Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1
Kindes eigentlich ein gesellschaftlich bedeutender Auftrag sein müsste: Die Frauen selbst gestehen sich keinen hohen Selbstwert zu, sondern hinterfragen sich: „Wie bewerte ich mich als Mutter? Was ist eine gute Mutter? Und woran erkenne ich, ob ich eine gute Mutter bin?“
Die Emanzipationsbewegung hat die Hausfrauenrolle herabgesetzt. Damit hat sie gleichzeitig Frauen in bestimmten Lebenssituationen herabgesetzt und abgewertet. Wer wundert sich angesichts dessen darüber, dass immer mehr Frauen heute ihrem natürlichen Kinderwunsch erst gar nicht mehr nachgeben und sich ausschließlich für die Karriere entscheiden? Und auch wenn die Förderungsmaßnahmen der Bundesregierung von Berufsmodellen zusätzlich zum Familienleben lobenswert sind – sie erhöhen doch den Rechtfertigungsdruck auf diejenigen, die sich voll und ganz der Familie widmen. Deren einziger Ausweg, um zu Anerkennung und Selbstwertgefühl zu kommen, liegt dann oft in der Flucht in die parallele Berufstätigkeit. Wofür die Frauen sich auch entscheiden, immer ist es irgendwie falsch, immer sind sie selbst irgendwie falsch: Kinder oder Karriere – Kinder und Karriere. Hier die emotionale, dort die physische Erschöpfung. Wie können wir aus diesem Teufelskreis ausbrechen? Unsere Gesellschaft ist offensichtlich noch nicht so weit, Frauen und Männern dafür eine Lösung anzubieten.
Kapitel 9
100 Jahre Stress: Eine kleine Geschichte der Geschlechterrollendemontage
Hedwig fühlte sich seit geraumer Zeit abgeschlagen und erschöpft. Die 45-jährige Frau eines Unternehmers schaffte es kaum, sich um den Haushalt zu kümmern. Sie zog sich mehr und mehr zurück, verdunkelte die Räume und wollte nur noch ihre Ruhe haben. Ihr Mann hatte mit dem Neubau des großen Werkes alle Hände voll zu tun, sein Geschäft boomte, 400 Arbeitnehmer standen auf seiner Lohnliste. Er war sehr beschäftigt, doch auch er bemerkte die ausgeprägte Antriebslosigkeit seiner Frau. Als sie endlich zum Arzt ging, war er zunächst erleichtert, aber der Mediziner konnte keinerlei körperliche Ursachen feststellen. Er verwies Hedwig an einen Kollegen. Dieser verfuhr ebenso und letztlich saß die erschöpfte Frau in der vierten Arztpraxis und beschrieb zum wiederholten Mal ihren Zustand: die große Erschöpfung, die andauernde Schlaflosigkeit trotz der großen Müdigkeit, dazu eine ausgeprägte Nervosität, starke Migräneschübe mit Kopfschmerzen und Lichtempfindlichkeit. Sie erklärte, häufig unter Atemnot zu leiden und sich rundum nicht mehr belastbar zu fühlen. Das Gefühl von großer körperlicher und geistiger Schwäche führte dazu, dass sie sich mehr und mehr zurückzog. Sie empfand sich selbst als hypersensibel und überempfindlich.
Selbst ihre beste Freundin klagte: „Du hast dich verändert!“, und bemängelte, dass Hedwig schon zum dritten Mal ein Treffen unter Freundinnen versäumt hatte. Ob denn irgendetwas vorgefallen sei, dass ihr Ausbleiben erklären könne?
Hedwig seufzte tief. Nein, sie könne keinerlei Gründe nennen. Es ginge ihr einfach nicht gut. Sie sei so empfindlich und fühle eine große körperliche Schwäche. Schwindelattacken und Panikgefühle sorgten für einen sozialen und emotionalen Rückzug aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Die Leidende hatte das Gefühl, einfach nicht mehr zu können, nicht mehr leistungsfähig zu sein.
Maschinentakt und Nervenschwäche
Eine klassische Burnout-Diagnose also. So ähnlich wie Hedwig beschreiben Tausende die neue Volkskrankheit Nummer 1 unserer Tage. Allerdings – von wegen „unserer Tage“: Die Geschichte von Hedwig von Grünewald ist 100 Jahre alt!
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam eine neue Krankheit auf, deren Symptome identisch waren mit dem, wie heute Burnout-Patienten beschrieben werden. Vor allem Frauen waren von ihr betroffen. Damals vermuteten die Wissenschaftler eine neurologische Ursache, die Diagnose wurde deshalb „Neurasthenie“ genannt. „Asthenie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet schlicht „Schwäche“. Der Name der Krankheit war also „Nervenschwäche“. Der eigentliche Auslöser war aber unbekannt.
Der Begriff „Neurasthenie“ wurde bereits 1880 durch den Amerikaner Beard in Zusammenhang mit Angsterkrankungen beschrieben. Die Definition lautete: „Bei der Neurasthenie handelt es sich um eine durch Überarbeitung oder andere äußere Einflüsse bedingte Schwäche oder Erschöpfung der Funktion des an sich gesunden Nervensystems. Sie ist weder auf körperliche
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