Warum macht Sex Spaß?
des Problems, was man mit dem intrakorporal befruchteten Ei anfängt. Die Lösung der Säugetiere beginnt mit der Schwangerschaft, einer unentbehrlichen Phase der Embryonalentwicklung im mütterlichen Körper, die viel länger dauert als bei jedem Vogelweibchen. Die Dauer der Schwangerschaft liegt zwischen zwölf Tagen bei Nasenbeutlern und 22 Monaten bei Elefanten. Wegen dieser umfangreichen anfänglichen Festlegung ist es den Säugetierweibchen unmöglich, sich um die weitere Brutfürsorge zu drücken, und das führte zur Evolution der weiblichen Milchproduktion. Wie die Vögel sind auch die Säugetiere offenbar schon seit langem auf ihre charakteristische Problemlösung festgelegt. Die Milchproduktion hinterläßt in den Fossilien keine Spuren, aber sie ist ein gemeinsames Merkmal der heutigen drei großen Säugetiergruppen, Kloakentiere, Beuteltiere und Plazentatiere, deren Auseinanderentwicklung schon vor 135 Millionen Jahren begann. Daher entstand die weibliche Milchproduktion vermutlich noch früher bei irgendeinem Reptil, das zum Vorfahren der Säugetiere wurde (einem sogenannten Therapsiden).
Säugetiere sind mit ihrer Fortpflanzung wie Vögel auf viele anatomische und physiologische Besonderheiten festgelegt. Dabei gibt es zwischen den drei Säugetiergruppen große Unterschiede: So ist zum Beispiel das Neugeborene wegen der Entwicklung der Plazenta bei den Plazentatieren bereits relativ ausgereift; Beuteltiere dagegen bringen ihre Jungen früher zur Welt, so daß die Entwicklung nach der Geburt länger dauert, und Kloakentiere legen Eier. Diese Spezialisierung gibt es vermutlich schon seit mindestens 135 Millionen Jahren.
Verglichen mit solchen Unterschieden zwischen den drei Säugetiergruppen, aber auch im Vergleich zu den Unterschieden zwischen Säugetieren und Vögeln sind die Abwandlungen innerhalb der einzelnen Säugetiergruppen nur gering. Kein Säugetier hat wieder eine extrakorporale Befruchtung entwickelt oder das Säugen aufgegeben. Kein Beutel- oder Plazentatier ist jemals zum Eierlegen zurückgekehrt. Artunterschiede in der Milchproduktion sind meist nur quantitativer Natur: hier etwas weniger, dort etwas mehr. So enthält zum Beispiel die Milch der arktischen Robben eine hohe Nährstoffkonzentration, viel Fett und fast keinen Zucker, in menschlicher Muttermilch dagegen sind die Nährstoffe stärker verdünnt, der Zuckergehalt ist höher und der Fettgehalt gering. Der Übergang von der Muttermilch zu fester Nahrung zieht sich in traditionellen Jäger- und Sammlerkulturen über eine Zeitspanne von maximal vier Jahren hin. Das andere Extrem sind Meerschweinchen und Eselhasen: Sie können schon wenige Tage nach der Geburt feste Nahrung knabbern und geben die Milch kurz danach auf.
Vermutlich haben sich Meerschweinchen und Eselhasen in der gleichen Richtung entwickelt wie Vögel mit frühreifen Jungen (zum Beispiel Hühner und Seevögel), die nach dem Schlüpfen schon sehen, laufen und selbst Nahrung finden können und denen nur noch die Fähigkeit zum Fliegen und zur selbständigen Steuerung der Körpertemperatur fehlt. Falls das Leben auf der Erde das derzeitige durch die Menschen verunstaltete Gemetzel übersteht, werden die Nachkommen von Meerschweinchen und Eselhasen in der weiteren Evolution vielleicht die Festlegung auf die Milchproduktion aufgeben – in mehreren Jahrmillionen.
Bei Säugetieren könnten also durchaus auch andere Fortpflanzungsstrategien funktionieren, und offenbar erfordert es nur wenige Mutationen, damit aus einem neugeborenen Meerschweinchen oder Eselhasen ein Säugetier wird, das überhaupt keine Milch mehr braucht. Aber diese Mutationen haben sich nicht ereignet: Die Säugetiere sind in der Evolution bis heute auf ihre charakteristische Fortpflanzungsstrategie festgelegt. Ganz ähnlich verhält es sich mit der männlichen Milchproduktion: Obwohl sie, wie wir erfahren haben, physiologisch möglich wäre und obwohl sie offenbar ebenfalls nur wenige Mutationen erfordert, haben die Weibchen in der Evolution, was die Entfaltung des gemeinsamen physiologischen Potentials zur Milchproduktion angeht, einen gewaltigen Vorsprung gegenüber den Männchen. Die Weibchen machen seit vielen Jahrmillionen eine natürliche Selektion zugunsten der Milchproduktion durch, die Männchen dagegen nicht. Wie ich gezeigt habe, ist die männliche Milchproduktion bei einer ganzen Reihe von Säugetierarten physiologisch möglich, so bei Menschen, Kühen, Ziegen, Hunden,
Weitere Kostenlose Bücher