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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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ergeben als gesamtheitliche Wirkung einer großen Zahl einzelner Transaktionen und sich unterschiedlich lange Intervalle nur durch die Anzahl der darin getätigten Transaktionen unterscheiden, kann man aus mathematischen Gründen die statistische Strukturähnlichkeit von Kursänderungen über unterschiedliche Zeitintervalle rechtfertigen.
    Das deckt sich mit dem gefühlten Wissen, dass alle Darstellungen des Kursverlaufes einer Aktie in gewisser Weise ähnlich aussehen. Bei vorgelegtem Diagramm ohne Beschriftung kann man aus der Kurve des Kursverlaufes allein nicht angeben, ob sie einen Tag, eine Woche oder einen Monat abdeckt.
    Ferner zeigt eine Inspektion realer Kursverläufe einen Wechsel zwischen Phasen starker und schwacher Fluktuation. Diese entsprechen oft Perioden stärkerer oder schwächerer Handelsintensität der Aktie. Um die Eigenschaft der Selbstähnlichkeit auch unter diesen Umständen mathematisch zu rechtfertigen, kann man die verstreichende Zeit je nach Handelsaktivität beschleunigen oder verzögern, und zwar in kontrollierter Weise gerade so, dass auf dieser modifizierten, variablen und selbst auch zufallsbeeinflussten Zeitskala die Fraktaleigenschaft erhalten bleibt. Gelingt dies für eine Aktie, kann der resultierende fraktale Zufallsprozess verwendet werden, um durch Vorausschau mit ihm Wahrscheinlichkeitsprognosen zu erstellen, etwa: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 % ist der morgige Schlusskurs im Vergleich zum heutigen zwischen x% und y% höher. Diese Art von Information ist nützlich für Banken und Investoren großer Geldvolumina, um risiko-optimierte Portfolios zu bilden, aber praktisch bedeutungslos für Normalaktionäre.
    Vorbildlich irren. Eine ganz ohne intellektuelle Anstrengung generierbare Prognose ist im Gegensatz dazu die Persistenzprognose: «Es bleibt alles, wie es ist.» Manchmal ist auch sie nicht schlecht. Beim Wettergeschehen beispielsweise – «Morgen wird’s so wie heute» – ist sie in Mitteleuropa zu 60–70 % zutreffend, während selbst die mit komplizierten mathematischen Modellen erstellten 24-h-Prognosen auch nur Sicherheiten von 80–90 % erreichen. Für Vorgänge, die Zufallsirrfahrten in Reinkultur sind, kann man sogar beweisen, dass keine noch so raffinierte Methode im langfristigen Mittel eine bessere Erfolgsbilanz aufweist als die Persistenzprognose. Wenn schon irren, dann bestmöglich, und das garantiert die Persistenzprognose angesichts des reinen Zufalls.
    Wie steht es bei Aktienkursen? Kurse sind keine reinen Zufallsirrfahrten, mit ihren Zacken nach oben und nach unten verhalten sie sich nicht so, als wären sie durch eine Serie von Münzwürfen ausgeworfen worden. Zwar so ähnlich, aber nicht ganz so. Vielmehr handelt es sich bei ihnen um Zufallsirrfahrten mit vertrackten geringfügigen Spurenelementen von Struktur. Durch Einsatz eines raffinierten stochastischen Apparates kann man die eigene langfristige prognostische Bilanz relativ zur Persistenzprognose – «Der Schlusskurs von morgen ist gleich dem Schlusskurs von heute» – geringfügig zu eigenen Gunsten verschieben. Damit müssen wir uns bescheiden.
Warte, warte nur ein Weilchen…
Alles, was erfunden werden kann, ist bereits erfunden.
Charles H. Duell, Leiter des US-amerikanischen Patentamtes, zur Begründung seines Rücktritts 1899 von diesem Amt
Würde Mister Duell diesen Satz heute immer noch wagen?

    1 Unter Verwendung von Informationen aus Gigerenzer (2003/04).
    2 Unter Verwendung von Informationen aus Pile (1986).
    3 In Anlehnung an Hesse (2003).
    4 Reproduziert aus Herrmann (2003).
    5 Am 20.3.2009 berichtete das Wissenschaftsmagazin nano (3sat) über die wissenschaftliche Arbeit des Autors zur Aktienkursdynamik. Der folgende Beitrag basiert teilweise auf dieser Sendung.

8. Menschen, Tiere, Sensationen
122. Schwarmintelligenz
    Unter dem Titel Wer wird Millionär? gibt es eine Quizshow im deutschen Fernsehen, die seit 1999 ausgestrahlt wird. Der Kandidat muss dabei zunehmend komplizierter werdende Multiple-Choice-Fragen beantworten. Der besondere Dreh der Show liegt darin, dass der Befragte auch Hilfe einholen kann, z.B. kann er mit einem von ihm vor der Sendung ausgewählten Experten telefonieren oder das Studiopublikum abstimmen lassen, das sein Votum sofort durch Tastendruck abgibt.
    Untersuchungen haben jetzt gezeigt, dass das Studiopublikum in 91 % der Fälle mehrheitlich die richtige Antwort gab und damit noch wesentlich nützlicher war als die telefonisch hinzugezogenen

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