Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
Vom Netzwerk:
erschreckend oberflächlich. Schauen wir doch den Tatsachen ins Auge: Wenn eine Frau es nicht einmal schafft, nach einem 16-Stunden-Tag ohne Pause zu Hause mit dem Kind zufrieden und stolz auf ihr Tageswerk ins Bett zu fallen, wie soll dann die Zufriedenheit mit weniger Einsatz größer sein? Das ist doch unlogisch!
    Alle, die auch heute noch den Burnout-gefährdeten oder -betroffenen Hausfrauen den „Lass-mal-fünfe-gerade-sein-Frauengold-Schluck“ verabreichen wollen, sei hier einmal deutlich gesagt: Burnout kommt nicht von der vielen Schufterei, sondern von der emotionalen Leere und der Unzufriedenheit, denn Hausarbeit bekommt in unserer Gesellschaft keine Anerkennung.
    So wie Burnout bei Berufstätigen nicht vom Job kommt, so kommt Burnout bei Hausfrauen nicht von der Hausarbeit. Nicht vor 50 Jahren und nicht heute. Das müssen wir alle doch jetzt endlich mal verstehen!
Allein auf weiter Flur
    Meine Freundin Betül wuchs in einem kleinen Dorf an der Schwarzmeerküste auf. Mit neun Jahren kam sie nach Deutschland. Sie kann sich noch lebhaft an die sozialen Strukturen in ihrem Heimatort erinnern. Betül erlebte in ihrer Heimat eine klare Trennung der Lebenswelten von Männern und Frauen. Die Männer saßen in den Kaffeehäusern, die Frauen führten in den Häusern das Regiment. So wie den Frauen der Zutritt in die Männerwelt verwehrt war, so blieben die Männern zu Hause außen vor: Selbst ein Mann, der ganz vernarrt war in sein neugeborenes Baby, erhielt keinen Zugang zu dieser Frauenwelt. Er konnte vielleicht auch mal nach der Arbeit mit dem Kind schmusen, doch der ganze übrige Ablauf lag fest in Frauenhand.
    Betül erzählte mir, wie sie diese Zeit damals empfunden hat und welches Selbstbewusstsein der Frauen daraus resultierte: Die jungen Frauen wurden mit Heirat und Geburt ihrer Kinder Teil der Gemeinschaft der „erfahrenen Frauen“. Hier bekamen sie Anleitung und fanden ihre feste Zugehörigkeit. Sie erhielten von den erfahrenen Frauen Antworten auf Fragen und Unterstützung im Alltag. Ritualisierte Verfahren nach der Geburt wie die Wochenbettbetreuung seitens der Nachbarinnen sorgten für Sicherheit und klare Handlungsebenen. Auch die kinderlosen Tanten gehörten zu der Gruppe der erfahrenen Frauen. Sie übernahmen Aufgaben in der Kinderbetreuung oder sorgten für eine reibungslose Haushaltsorganisation. Jeder hatte in diesem Gefüge seinen festen Platz und wusste, was von ihm verlangt wurde und was er zu leisten hatte.
    Als ich Betül kurz nach der Geburt unserer ersten Kinder kennenlernte, schilderte sie mir bildhaft, wie es in ihrem Heimatdorf zuging. Sie kramte sogar alte Fotos hervor, um mir die unüberschaubar große Anzahl ihrer Familienmitglieder vorzustellen. So lernte ich durch ihre Erzählungen einige Generationen dieser Dorfgemeinschaft kennen. Selten waren zwar sowohl Männer als auch Frauen gleichzeitig auf den Bildern zu sehen, aber niemand schien den jeweils anderen Part zu vermissen. Alle Protagonisten schienen einfach an dem Platz zu sein, an den sie gehörten.
    Ich kannte so etwas ja gar nicht: Als Betül die Gesellschaft in ihrer Heimat beschrieb, da wurde mir meine eigene Situation allein zu Hause mit einem Säugling umso stärker bewusst. Ich empfand sofort Sehnsucht nach einer Gemeinschaft, zu der ich ganz selbstverständlich dazugehörte und in der ich etwas galt. Im Vergleich zu den Frauen in Betüls Familie kam ich mir unendlich einsam vor.
    Wir leben in unserer Kultur verglichen mit anderen Kulturen sehr getrennt voneinander in unseren Wohnungen und Häusern. Und wenn die Mutter mit ihrem Baby nicht gerade in einer jungen Familiensiedlung lebt, kann sie sich sehr schnell völlig isoliert fühlen.
    Betül, die als Neunjährige nach Deutschland kam, brachte nach ihrer Berufsausbildung ihre Kinder hier zur Welt. Und plötzlich bemerkte sie, dass nichts so ist, wie sie es aus ihrem Dorf kannte: Sie war als junge Mutter in Deutschland alleingelassen. Sie war allein mit allem. Und darauf war sie nicht vorbereitet. Betül litt sehr unter dieser Isolation.
    Obwohl ich im Gegensatz zu ihr hier in Deutschland aufgewachsen war, war ich auf meine Vereinzelung als junge Mutter keinen Deut besser vorbereitet. Wir litten also beide daran – und da lernten wir uns kennen. Wir schlossen eine innige Freundschaft; nach und nach strahlten ihre lebhaften und farbenfrohen Erzählungen aus ihrer Heimat auf unser Leben aus.
    Betül hatte eine Alternative zu ihrem aktuellen Einzelkämpferstatus mit

Weitere Kostenlose Bücher