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Warum es die Welt nicht gibt

Warum es die Welt nicht gibt

Titel: Warum es die Welt nicht gibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Gabriel
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bedeutet, dass diese Person aus allen anderen Personen (welchen Namens auch immer) herausgegriffen wird. Ob ich will oder nicht: Wenn ich in der Taufszene Margaret Thatcher, die ehemalige Premierministerin Englands, im Blick habe, beziehe ich mich von nun an auf den Gegenstand meiner Taufe, dessen Schicksal ich dann folgen kann. Kripke drückt dies so aus, dass »starre Designatoren« denselben Gegenstand in allen möglichen Welten bezeichnen. Dies meint, dass ich mich fragen kann, was Margaret Thatcher etwa angesichts der aktuellen Wirtschaftslage tun würde, obwohl sie diese nicht mehr erlebt hat. Ich kann mir eine mögliche Welt ausmalen, in die ich Margaret Thatcher hineinstelle, und mir dann vorstellen, was sie wohl getan hätte. Margaret Thatcher hängt sozusagen ein für alle Mal an einem starren Designator, sie hängt an der Angelrute ihres Eigennamens. Wenn wir einen Eigennamen einführen, tauchen wir sozusagen unsere Angelrute in die Wirklichkeit ein. Der Gegenstand, den wir angeln, hängt dann an unserer Angelrute, selbst wenn wir falsche Vorstellungen von diesem Gegenstand haben oder wenn wir lieber einen anderen Gegenstand geangelt hätten (etwa Gisele Bündchen oder Brad Pitt).
    Daran sehen wir schon, dass die logische Identität von Margaret Thatcher herzlich wenig mit ihrer materiellen Identität zu tun hat. Wir können immer noch über dieselbe Margaret Thatcher wie vor dreißig Jahren sprechen, obwohl sie gar keine materielle Identität mehr hat. Und so verhält es sich mit uns allen. Ich wäre auch dann noch derselbe Markus Gabriel, wenn ich gestern Abend statt Dorade rheinischen Sauerbraten gegessen hätte, obwohl ich dann heute teilweise aus anderen Elementarteilchen bestünde.
    Außerdem gilt, wie Putnam zu Kripkes Argument hinzugefügt hat, dass ich ohnehin nicht mit meinen Elementarteilchen identisch sein kann, weil es mich sonst schon vor meiner Geburt, wenn auch auf andere Weise im Universum verstreut, gegeben hätte. Die Elementarteilchen, aus denen ich gerade bestehe, gab es schon, bevor es mich gab, nur in anderen Zusammensetzungen. Wenn ich mit ihnen identisch wäre, hätte es mich schon lange vor meiner Geburt gegeben. Wir sind also nicht logisch mit unserem Körper identisch, woraus nicht folgt, dass wir ohne Körper existieren können. Die Argumente Kripkes und Putnams beweisen nur, dass wir nicht logisch identisch mit Elementarteilchen sein können, so dass es viele Gegenstände gibt, die nicht ontologisch auf das Universum reduziert werden können. Der materialistische Monismus ist deswegen falsch, weil es viele Gegenstände (zum Beispiel uns als Personen) gibt, auf die wir uns rigide beziehen können und deren logische Identität streng von ihrer materiellen Realisierung unterschieden werden muss.
    Leider ist das wissenschaftliche Weltbild mit vielen schlechten Märchen verbunden. Willard Van Orman Quine, einer der unnachgiebigsten Anhänger eines wissenschaftlichen Weltbildes, sieht sich an einem Punkt seiner Überlegungen sogar dazu genötigt, sein wissenschaftliches Weltbild selbst als Märchen (wie er sagt, als »Mythos«) zu bezeichnen. An einer vielzitierten Stelle seines einflussreichen Aufsatzes »Zwei Dogmen des Empirismus« vergleicht Quine die Annahme physikalischer Gegenstände (wie Elektronen) mit der Annahme, es gebe die Götter Homers:
    Was mich angeht, glaube ich als Laienphysiker weiterhin an physikalische Objekte und nicht an die Götter Homers; und ich halte es für einen wissenschaftlichen Irrtum, etwas anderes zu glauben. Doch hinsichtlich ihrer epistemologischen Fundierung unterscheiden sich physikalische Objekte und Homers Götter nur graduell und nicht prinzipiell. Beide Arten Entitäten kommen nur als kulturelle Setzungen in unser Denken. Der Mythos der physikalischen Objekte ist epistemologisch den meisten anderen darin überlegen, daß er sich darin wirksamer als andere Mythen erwiesen hat, dem Fluß der Erfahrungen eine handliche Struktur aufzuprägen. 45
    Quine ist ein sehr aufrichtiger Materialist. Denn er nimmt an, dass alle Erkenntnis selbst ein materieller Vorgang ist, in dem Informationen verarbeitet werden, die dadurch entstehen, dass unsere Nervenenden einen Reizkontakt mit der physischen Umgebung aufnehmen. Was dabei erzeugt werde, werde durch komplizierte Interpretationen zu einem Weltbild aufgebaut. Die allgemeinen Begriffe (wie Ursache, Wirkung, Elementarteilchen), die wir dabei verwenden, seien eine Art hilfreicher Fiktionen, um unsere

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