Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt
mehr das wert sein, was sie ursprünglich dafür bezahlt haben, aber in den meisten Fällen werden sie trotzdem weiterhin ihre Hypotheken abbezahlen. Es muss da draußen zahllose ähnliche Beispiele geben, Beispiele von sehr aus der Mode gekommenen, altmodischen Investitionen auf Hypothekenbasis, die nicht so furchtbar schlimm in Schwierigkeiten geraten sind, wie der Markt das im Augenblick glaubt. Für einen erfahrenen Investor in diese Märkte wäre es vielleicht sogar lohnend, herauszufinden, ob man nicht einige dieser Investitionen zu einem Spottpreis erwerben könnte. Das Problem dabei ist nur, dass diese Preise aus Sicht der Banken viel zu niedrig sind. Die Käufer wären bereit, die Investitionen für, sagen wir,20 oder 30 Prozent ihres eigentlichen Preises zu erwerben, was hieße, dass ein Aktivposten, dessen theoretischer Wert bei 10 Millionen Dollar liegt – ein Derivat zum Beispiel, das seinen Wert aus einer Subprime-Hypothek(also aus einer Hypothek mit geringer Bonität) herleitet –, nun für 2 oder 3 Millionen Dollar verkauft würde. Für die Bank ist dieser Preis viel zu niedrig, aber nicht deshalb, weil sie einen höheren Preis angenehmer fände, sondern weil die Bank, würde sie diese Wertfestsetzung akzeptieren, nun ein riesiges Loch auf der linken Seite ihrer Bilanzaufstellung hätte. Ihre Aktiva wären nicht mehr das wert, was sie eigentlich wert sein sollten, und die Bank wäre insolvent.
Dieses Problem tritt auf der ganzen Welt auf. Es ist überall ähnlich häufig und hat überall die gleichen Konsequenzen. In der einen oder anderen Form sind derartige Abgründe in der Bilanzaufstellung für alle Unternehmenszusammenbrüche verantwortlich, die wir in letzter Zeit erlebt haben. Und wir Briten können uns sogar rühmen, dass dieses weltweite Problem mit der Bank Northern Rock angefangen hat, die im September 2007 genau das erlebte, was allen Finanzinstituten jederzeit passieren kann, wovor sie alle eine Höllenangst haben und was es in Großbritannien seit über 100 Jahren nicht mehr gegeben hatte: einen »Bank-Run«, einen massenhaften Ansturm von Kunden, die ihr Geld abheben wollen. Es kamen so viele Leute, um ihre Guthaben abzuziehen, dass die Bank am Ende 5 Prozent ihrer gesamten Aktiva ausbezahlen musste, sage und schreibe 1 Milliarde Pfund in Bargeld. Und es könnte uns Briten fast so etwas wie Nostalgie bei dem Gedanken überkommen, dass die 25 Milliarden Pfund, die aufgrund der wenige Monate später stattgefundenen Verstaatlichung der Northern Rock bezahlt werden mussten, die größte Summe darstellen, die je eine Regierung einem privaten Unternehmen zukommen ließ.
Das waren noch Zeiten … Die wirklich gravierende Serie von sogenannten »Bailouts« – Rettungsaktionen bzw. Schuldenübernahmen – begann mit der Investmentbank Bear Stearns im März 2008 und erreichte einen neuen Höhepunkt, als am 7. September die staatlich geförderten amerikanischen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac, wahre Firmenkolosse und Garanten für das amerikanische Hypothekengeschäft,unter Vermögensverwaltung gestellt wurden. Das war die größte Verstaatlichung der Weltgeschichte. Nur acht Tage später folgte der größte Bankrott der Weltgeschichte, als die Bank Lehman Brothers »Chapter 11« beantragte – die amerikanische Form der Konkursverwaltung. Am Tag darauf gab es den größten Bailout eines privaten Unternehmens in der Geschichte, als die US-Regierung 79,9 Prozent der Anteile am Versicherungskonzern AIG übernahm. Merrill Lynch, jene Bank, deren Wahrzeichen, der Stürmende Bulle, der ganzen Wall Street als Symbol dient, wurde am 14. September 2008 von der Bank of America übernommen. Am 18. September wurde in den Nachrichten die größte Fusion zweier Banken in der britischen Geschichte gemeldet – man nannte es wohlweislich nicht Übernahmeie t Über –, als Lloyds die Bank HBOS kaufte, das größte Hypotheken-Kredit-Institut Großbritanniens, das 20 Prozent des Marktes abdeckte. Diese Übernahme sorgte dafür, dass der Markt völlig das Vertrauen in Lloyds verlor und der Chef der Bank, Victor Blank, seinen Hut nehmen musste. Am 21. September änderten Goldman Sachs, die weltgrößte Investmentbank, und Morgan Stanley, ein weiterer Investment-Gigant, ihren rechtlichen Status zu Holding-Banken. Dadurch qualifizierten sie sich für die Unterstützung durch die US-Notenbank, stellten sich allerdings auch in einem wesentlich höheren Maß unter staatliche Aufsicht. Am 28. September
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