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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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Einparkhilfen. Manche modernen Bordcomputer analysieren mittlerweile auf Basis der Herrmann’schen Formel eigenständig, ob die Größe einer bestehenden Parklücke ausreichend ist, und berechnen dann den optimalen Winkel und den bestmöglichen Kurvenverlauf für eine s-förmige Bewegung in sie hinein.
    Auch hier gilt für die Mathematik: Gut, sie zu haben!
    Und zum Schluss dieser Miniatur noch ein Parkplatz-Stillleben.

    Abbildung 80: Pkw-Mikado. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Vorausgegangen war ein Hochwasser
121. Prognosen – stochastisch, praktisch, klug[ 5 ]
    In seiner Parabel Der Garten der sich gabelnden Wege befasst sich der Schriftsteller Jorge Luis Borges mit dem Verhältnis von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Vergangene ist in Fakten aufbewahrt, die Zukunft entwickelt sich als dynamischer Prozess, wobei von der Gegenwart – in welcher Weise auch immer – jeweils eine der logisch möglichen Verlaufsformen ausgewählt wird. Nach der modernen Quantenmechanik, die eine Wahrscheinlichkeitstheorie ist, hat das Universum auf fundamentaler Ebene zufallsbestimmten, also stochastischen Charakter.
    Der Prototyp eines Zufallsmechanismus ist der Münzwurf. Andererseits: Weiß man, mit welcher Geschwindigkeit die Münze geworfen wird, kennt man ihre Rotationsfrequenz, ihr Gewicht, die Windverhältnisse, kurz die gesamte Physik des Vorgangs, so ist der Ausgang Kopf oder Zahl festgelegt und eben nicht mehr zufällig. Aber ohne diese Informationen ist es nützlich, die unbekannten Einflüsse zu Zufallseinflüssen zusammenzufassen.
    Derselbe Ansatz kann auch bei anderen an sich determinierten Vorgängen sinnvoll sein, etwa bei Aktienkursen. Diese werden vom Prinzip Ursache (d.h. Transaktionen von Käufern und Verkäufern) und Wirkung (d.h. Kursänderungen aufgrund dieser Transaktionen) bestimmt. Konkret: Die Börsenmakler nehmen zunächst alle Kauf- und Verkaufswünsche entgegen und errechnen anschließend, bei welchem Kurs der größte Umsatz an Aktien zustande kommt. So entsteht aus den gegensätzlichen Interessen der Anbieter und der Nachfrager ein Marktpreis.
    Aktien steigen oder fallen natürlich nicht nach dem Zufallsprinzip, sondern aufgrund von Kauf- und Verkaufsentscheidungen der Marktakteure. Aber der Vorgang ist so sprunghaft unregelmäßig und voller Fluktuationen, dass man auf Aktienkurse die Gesetze des Zufallsgeschehens anwenden kann. So wie beim Münzwurf. Beim Börsengeschehen ist es die große Zahl einzelner Transaktionen, die sich zu fluktuierenden Zufallseinflüssen bündeln lassen. Dies bedeutet nicht, dass der Zufall an der Börse regiert, sondern nur, dass sich die Kurse so verhalten, als wenn dies der Fall wäre, und deshalb auf sie die Gesetze der Wahrscheinlichkeitstheorie angewendet werden können.
    Wie kann man bei dieser stochastischen Weltsicht Prognose betreiben?
    Die Basis einer jeden sinnvollen Prognose bilden relevante Fakten, oft in Form von Daten. Bei Aktienkursen ist der verfügbare Informationspool sehr reichhaltig. Abermillionen von Datenpunkten, Kurse im Sekundentakt für jeden Handelstag an jeder Börse über Jahrzehnte und einiges mehr stehen zur Verfügung. Wie kann man vorgehen, um daraus etwas über Aktienkurse zu prognostizieren?
    Meine Sicht der Kursdynamik einer Aktie ist ein Zufallsfraktal auf zufallsbehaftet variierender Zeitskala. Was ist damit gemeint? Fraktale sind Objekte, die einen hohen Grad von Selbstähnlichkeit aufweisen. Selbstähnlichkeit bedeutet dabei, dass Vergrößerungen von kleinen Teilen des Objekts in etwa so aussehen wie das Objekt selbst. Die russische Holzpuppe Matroschka ist dafür eine gute Veranschaulichung. Die äußere Puppe birgt viele kleine und ähnliche Puppen, die jeweils um einen konstanten Faktor geschrumpft sind.
    Bei Zufallsfraktalen liegt keine exakte, sondern eine statistische Selbstähnlichkeit vor. Die kleineren Teile der Struktur sind nur im statistischen Mittel den größeren ähnlich und variieren in ihrer Form um dieses Mittel. Man kann auch sagen: Vergrößerungen von kleineren Teilen haben dieselbe Zufallsverteilung wie die größeren.
    Bei Aktienkursen sind es die zur Modellbildung eingesetzten Zufallsdynamiken, welche die Eigenschaft der Selbstähnlichkeit besitzen. Sie lässt sich folgendermaßen plausibel machen:
    Aktienkursänderungen kann man über verschieden lange Zeitintervalle betrachten: von einem Tag auf den nächsten, über eine Woche, einen Monat hinweg usw. Da die Kursänderungen sich

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