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Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt

Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt

Titel: Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchester
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an den Kapitalmärkten Handel treibt und Fusionen und Akquisitionen betreut. Man könnte die beiden Banktypen auch als Sparschwein auf der einen un nider eind Kasino auf der anderen Seite bezeichnen. Die Absicht hinter dem Glass-Steagall-Gesetz war, zu verhindern, dass die Banken, die sich um die Konten der Allgemeinheit kümmerten, durch irgendwelche Kasinospielereien in Gefahr gerieten.
    In den neunziger Jahren war J. P. Morgan bereits einer der Hauptakteure auf dem Swap-Markt. Seit dem Swap zwischen IBM und der Weltbank florierte dieser Markt kräftig. Das Problem war nur, dass er ein wenig zu kräftig florierte. Mittlerweile war auch wirklich jeder am Swap-Geschäft beteiligt, wasdazu führte, dass die Margen niedriger wurden und das Ganze dadurch wesentlich weniger profitabel war. 1994 ging deshalb das Swaps-Team von J. P. Morgan auf Wochenendfahrt nach Boca Raton in Florida, um dort eine Idee für ein neuartiges und daher auch auf neue Weise lukratives Produkt auszuhecken, das sich gut verkaufen ließ. Die Welt der Banker funktioniert nach anderen Regeln als der Rest der Firmen- und Businesswelt. Diese Art von Firmenausflug ist ein gutes Beispiel dafür. In jedem anderen Unternehmen würden sich die Angestellten während eines solchen Wochenendes nach Plünderung der Minibar die Kante geben, den daraus resultierenden heftigen Kater auskosten, sich an Kollegen oder Kolleginnen heranmachen, auf die sie schon lange scharf waren, und sich gegenseitig besonders peinliche Dinge – vorzugsweise Pornofilme – auf die Hotelrechnung setzen. Um die Form zu wahren, brütet man noch ein paar neue Ideen aus, die man dann, sobald man wieder zurück am Arbeitsplatz ist und die Leberwerte sich normalisiert haben, diskret unter den Tisch fallen lässt. Aber bei Bankern sieht das Ganze vollkommen anders aus. Das J.-P.-Morgan-Team hielt sich zwar bei seinem Firmenausflug in mancher Hinsicht ebenfalls an den normalen Verhaltenskodex: Es wurde exzessiv gesoffen, einem leitenden Angestellten wurde die Nase gebrochen und ein zu Schrott gefahrener Jetski und zahllose Cheeseburger wurden auf die Rechnung einer anderen Person gesetzt: alles vollkommen normale Verhaltensweisen. Aber das J.-P.-Morgan-Team verstieß insofern gegen die Tradition, als es mit einer wirklichen, echten Idee nach Hause zurückkehrte – einer Idee, die das gesamte Bankwesen umkrempelte und deren Folgen heute die Wirtschaft des ganzen Planeten erschüttern.
    Die Idee des J.-P.-Morgan-Teams war eine ganz neue Form von Swap. In einem privaten Finanzhaushalt sähe das ungefähr so aus: Nehmen wir an, Ihre Nachbarn, die Schmidts, treten an Sie heran und bitten Sie, ihnen etwas Geld zu leihen, zum Beispiel für den Ausbau ihres Dachbodens. Sie haben zufällig gerade 100 000 Euro übrig, genau die Summe, die Ihre Nachbarnbrauchen. Die Schmidts versprechen, Ihnen einen guten Zins zu zahlen, sagen wir, 1000 Euro im Monat (um die Rechnung so einfach wie möglich zu halten) und Ihnen dann am Ende des Jahres die Kreditsumme zurückzuzahlen. Also gewähren Sie ihnen das Darlehen. Dann fragen Sie sich aber plötzlich, was passiert, falls die Schmidts es nicht schaffen, die Tilgungszahlungen zu leisten, auf die Sie sich nun als bequemes zusätzliches Einkommen eingestellt haben. Daraufhin fragen Sie Ihre Nachbarn auf der anderen Seite, die Schneiders, ob sie vielleicht Interesse hätten, sich nebenbei ein bisschen Geld dazuzuverdienen. Das haben sie, und also tauschen Sie mit ihnen: Die Schneiders übernehmen das Risiko, dass die Schmidts ihre Zahlungen nicht mehr leisten können – mit anderen Worten, falls die Schmidts zahlungsunfähig sind, bekommen Sie Ihr Geld von den Schneiders –, und als Gegenleistung bezahlen Sie ihnen eine bestimmte Gebühr, sagen wir, 50 Euro im Monat. Eigentlich haben Sie auf diesem Wege eine Art Versicherung abgeschlossen. Die Schmidts bekommen ihre 100 000 Euro, Sie Ihre 1000 Euro im Monat und die Schneiders erhalten ihre 50 Euro. Wenn die Schmidts nicht mehr zahlen können, fordern Sie das Geld stattdessen von den Schneiders ein.
    Wie Ihnen vielleicht aufgeitsleicht fallen ist, hat dieses Geschäft einen enormen Vorteil: Sie haben es geschafft, Geld zu einem guten Zinssatz zu verleihen, und das ohne jedes Risiko . Sie haben das Risiko einfach mit einer Versicherung aus der Welt geschafft. Eine der Grundregeln des Geldgeschäfts lautet, dass das Risiko und der Lohn, den man daraus zieht, einander direkt entsprechen – die Höhe der Summe,

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