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Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)

Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)

Titel: Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Druckerman
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der Speiseplan für die ganze Woche an einer großen weißen Tafel im Eingangsbereich der Krippe aus.
    Manchmal fotografiere ich diese Speisepläne und maile sie meiner Mutter. Sie lesen sich wie die Menütafeln Pariser Brasseries. Mittags gibt es vier Gänge: eine kalte Gemüsevorspeise, ein Hauptgericht mit Beilage aus Getreide oder gekochtem Gemüse, jeden Tag eine andere Käsesorte und einen Nachtisch aus frischem Obst oder Obstbrei. Jede Altersgruppe erhält eine leicht abgewandelte Variante davon, die Kleinsten bekommen mehr oder weniger dasselbe, nur püriert.
    Ein typisches Menü beginnt mit Palmherzen und Tomatensalat, gefolgt von Putenbraten au basilic , dazu gibt es Reis mit einer Sauce à la provençale . Der dritte Gang besteht aus einer Scheibe Saint-Nectaire-Käse sowie einer Scheibe Baguette. Zum Nachtisch gibt es frische Kiwi.
    Ein eigens in der crêche angestellter Koch bereitet es jeden Tag frisch zu. Mehrmals die Woche kommt ein Lieferwagen mit frischem Saison-, manchmal sogar Biogemüse. Bis auf die eine oder andere Dose Tomaten gibt es keinerlei Fertigzutaten oder Konserven. Ein paar Gemüse sind tiefgekühlt, aber niemals vorgekocht.
    Ich kann mir kaum vorstellen, dass Zweijährige so eine Mahlzeit durchhalten, also erlaubt mir die crêche an einem Mittwoch am Mittagessen teilzunehmen, während Bean mit einem Babysitter zu Hause bleibt. Ich staune, als ich sehe, wie meine Tochter hier zu Mittag isst. Ich setze mich unauffällig mit meinem Notebook dazu, während ihre Spielgefährten sich in Vierergrüppchen um kleine Kindertische setzen. Eine der Betreuerinnen rollt einen Teewagen herein, darauf stehen Teller mit abgedeckten Gerichten und in Plastikfolie eingewickelten Broten (damit sie frisch bleiben). An jedem Tisch sitzt eine Erzieherin.
    Als Erstes deckt die Erzieherin jedes Gericht auf und erklärt es. Die Vorspeise ist ein knallroter Tomatensalat mit Vinaigrette. »Anschließend gibt es le poisson «, sagt sie unter wohlwollenden Blicken, während sie Weißfisch in einer leichten Buttersauce mit Erbsen, Karotten und Zwiebeln als Beilage enthüllt. Anschließend kündigt sie den Käse-Gang an: »Heute ist es le bleu. « Sie zeigt den Kindern krümeligen Blauschimmelkäse. Anschließend kommt das Dessert an die Reihe: ganze Äpfel, die sie bei Tisch in Stücke schneiden wird.
    Das Essen sieht schlicht, frisch und appetitlich aus. Wenn man von den Melamintellern, den klein geschnittenen Häppchen und der Tatsache, dass einige der Esser aufgefordert werden müssen, merci zu sagen, absieht, könnte ich auch in einem guten Restaurant sitzen.
    * * *
    Was sind das für Leute, die sich um Bean kümmern? Um das herauszufinden, tauche ich eines windigen Herbstmorgens bei der jährlichen Aufnahmeprüfung der ABC Puériculture auf, eine der Schulen, an denen crêche -Betreuer ausgebildet werden. Ich sehe Hunderte von nervösen Frauen (und ein paar Männer) um die zwanzig, die sich schüchtern beäugen oder kurz vor Schluss noch mit Hilfe dicker Arbeitsbücher schlaumachen.
    Sie sind verständlicherweise aufgeregt. Von mehr als 500 Bewerbern, die die Prüfung ablegen, werden nur 30 angenommen. Die Bewerber werden in logischem Denken, Lesefähigkeit, Mathe und Humanbiologie auf Herz und Nieren geprüft. Diejenigen, die es bis in die zweite Runde schaffen, müssen sich einem psychologischen Test unterziehen, ein Referat halten und sich von mehreren Experten befragen lassen.
    Die dreißig Auserwählten absolvieren anschließend ein Jahr lang Prüfungen und Praktika nach einem Lehrplan, der von der Regierung ausgearbeitet wurde. Sie lernen alles Notwendige über Kinderernährung, Schlaf und Hygiene, das Anrühren von Babynahrung und Windelwechseln. Während ihrer gesamten Laufbahn werden sie immer wieder wochenlange Fortbildungskurse machen.
    In Frankreich ist der Beruf des Kinderpflegers sehr angesehen. Überall im Land gibt es Schulen mit ähnlich strengen Aufnahmebedingungen. Sie bilden ganze Armeen von fähigen Arbeitskräften aus, die dann das Krippenpersonal stellen. Nur die Hälfte der Betreuer müssen auxiliaires sein oder einen ähnlichen Abschluss haben. Ein Viertel braucht einen Abschluss in Gesundheits-, Freizeit- oder sozialen Angelegenheiten. Und ein Viertel benötigt gar keine Qualifikationen, wird aber vor Ort ausgebildet. 28 In Beans crêche sind dreizehn von sechzehn Betreuern auxiliaires oder etwas Ähnliches.
    Ich beginne in Anne-Marie und den anderen Angestellten von Beans crêche die

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