast eingeschlafen wären – das war das Adrenalin. Das Herz pocht Ihnen im Halse. Danach bleiben Sie erst einmal hellwach – und das ist die Wirkung des Cortisols. Es erhöht den Blutzuckerspiegel und sorgt so dafür, dass Körper und Geist Energie zugeführt wird und die Aufmerksamkeit steigt.
Normalerweise wird Cortisol nicht wie Adrenalin stoßweise bei Gefahr ausgeschüttet, sondern ganz gemächlich vor allem in der zweiten Nachthälfte auf Vorrat produziert. Beim Aufwachen steht es dann in maximaler Konzentration zur Verfügung und wird vom Körper im Tagesverlauf langsam verbraucht. Abends sind die Reserven dann erschöpft. Das ist auch sinnvoll, denn dann ist die Arbeit getan, ein hoher Blutzuckerspiegel ist dann nicht mehr notwendig. In der folgenden Nacht werden die Tanks schließlich wieder aufgefüllt.
Was haben nun diese beiden Hormone mit Burnout-gefährdeten Menschen zu tun?
Nicht nur, wenn eine akute Gefahr vorüber ist, wird Cortisol zusätzlich zum nachts gebildeten Vorrat ausgeschüttet. Auch in permanenten Stress- und Belastungssituationen wird es laufend produziert, um es in ausreichender Menge nachschießen zu können. Das geht so weit, dass im Blut von Menschen, die unter chronischem Stress leiden, die Cortisol-Konzentration dauerhaft erhöht ist. Sie laufen immer hochtourig und kommen gar nicht mehr raus aus ihrem Ausnahmezustand.
Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel macht alle Sinne außerordentlich empfänglich für Reize, vor allem, was mögliche Gefahren betrifft. Wenn jemand aber andauernd überwach ist und sehr empfindlich auf äußere Einflüsse reagiert, ist das Stress pur. Der eigentlich neutrale Gesichtsausdruck einer Kollegin kann dann über die Maßen alarmierend wirken. Der mit Cortisol Vollgepumpte bezieht die Mimik der Kollegin automatisch auf sich und überlegt, ob er etwas falsch gemacht hat. Wenn er gegrüßt wird, interpretiert er alles Mögliche in den Tonfall hinein. Wird er nicht gegrüßt, wird gleich die gesamte Beziehung zu dem Kollegen infrage gestellt.
Auf jeden Fall: Der Stress steigt und damit der Adrenalinspiegel. Und jetzt dreht sich die Spirale, denn der hohe Adrenalinspiegel führt nun wiederum zu einem erhöhten Cortisolspiegel und der wiederum zu einer empfindlichen, eher als Bedrohung wahrgenommenen Interpretation der Ereignisse.
Was bei der Flucht vor dem Säbelzahntiger zunächst Sinn macht, weil das Tier ja wirklich noch in der Nähe sein könnte und gesteigerte Aufmerksamkeit somit ratsam ist, kann sich auf Dauer im Alltag gegen den Menschen richten. Dank des positiv wahrgenommenen Adrenalincocktails in der Stressphase fühlt der Betreffende sich zunächst schnell, sicher und hoch aktiv. Er fühlt sich gut mit dieser Endorphinausschüttung und genießt seine gesteigerte Leistungsfähigkeit.
Doch diese Hormonausschüttungen sind nur dann
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