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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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von Biografien. Wir sind gezwungen, uns jederzeit neu zu erfinden.
    Doch wenn die äußeren Rollen, insbesondere im Berufsleben, so unsicher und wechselhaft und unfertig sind, dann ist das Letzte, was wir hoffen, noch im Griff zu haben, die grundsätzlichen existenziellen Attribute, an denen wir erkennen, wer wir sind: Frau oder Mann.
    Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht ist ein Faktum, an das sich die Identität klammert. Wenn ich auch kein Akademiker sein kann, wenn ich auch kein Unternehmer bin, wenn ich auch kein Kaufmann bin, immerhin bin ich ein Mann. Oder?

Kapitel 7
Schwankender Boden – Warum Gleichberechtigung stressig ist
    Als meine drei Töchter noch klein waren, spielten sie mit ihren Freundinnen fast ausschließlich Rollenspiele. Ich hatte die kleine Schar noch mit Keksen und Äpfeln versorgt, bevor sie sich ins Kinderzimmer zum Spielen zurückzogen. Als ich nach einer Weile mein Büro verließ, sah ich zu meinem Erstaunen Meike vor der Tür des Kinderzimmers sitzen. Geduldig und offensichtlich überhaupt nicht verstimmt oder betrübt saß sie einfach da und lauschte den fröhlichen Kinderstimmen auf der anderen Seite der Tür.
    Als ich sie fragte, was denn los sei, sagte sie im Tonfall allergrößter Selbstverständlichkeit: „Ich bin der Vater – ich bin bei der Arbeit.“
    „Ach, das ist ja schade. Dann kannst du ja gar nicht mit dabei sein.“
    „Ja, aber so ist das eben.“
    Ich hakte nach, und Meike erzählte munter, dass sie „Vater, Mutter, Kind“ spielten. Sie sei der Vater, also sei sie sofort zur Arbeit aufgebrochen und warte nun, bis die Kinder im Bett seien, dann könne sie heimkommen.
    Die Erkenntnis, dass das Spiel für das Mädchen, das die Vaterrolle ausfüllen sollte, einsam und langweilig war, ließ bei den kleinen Frauen nicht lange auf sich warten. Und schon hatten sie eine Lösung parat: „Wir spielen ,Vater, Mutter, Kind‘ – der Vater ist gestorben.“ Meike bekam jetzt auch ein Kind und die Gruppe war wieder intakt.
Die große Freiheit
    Jedem, dem ich diese Geschichte aus den 1980er-Jahren erzähle, reagiert mit einem Schmunzeln. Doch dann kommt regelmäßig die Aussage: „Zum Glück haben sich die Zeiten geändert und wir haben heute Gleichberechtigung!“
    Ja, es ist wahr, es hat sich unbestritten viel getan in unserer Gesellschaft. Männer und Frauen können sich heute auf den verschiedensten Ebenen viel freier selbst verwirklichen. Die Zwänge und Grenzen gesellschaftlicher Konventionen sind nicht mehr so eng und streng wie damals. Früher war es so selbstverständlich, wie es heute rigoros erscheint, dass der Vater mit dem Familienleben tagsüber und wochentags nichts zu tun hatte. Seine Rolle war aus Sicht der Kinder vor allem dadurch gekennzeichnet, dass er weg war. Und das war normal und gut so, wie es war. Eine klare Sache. Aus Sicht des Vaters war die Rolle ebenso klar definiert: Er brachte das Geld nach Hause – eine unverzichtbare Funktion. Und aus Sicht der Mutter war klar: Erziehung, Haushalt, Schule, Einkaufen, Freundeskreis, die Einrichtung des Hauses, das war ihre Sache, und der Mann hatte dabei nichts mitzureden, zumindest nichts zu entscheiden. Auch das war von vornherein geklärt und musste nicht etwa individuell ausgehandelt werden. Meike brachte es auf den Punkt: „So ist es eben!“
    Heute ist nichts mehr so, wie es eben ist. Nachdem die rebellische Generation der 68er alt genug war, die Gesellschaft zu gestalten, zog Freiheit in unsere Biografien ein: Frauen und Männer können heute das tun, was sie wollen. Traditionelle Rollenkonventionen sind aufgelöst. Jeder kann also jede Rolle einnehmen und ausfüllen, nichts ist mehr vorgeschrieben, alles ist möglich. Aber ob damit zwangsläufig gleich alles besser wurde?
    Herausragend waren die Leistungen des Maschinenbauingenieurs – und mit seiner Fachkompetenz wurde er bald Teamleiter, hatte nunmehr auch Personalverantwortung. Diese Beförderung bedeutete zwar den Erfolg, auf den er lange hingearbeitet hatte, doch gleichzeitig entfernte er sich mit dem Karrieresprung von dem, was er eigentlich gelernt hatte und was ihm Freude bereitete – nämlich solide, ausgetüftelte, funktionierende, geniale Maschinen zu bauen.
    Nach dem typisch männlichen Prinzip des Wettbewerbs hatte er es geschafft aufzusteigen. Als sich der Erfolg einstellte, stand er plötzlich vor der Aufgabe, verstärkt kommunizieren zu müssen, um sein Team zu führen. Nun war dieser in klaren, logischen, rationalen Strukturen

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