Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)
der Nullstellen der Zetafunktion. Riemann vermutete, dass, von unwichtigen Ausnahmen abgesehen, alle Nullstellen der Zetafunktion sich in einem gewissen Bereich befinden. Die Klärung dieser Frage ist aktuell (November 2009) immer noch offen und ein großes mathematisches Schlachtfeld der Gegenwart.
Wenn Sie der Teufel sein könnten und einem Mathematiker anböten, seine Seele zu verkaufen für den Beweis eines einzigen Theorems – welches Theorem würden die meisten Mathematiker wählen? Ich glaube, es wäre die Riemann’sche Vermutung.
Hugh Montgomery (*1944),
US-amerikanischer Mathematiker
Die überragende Bedeutung der Riemann’schen Vermutung liegt darin, dass aufgrund ihrer engen Beziehung zu vielen anderen Bereichen der Mathematik mit ihr buchstäblich Hunderte von anderen Problemen gleichzeitig mitgelöst werden würden. Zahlreiche publizierte Beweise in Gebieten von Algebra über Quantenphysik bis Zahlentheorie beginnen mit dem Satz: «Wenn die Riemann’sche Vermutung wahr ist, dann gilt …» Wegen dieser inhaltlichen Vielkulturalität handelt es sich bei der Riemann’schen Vermutung nicht um eine überschaubare analytische Kleinsituation, noch weniger um ein mathematisches Erlebnissegment aus dem Billigbereich. Leicht zu haben ist sie jedenfalls nicht.
Bisschen Brecht
«Ich habe bemerkt», sagte Herr K., «dass wir viele abschrecken von unserer Lehre dadurch, dass wir auf alles eine Antwort wissen. Könnten wir nicht im Interesse der Propaganda eine Liste der Fragen aufstellen, die uns gänzlich ungelöst erscheinen?»
Bertolt Brecht: Geschichten vom Herrn K.
Preiswerte Mathematik. Ein gültiger Beweis der Riemann’schen Vermutung wäre zudem für den erfolgreichen Beweispfadfinder äußerst lukrativ. Der Bostoner Geschäftsmann und Multimillionär Landon T. Clay hat am 24.6.2002 insgesamt 7 Preise für die Lösung wichtiger noch ungelöster Probleme ausgelobt, welche jeweils mit 1 Million US-Dollar dotiert sind. Einer dieser Preise winkt demjenigen unter den Theoremtätigen, der die Riemann’sche Vermutung entweder zur Riemann’schen Gewissheit werden lässt oder sie zweifelsfrei widerlegt. Nie war sie so wertvoll wie heute.
Torheiten sonder Grenzen
Während die Clay-Preise zu den attraktivsten Preisen gehören, die die Welt zu vergeben hat, so ist der Darwin-Preis gerade das Gegenteil. Es ist ein eigenwilliger, mit viel schwarzem Humor behafteter Nonsense-Preis, der im Gedenken an Charles Darwin jenen Personen zugesprochen wird, die den menschlichen Genpool dadurch verbessern, dass sie sich durch unfreiwilliges Hinscheiden auf besonders dumm-groteske Weise selbst daraus entfernen. Beispielgebend ist der Preisträger des Jahres 1997. Es war ein Zivilangestellter der US-Luftwaffe, dem es trotz aller Sicherheitsvorkehrungen gelang, eine Starthilfe-Rakete der Air Force zu entwenden. Diese Raketen dienen dem Zweck, großen Fliegern auf kürzeren Startbahnen zusätzlichen Schub zu liefern. Der Angestellte wollte offenbar privat und im Selbstversuch einmal ihre Beschleunigung testen. Er befestigte sie an seinem Auto und zündete sie auf einem langen, geraden Straβenstück. Die eintretende Geschwindigkeitszunahme war so gewaltig, dass das Vehikel nach kurzer Zeit und 6 zurückgelegten Kilometern etwa 450 km/h erreicht hatte, als es torpedoähnlich einen metertiefen Krater in eine Felswand schlug. Feststoffraketen sind nicht abschaltbar, sie brennen so lange weiter, bis der Treibstoff zur Neige geht, und die letzten beiden Kilometer legte das «Fahrzeug» im Flug zurück.
Gesamtnote? Jedwede Skala sprengend!
Probleme sind Diskrepanzen zwischen Ist- und Sollzuständen. Ein Problemlöser, das liegt in der Natur dieser Sache, kann deshalb nie nur Kurator des schon Gewussten sein. Eher schon ist er bei seinen Vorstößen ins Unerprobte ein Immergegenwindspürer in Kraftfeldern. Seine Überbrückungsdenkleistungen müssen sich letztlich durch ein Ergebnis ausweisen. Das Kraftfeld, das die Riemann’sche Vermutung um sich gelegt hat, ist mächtig. Viele Mathematiker haben daran ihre Stifte zerbrochen und mussten aufgeben. Entsprechend groß ist auch ihr ideeller Wert als Trophäe.
Postskript: Als David Hilbert (1862–1943), einer der einflussreichsten Mathematiker des frühen 20. Jahrhunderts, einst gefragt wurde, wonach er sich als Erstes erkundigen würde, sofern er 100 Jahre nach seinem Tod noch einmal mit irdischen Mathematikern sprechen könnte, antwortete er: «Ich würde mich erkundigen, ob
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