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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Arbeitsalltag fordernd ist und sie oft Überstunden machen muss, schafft sie es, regelmäßig zum Sport zu gehen und sich nicht nur vor dem Bildschirm zu ernähren, wie es vorher häufig der Fall war.
    Doch woher genau kommt ihr neues Lebensgefühl? Der neue Job ist objektiv anstrengender als der vorherige, hinzu kommen eine weitere Anfahrt zur Arbeitsstelle und neue Computerprogramme, in die sie sich einarbeiten muss, was den realen Druck zusätzlich erhöht. Dennoch geht es Karina Holsen besser. Wenn man sie fragt, kann sie klar benennen, was den Unterschied ausmacht: Ihre berufliche Rolle ist nun eindeutig definiert. Das gibt ihr Klarheit und Sicherheit.
    Deutlich umrissene Rollen reduzieren die Komplexität unserer riesigen, bunten Welt und machen es uns einfacher, zu handeln und zu entscheiden. So müssen wir in einer eindeutigen Rolle die Lebensenergie nicht mehr dafür aufwenden, ständig Erwartungen, Aufgaben, Wünsche und Anforderungen zu klären. Eindeutig zu wissen, was von einem erwartet wird, sowie die Gewissheit, diese Erwartungen auch erfüllen zu können, bietet Sicherheit und Verlässlichkeit, ermöglicht Gelassenheit. Wer eine Rolle ausfüllt, erfährt fortwährend Bestätigung durch seine Umwelt. Er fühlt sich unbestritten zugehörig und muss um nichts kämpfen. Anders gesagt: Er spürt einen Sinn.
    Für Karina Holsen passt momentan alles. Zu was aber würde es führen, wenn diese Frau wenige Wochen nach dem Beginn in der neuen Firma das Angebot bekäme, die Leitung des Ressorts und damit auch der Gruppe zu übernehmen? Was würde passieren, wenn sie so mit wechselnden Anforderungen konfrontiert würde und eventuell merkte, dass sie wieder versucht, die falschen Rollen auszufüllen?
Was eigentlich verloren geht
    Maria Fein konnte nicht stehen. Sie konnte nicht sitzen. Sie ging permanent im Seminarraum auf und ab, weil ihr Rücken und Beine so wehtaten, dass nur die leichte Bewegung im Gehen auszuhalten war. Die 43-Jährige kam extrem erschöpft in mein Seminar. Haare und Augen glanzlos, die Schultern immer ein wenig zu den Ohren gezogen. Wegen ihrer körperlichen Beschwerden trug sie bequeme Schuhe zu ihrem grauen Leinenanzug. Die Frau, die in einer Arbeiter-Angestellten-Familie aus der Industrie in Süddeutschland aufgewachsen war, war promovierte Chemikerin. Maria Fein stand vor ihrem Genogramm und stellte fest, dass sie nicht nur die erste Akademikerin in der Familie war, sondern dann auch noch in relativ jungen Jahren ihren Doktortitel erworben hatte.
    Sie war klug und interessierte sich schon immer für Chemie – so war der eingeschlagene Weg für sie eher selbstverständlich. Doch dieser Weg führte sie heraus aus der Gemeinschaft der Familie, denn er widersprach den unausgesprochenen Konventionen der Familienkultur. Der Mann, für den sich Maria Fein dann entschied und den sie heiratete, entstammt wie sie einer Arbeiterfamilie. Er war der Hauptverdiener der Familie, zu der mittlerweile auch zwei Kinder gehörten. Maria Fein hatte einen Teilzeitjob, bei dem sie an kleinen Verkaufsständen in Supermärkten eine neue Gesundheitsmargarine bewarb. Die Kunden konnten das Produkt dort probieren und Informationen darüber erhalten. Maria Fein stand hinter dem Verkaufsstand – bis sie eben nicht mehr stehen konnte.
    Ihr Chef war natürlich glücklich, in diesem schlichten Job eine promovierte Chemikerin zu beschäftigen, aber es war offensichtlich: Die Frau war hoffnungslos überqualifiziert.
    Warum nur stellte sie ihr Licht derart unter den Scheffel? Die Antwort liegt auf der Hand: Aus ihrer Herkunftsfamilie war sie durch ihre Abkehr aus dem Arbeitermilieu herausgefallen. Jetzt wollte sie aus ihrer neuen Familie, ihrer eigenen, auf gar keinen Fall ebenfalls herausfallen. Sie verdingte sich als Margarine-Hostess, um sicherzustellen, dass sie keinesfalls erneut die Zugehörigkeit zu ihrer wichtigsten Gemeinschaft verliert. Sie wollte den Rollenerwartungen, die ihr Mann mit in die Ehe gebracht hatte, nicht zuwiderhandeln. Und eine der unausgesprochenen Regeln war in dieser Familie nun einmal, dass der berufliche Status des Mannes höher zu sein hat als der der Frau. Der Mann ist der Ernährer, eine Position, die nicht verhandelbar ist.
    Das intelligente Feuer in ihr, das brennen und leuchten wollte, deckelte sie, um die intellektuelle Aura zu vermeiden, die sie schon einmal aus dem Nest hatte fallen lassen. Ihr war die Ursache für die Schmerzen in ihren Beinen völlig unklar. Für mich war nach

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