Warum Maenner mauern
hat, ist es eher angebracht, sich mit Worten oder Zeichen zu äußern. Manchmal hat das Folgen – der Kerl könnte zum Beispiel versuchen, Sie zur Vergeltung noch einmal auszubremsen, aber wahrscheinlicher ist, dass er ebenfalls mit Worten oder Gesten reagiert. Solche unmittelbaren, angemessenen Reaktionen sind besser, als wenn man innerlich kocht, ohne etwas zu unternehmen, und den Ärger vielleicht später gegen jemand anders richtet.
Es gehört zu den gemeinsamen Eigenschaften der Menschen, dass wir alle auf irgendeine Weise aggressiv sind. Gemeinsam ist uns auch die Fähigkeit, unsere aggressiven Handlungen zu beurteilen , sie abzuwägen, zu vergleichen, zu überprüfen und einzudämmen. Habe ich zu stark gedrängt, war ich zu laut, zu fordernd, zu feindselig, zu jähzornig…?
Solange wir bereit sind, unsere eigenen Aggressionen zu beobachten, können wir hoffen , dass es gelingt, den Impuls zu kontrollieren, bevor er zerstörerisch wirkt. Zu aggressiven Persönlichkeiten werden manche Menschen, weil sie ihre aggressiven Antriebe oft und umfassend ausleben, wie der ständig wütende Ralph Cramden in »The Honeymooners« oder Arnie Becker, der Prototyp des angriffslustigen zackigen Anwalts in »L. A. Law – Staranwälte, Tricks, Prozesse«.
Dabei ist aber eines besonders wichtig: Der Mann, der seine Aggression lautstark äußert, ist nicht unbedingt aggressiver als derjenige, der damit raffinierter umgeht. Der zweite ist möglicherweise nur stärker passiv-aggressiv .
Wie bei anderen Antrieben, die unter den Menschen kaum zu vergleichen oder zu messen sind (die unlösbare Frage, wer mehr liebt… mehr hasst… oder mehr verletzt), so kann man auch unmöglich bestimmen, wer wirklich aggressiver ist. Die Frage, ob Aggression der Zerstörung dient, wie bei dem Ehemann, der »versehentlich« Papiere anzündet, die Sie morgen für die Arbeit brauchen, oder ob sie konstruktiv eingesetzt wird, wenn man beispielsweise für etwas kämpft, das man für richtig hält, ist dabei entscheidender als die Häufigkeit, mit der sich solche Impulse entladen.
Sigmund Freud und die ersten Psychiater waren der Ansicht, die Menschen müssten regelmäßig »Dampf ablassen«, sonst würden sich die aggressiven Impulse innerlich ansammeln und gewaltigen Druck auf die empfindliche Psyche ausüben. Nach ihrer Ansicht waren aggressive Antriebe etwas Ähnliches wie Wasser, das einen Staudamm durchbricht und dann die Psyche überschwemmt, so dass es zu plötzlichen Aggressionsausbrüchen mit ungezügelter Wut kommt.
Freuds Vergleich mit dem Wasser ist nur ein Teil der Wahrheit. Wie Liebe, so ist auch Aggression keine in ihrer Menge begrenzte Ware, die man verteilen, verbrauchen oder verlieren kann. Wenn man Aggression auf eine Art aufkommen lässt, steigt vielmehr der Wunsch, sie am Leben zu erhalten. Dennoch glaube ich wie Freud, dass Aggression und Ärger richtig gehandhabt werden müssen und in manchen Fällen bewusste Wachsamkeit erfordern. Was dabei besonders wichtig ist: Man kann die Energien und Antriebe, die der Aggression zugrunde liegen, in kreative Leistungen ummünzen, in produktive Handlungen und die Verbesserung von Beziehungen; das ist die erfolgreichste Art, mit ihnen umzugehen.
»Ärger ist ein menschliches Gefühl…«, schrieb die Psychologin Carol Tavris in ihrem Buch Wut . Das missverstandene Gefühl , »denn nur Menschen können Handlungen auf ihre Motive, ihre Rechtfertigung und ihre Fahrlässigkeit hin beurteilen. Jeder Vorfall, bei dem Ärger eine Rolle spielt, enthält eine Reihe von Entscheidungen, die in Sekundenbruchteilen getroffen werden.«
Solche Entscheidungen könnten zum Beispiel so aussehen: Man kann erstens den Ärger und die Aggression anheizen oder abkühlen; dazu kann man sie herunterschlucken, die Küche putzen, eine Skulptur formen oder etwas »Verbotenes« zu sich nehmen, wie Alkohol, eine Packung Kekse oder etwas Fettes aus der Imbissbude, um sich zu »belohnen« und zu beruhigen. Oder aber – das ist die zweite Möglichkeit – man kann sie zeigen und demjenigen, über den man sich ärgert, mitteilen, warum man so empfindet. Für welche Möglichkeit man sich auch entscheidet, immer hat man den Ärger dabei unter Kontrolle.
Angemessene passive Aggression
Unter bestimmten Umständen kann passive Aggression eine gesunde, höchst angemessene Reaktion sein. Ob man es nun Raffinesse, Takt, Humor, Selbstbeherrschung, Altruismus oder sogar Mut nennt – immer ist es auch passive Aggression. Mit
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