Warum Maenner mauern
plausiblen, aber unechten Entschuldigungen, warum sie ihre Hausaufgaben nicht machen oder besondere Vorhaben nicht ausführen. (»Der Strom ist ausgefallen, und wir saßen im Dunkeln…« oder »Wir mussten meine Schwester in die Notambulanz bringen«.)
Der passiv-aggressive Junge möchte beliebt sein und von anderen Kindern bewundert werden, aber wahrscheinlich wird er eher berüchtigt, weil er jede Menge verwirrender Ablenkungsmanöver durchführt, mit denen er den Unterricht unterbrechen will. Er stellt dem Lehrer sinnlose Fragen oder gibt neunmalkluge Antworten. Er geht übermäßig oft zur Toilette, erledigt seine Hausaufgaben nicht vollständig oder liefert lässig ausgeführte Arbeiten ab. Durch schlechte Leistungen nimmt schließlich sein Selbstwertgefühl Schaden, und damit setzt sich der Teufelskreis fort. Solche Leistungsschwäche entwickelt sich später erst zu einem beruflichen Hindernis; viele Männer wachsen allerdings irgendwann darüber hinaus.
Die Pubertät: eine Phase des Ausprobierens
Seinen Höhepunkt erlebt der Konflikt zwischen Selbständigkeit und Abhängigkeit in den Wirren der Pubertät, die auch im besten Fall eine schwierige und vieldeutige Zeit ist. Der Jugendliche ist aus den Abhängigkeiten des Kindesalters herausgewachsen, aber die Verantwortung des Erwachsenen kann er noch nicht in vollem Umfang übernehmen. Es ist eine Phase der Verwirrung und des Sich-selbst-Ausprobierens – ein Pendeln zwischen angebrachtem und unangebrachtem Verhalten. George Bernard Shaw schrieb in Mensch und Übermensch : »Das Gesetz, das für Vater und Sohn und für Mutter und Tochter gilt, ist nicht das Gesetz der Liebe. Es ist das Gesetz der Empörung, der Emanzipation, der endgültige Ersatz des Alten und Abgenutzten durch die Jungen und Fähigen…« Die Pubertät ist beherrscht von Gefühlsverschiebungen, Umwälzungen und der Einigung mit sich selbst, bis der Betreffende letztlich auf eine neue Art wieder mit seinen Eltern zusammenfindet.
Ein Heranwachsender wird sich schmerzlich bewusst, wie begrenzt seine Freiheit ist, und er brennt darauf, der Welt seinen Stempel aufzudrücken; er ist der Rebell, berüchtigt für die Machtkämpfe, die er provoziert – mit Eltern, mit Lehrern, mit allen, die für ihn »Autorität« verkörpern. »Wogegen bist du?«, fragt ein intoleranter Ladeninhaber den jungen, nervösen Marlon Brando in The Wild One , dem Filmklassiker über die Jugend auf der Suche nach sich selbst. »Was haben Sie denn?«, erwidert er, zufrieden mit sich und seiner schlagfertigen Schlauheit – eine Antwort, die sich in Brandos Zeit und in allen folgenden Generationen immer wieder findet. Der Halbwüchsige probiert nicht nur seinen Willen aus, sondern er ist auch bekannt für seine Launenhaftigkeit, seine Halsstarrigkeit und seinen Mangel an Kooperationsbereitschaft. Die Worte der Eltern stoßen auf taube Ohren.
Auch die Eltern lässt das nicht kalt: Auf ihre Weise widersetzen sie sich den Veränderungen, die sich bei ihren heranwachsenden Kindern abspielen. Am stärksten empfinden sie Zurückweisung . Teenager ziehen sich aus der Abhängigkeit der Elternbeziehung zurück, besonders gegenüber der Mutter. Es gibt weniger gemeinsame Unternehmungen der Familie, weniger Zärtlichkeiten und Berührungen.
Der Halbwüchsige ist vollauf damit beschäftigt, mit seiner Umwelt zurechtzukommen – er versucht dies und das, allerdings nur bei seinen Freunden und in möglichen Liebesaffären. Während dieses Übergangs zum Erwachsensein findet er sich selbst, seine Art, und dabei erlebt er die Unannehmlichkeiten des Reifens. In dieser Zeit der Selbsterkenntnis erreicht auch das passiv-aggressive Verhalten seinen Höhepunkt. Das ist normal. Der Halbwüchsige, der sich seiner selbst noch unsicher ist, bedient sich der passiven Aggression, deren Unverbindlichkeit er angenehm findet.
Für einen passiv-aggressiven Mann sind »normale« Phasen der Pubertät häufig besonders schwierig. Er befindet sich im Konflikt: Einerseits gibt es das übermächtige Bedürfnis, den Eltern zu trotzen und ihnen zu zeigen, dass er nicht mehr das von ihnen beherrschte Kind ist, und andererseits leidet er unter einer unbeholfenen Unfähigkeit, sich selbst zu vertreten. Oft zieht er negative Einstellungen der offenen Rebellion vor. Er empfindet seine Eltern vielleicht als zu streng oder ungerecht, aber er fühlt sich nicht stark genug, sie unmittelbar herauszufordern. Sosehr er sich auch bemüht, seine Kraft zu beweisen, er
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