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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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abgelegt), selbst im Vergleich mit den am wenigsten entwickelten neugeborenen Säugetieren. Die Entwicklung außerhalb des mütterlichen Körpers – eine Phase, in der Vater und Mutter sich theoretisch die Pflichten teilen könnten – ist im Verhältnis zu der Entwicklungszeit im mütterlichen Körper bei Vögeln viel länger als bei Säugetieren. Bei keiner Vogelart kommt die Dauer der »Schwangerschaft « – der Zeit bis zur Entstehung des Eies – annähernd an die neun Monate der menschlichen Schwangerschaft oder auch nur an die zwölf Tage der am kürzesten trächtigen Säugetiere heran.
     
    Deshalb lassen sich Vogelweibchen nicht so leicht wie Säugetiere hinters Licht führen und versorgen die Jungen, während der Vater wieder auf Freiersfüßen wandelt. Das hat auch Folgen für die evolutionäre Programmierung, und zwar nicht nur im Hinblick auf das instinktive Verhalten der Vögel, sondern auch für ihre Anatomie und Physiologie. Bei Tauben, die ihre Jungen mit »Milch« aus dem Kropf füttern, hat sich die Milchproduktion in der Evolution sowohl bei Männchen als auch bei Weibchen entwickelt. Die Brutpflege durch beide Eltern ist unter Vögeln die Regel; versorgt nur einer von beiden die Jungen, handelt es sich zwar meist um die Mutter, aber bei manchen Vogelarten übernimmt auch der Vater allein die Aufgabe – eine Entwicklung, für die es unter den Säugetieren keine Entsprechung gibt. Die alleinige Brutfürsorge durch den Vater ist nicht nur charakteristisch für Vogelarten, die durch die Polyandrie mit umgekehrten Geschlechterrollen gekennzeichnet sind, sondern auch für einige andere Spezies, darunter Straußenvögel, Emus und Steißhühner.
     
    Die Lösung der Vögel für die Probleme der intrakorporalen Befruchtung und der anschließenden Embryonalentwicklung umfaßt spezialisierte anatomische und physiologische Eigenschaften. Weibliche Vögel besitzen im Gegensatz zu den Männchen einen Eileiter, in dem ein Abschnitt Albumin produziert (das Protein im Eiklar), während ein anderer die innere und äußere Eihülle und ein dritter die eigentliche Eierschale bildet. Alle diese hormonell gesteuerten Strukturen und ihr Stoffwechselapparat stellen entwicklungsgeschichtliche Festlegungen dar. Die Evolution der Vögel muß schon seit langem auf diesem Weg verlaufen, denn das Eierlegen war bereits bei den Urreptilien verbreitet, von denen die Vögel einen großen Teil ihres Eiablageapparats geerbt haben. Geschöpfe wie der berühmte Archaeopteryx, die eindeutig Vögel und keine Reptilien mehr sind, tauchen in den Fossilfunden aus einer Zeit vor etwa 150 Millionen Jahren auf. Die biologischen Besonderheiten der Fortpflanzung von Archaeopteryx kennt man zwar nicht, aber man hat einen etwa 80 Millionen Jahre alten versteinerten Dinosaurier gefunden, der auf einem Nest mit Eiern verschüttet wurde; demnach steht zu vermuten, daß die Vögel nicht nur das Eierlegen, sondern auch das Nistverhalten von den Reptilien, ihren Vorfahren, geerbt haben.
     
    Die heutigen Vogelarten sind in ihrem ökologischen Verhalten und ihrer Lebensweise sehr unterschiedlich – sie reichen von gewandten Fliegern über Laufvögel bis zu schnellen Tauchern, von winzigen Kolibris bis zu den riesigen, ausgestorbenen Madagaskarstraußen, von den im antarktischen Winter brütenden Pinguinen bis zu den Tukanen, die ihre Nester im tropischen Regenwald bauen. Trotz dieser unterschiedlichen Lebensweise sind alle lebenden Vögel nach wie vor auf intrakorporale Befruchtung, Eierlegen, Brüten und andere charakteristische fortpflanzungsbiologische Merkmale festgelegt, und die Abweichungen von Art zu Art sind nur gering. (Die wichtigste Ausnahme sind die Buschhühner, die in Australien und auf den pazifischen Inseln zu Hause sind: Sie brüten ihre Eier nicht mit ihrer Körperwärme aus, sondern mit äußerer Wärme, die durch Gärung, Vulkantätigkeit oder Sonneneinstrahlung entsteht.) Würde man einen Vogel von Grund auf neu konstruieren, käme man vielleicht auf eine ganz andere, bessere Fortpflanzungsstrategie, beispielsweise auf die der Fledermäuse, die wie Vögel fliegen, sich aber mit Schwangerschaft, Lebendgeburt und Säugen fortpflanzen. Aber die Methode der Fledermäuse mag noch so viele Vorteile haben: Von Vögeln würde sie derart umfangreiche Veränderungen verlangen, daß diese auf ihre eigene Lösung festgelegt bleiben.
     
    Auch die Säugetiere haben ihre eigene lange Geschichte der evolutionären Festlegung bei der Lösung

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