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Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt

Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt

Titel: Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchester
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Vergnügungspark vorkäme.
    Das momentan auf den Finanzmärkten beliebteste Klischeeverkündet, dass man nun »Neuland betrete«. Aber die Vorstellung, die gegenwärtige Krise sei eine völlig neue Entwicklung, ist in mehr als einer Hinsicht falsch. Ein Großteil des Gebiets, um das es sich hier dreht, ist nur zu gründlich kartographiert worden. Die drei auffälligsten Eigenschaften dieser Krise sind genau die gleichen wie die, mit denen wir es seit dem Herbst 2008 zu tun haben, weil es sich hier genau genommen um ein und dieselbe Krise handelt. Deren wichtigste Merkmale sind Verschuldung, politisches Versagen und die strukturelle Zerrüttung des Bankensystems. Diese Merkmale sind eng miteinander verknüpft; man könnte sogar sagen, es handele sich auch bei ihnen letztendlich um ein und dasselbe Phänomen. Die allgemeine Vertrauenskrise beruht auf den miserablen Wirtschaftsdaten der Industriestaaten. Die Menschen gelangen allmählich zu der Überzeugung, die Welt werde es nicht schaffen, sich wieder von der Schuldenkrise zu erholen, die durch den Crash von 2008 ausgelöst wurde.
    Ohne Wirtschaftswachstum werden die betroffenen Länder große Schwierigkeiten haben, ihre Schulden zu bezahlen – Schulden, die sie zum größten Teil vom globalen Bankensystem übernommen haben, um zu gewährleisten, dass es solvent blieb. Das hat die Eurozone in die größten Schwierigkeiten gebracht. Die Geschichte des Euro hat sich in eine Richtung entwickelt, die von Anfang an vorauszusehen war, nämlich mitten hinein in eine große Unsicherheit, die sich wie eine Epidemie ausgebreitet hat.
    Als man den Euro einführte, geschah dies mit einem schwerwiegenden demokratischen Defizit. Aber das kümmerte die verantwortliche europäische Elite nicht, denn sie war überzeugt, sie befinde sich auf einem ihr vorherbestimmten Weg. Offenbar glaubte man damals, die neue Währung werde ganz von allein zu einer Annäherung der verschiedenen Wirtschaftssysteme, Institutionen, Bankengesetze, fiskalpolitischen Vorgehensweisen und natio Ssenin zu einenalen Kulturen führen. Die Währung hatte zwar eine eigene Bank, aber keine eigene Regierung oder Gesetze, abgesehen von den angeblich verbindlichen Finanzvorschriften,gegen die die teilnehmenden Regierungen sofort und in aller Öffentlichkeit verstießen, ohne dass dies irgendwelche Konsequenzen oder Sanktionen nach sich gezogen hätte. Das System verfügte über keinerlei Vollstreckungsmechanismen, kein Realitätsprinzip, wenn man einmal von dem Wert des Euro auf den internationalen Devisenmärkten und dem Rating der Euro-Staatsanleihen absieht.
    Das weitverbreitete Gefühl einer drohenden Katastrophe gründet vor allem auf der Überzeugung, dass die europäischen Banken in viel größeren Schwierigkeiten stecken, als irgendjemand zuzugeben bereit ist. Diese Überzeugung ist jedoch in der »angelsächsischen« Welt schon seit einiger Zeit sehr verbreitet. Ich kann von Glück sagen, dass ich kein Händler am Finanzmarkt bin, denn ich hätte im Jahr 2009 ein ums andere Mal mein letztes Hemd verloren – ich wäre vor die Hunde gegangen, wie man so schön sagt –, denn ich hätte alles, was ich besaß, gegen den Euro gewettet. Ich war nämlich überzeugt, dass die europäischen Banken genauso pleite waren wie die angelsächsischen, mit dem einzigen Unterschied, dass sie es noch nicht zugegeben hatten. Sie haben es bis heute nicht zugegeben. Diese Tatsache erregte den ziemlich unverhohlenen Zorn Gordon Browns, dem er in einem Zeitungsartikel der Herald Tribune Luft machte. »Bei dem ersten Treffen der Regierungschefs der Eurozone, das unmittelbar nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Oktober 2008 stattfand, war ich persönlich zugegen«, schrieb er dort. Und weiter hieß es:
    Ich erklärte den Anwesenden, die europäischen Banken seien um Milliardenbeträge unterfinanziert und ihr möglicher Zusammenbruch gefährde die gesamte Europäische Union – schließlich ist der Kapitalismus ohne Kapital undenkbar.
    Ich erinnere mich noch genau an die skeptischen Blicke, als ich erklärte, die europäischen Banken seien in der Tat anfälliger als die amerikanischen, ihre Leverage Ratio liege sehr viel höher und sie seien wesentlich abhängigervon kurzfristiger massiver finanzieller Unterstützung. Immerhin war ja die Hälfte aller in Amerika emittierten toxischen Subprime-Papiere von leichtsinnigen europäischen Finanzinstituten gekauft worden. Und es war noch viel schlimmer – wie wir in der

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