Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)
Zeilen anschlieβend unter dem Titel Japanisches Nachtlied so ab:
Stille ist im
Pavillon aus Jade.
Krähen fliegen
Stumm zu beschneiten Kirschbäumen im Mondlicht.
Ich sitze
Und weine.
Ehrlich gesagt: Goethe ist gut, aber der mit stiller Post auf sich selbst reflektierte Goethe gefällt mir noch besser als das Original.
118. NASA-Ies
Ein wichtiges Denkwerkzeug in der Mathematik ist es, entweder das zu lösende Problem oder die in Angriff genommene Lösungsstrategie zu modifizieren. Eine Modifikation des Problems kann aus dem Grunde sinnvoll sein, weil aus der Lösung des leicht veränderten neuen Problems nützliche Anhaltspunkte über das ursprüngliche Problem gewonnen werden können. Eine Modifikation der Lösungsstrategie ist immer dann sinnvoll, wenn die Möglichkeiten der bisher verfolgten Strategie erschöpft sind und sie sich als nicht zielführend erwiesen hat. Ein Paradebeispiel für das Variationsprinzip ist der Fosbury Flop. Dies ist eine von Richard «Dick» Fosbury eingeführte Hochsprungtechnik. Er hatte erkannt, dass er mit dem damals gebräuchlichen Bewegungsablauf zur Überquerung der Latte – dem Straddle, bei dem man sich bäuchlings über die Latte wälzt – nie ein Top-Hochspringer sein würde. Er variierte den Lösungsansatz des Hochsprungproblems, indem er sich rückwärts über die Latte katapultierte, und wurde 1968 damit Olympiasieger. Heute springen alle mit dieser Technik.
Hier ist noch ein weiterer gekonnter Einsatz des Variationsprinzips:
In einem frühen Stadium des Wettlaufs im All unternahm die NASA große Anstrengungen, um ein Metall zu finden, das robust genug war, der Hitze des Wiedereintritts der Kapsel in die Erdatmosphäre standzuhalten und die Astronauten zu schützen. Anstrengungen, die letztendlich scheiterten. An einem bestimmten Punkt variierte ein intelligenter Mensch das Problem. Das wahre Problem bestand darin, die Astronauten zu schützen, und vielleicht konnte dies erreicht werden ohne ein Material, das dem Wiedereintritt standhalten konnte. Die Lösung, der ablative Hitzeschild, hatte Eigenschaften, die in mancher Hinsicht konträr zu der ursprünglich gesuchten Lösung waren. Statt der Hitze standzuhalten, brannte er langsam ab und leitete so die Hitze von der Raumkapsel weg.
119. Unmachbares machbar machen
Werfen Sie doch bitte einen Blick auf das folgende Diagramm.
Abbildung 75: Gesucht: Verbindung gleicher Buchstaben durch sich nicht überkreuzende Schnüre
Ihre Aufgabe besteht darin, jede der oberen 3 Kisten durch eine Schnur mit ihrem unteren Pendant zu verbinden, also A mit A, B mit B, C mit C, und zwar so, dass sich die Schnüre nicht überkreuzen. Diese Aufgabe wurde einmal von einer Softwarefirma den Bewerbern für eine ausgeschriebene Stelle vorgelegt, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Zuerst liegt der Akzent der Aufmerksamkeit auf der Frage, ob das Verlangte überhaupt machbar ist. Das Gefühl der Unmöglichkeit stellt sich nämlich sogleich ein. Doch man soll die Flinte nicht so schnell ins Korn werfen. Das Hauptproblem ist, dass die Kisten A und C «falsch» angeordnet sind. Also variieren wir das Problem und schieben die Kisten erst einmal ein bisschen herum, bis wir die gestellte Aufgabe lösen können. Bei ausreichend verbesserter Konstellation geht das ganz leicht. Etwa so:
Abbildung 76: Leichte Lösung bei Problemmodifikation
Jetzt muss man auf irgendeine gutartige Weise die Beziehung zum Ausgangsproblem wiederherstellen. Man kann das tun, indem man die Kisten A und C nacheinander in ihre Ausgangspositionen zurückschiebt, aber so, dass sich keine Überkreuzung der Schnüre dabei einstellt. Fangen wir einmal mit Kiste A an:
Abbildung 77: Zwischenstadium auf dem Weg zur Lösung
Gut, das hat geklappt. Spielten wir Schach, könnten wir jetzt ein einzügiges Matt des Problems ankündigen. Denn nur noch die Kiste C muss zurückgeschoben werden, und siehe da, das geht auch.
Abbildung 78: Lösung des Ausgangsproblems
Damit ist das Problem gelöst. Und überraschend einfach noch dazu!
120. Mathematische Einparkformel
Wer geübt ist, hat es im Blut. Ein bisschen kurbeln aus dem Handgelenk, ein bisschen zurück, ein bisschen vor, und schon ist man drin. Es geht um das Rückwärts-Einparken. Für Ungeübte ist es einer der schwierigsten Vorgänge in der Fahrschule. Doch auch dabei kann uns die Mathematik hilfreich sein. Der Mathematiker Norbert Herrmann von der Universität Hannover hat eine Formel für optimales Einparken
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