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Warum Menschen töten: Eine Polizeipsychologin ermittelt (German Edition)

Warum Menschen töten: Eine Polizeipsychologin ermittelt (German Edition)

Titel: Warum Menschen töten: Eine Polizeipsychologin ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brockmann
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Fingerabdrücke des Verdächtigen. Beim letzten Telefonat konnten die Techniker den Anruf zum Britzer Garten in Berlin zurückverfolgen, wo die Spurensicherer Fingerabdrücke in der Telefonzelle fanden, die dem Conrad-Kunden gehören: Der Mann, den die Beamten und der Verkäufer im Geschäft gesehen haben, war wirklich Dagobert. Das soll sehr wichtig für uns werden.
    Unsere größte Hoffnung liegt weiterhin auf den Übergaben und auf den Telefonaten. Um den Aufwand geringer zu halten, verteilen sich die Beamten des MEK mittlerweile so über die Stadt, dass zu den Anrufzeiten binnen drei Minuten jede Telefonzelle erreicht werden kann. Bei jedem Anruf wird uns darum angezeigt, ob er aus dem digitalen Netz kommt. In diesem Fall sollen wir die Gespräche in die Länge ziehen. Themen, die auch für den Täter scheinbar wichtig sind, gibt es genug. Außerdem müssen wir so viele Telefonate wie möglich vereinbaren und dafür sorgen, dass Dagobert sich an feste Termine hält. Denn es braucht ein paar Tage Vorlauf, um die Überwachungen zu organisieren und Beamte aus anderen Bundesländern zur Unterstützung anzufordern.
    Der nächste Anruf kommt aus dem analogen Netz. Dagobert kündigt wieder eine Übergabe an – für den 26. Februar 1994.
    Auch für die Übergaben haben der Polizeiführer, die Leiter der MEK s und ich ein neues Konzept erarbeitet. Ein typisches menschliches Phänomen ist uns dabei behilflich. Menschen neigen zum Tunnelblick: Wenn sie einmal mit viel Akribie an einer Idee gearbeitet haben, halten sie an ihr fest. Ihr Blick wird enger, weil sie nicht wahrhaben wollen, dass ihr Aufwand sich nicht gelohnt hat. So wie Dagobert fast manisch an den Zugübergaben festhielt, kristallisierte sich auch bei den neuen Varianten ein deutliches Muster heraus: Er sucht ein Versteck, das ihm entweder eine große Entfernung zum Geschehen sichert, wie im Fall des Gleisfahrzeugs. Oder er schafft ein Hindernis, wie die Platten über dem Tunnelschacht oder die Tür hinter der Plakatwand. Und er arbeitet mit Täuschung und Verschleierung, wie schon zu Beginn mit der Zeitschaltuhr und später mit der Kiste.
    Die Beamten müssen also vor Ort Zeit gewinnen. Da Dagobert aber zugleich sehr schnell aus Angst abbricht, müssen ihm Verzögerungen plausibel erscheinen. Nur wie? Können wir dafür vielleicht sein großes Kontrollbedürfnis nutzen? Häufig hat er bei Übergaben sogar Mikrophone installiert, um wirklich alles mitzubekommen. Warum sollen wir dort draußen nicht etwas inszenieren, das unseren Täter eher beruhigt als alarmiert?
    Wir brauchen ein »Gesprächskonzept« für die Beamten vor Ort. Sie sollen sich beim Ablegen des Pakets laut wundern über den Übergabeort. Sich fragen, ob »das wirklich die richtige Stelle ist«. Das MEK soll außerdem eine Schauspielgruppe zusammenstellen: »Passanten«, die zufällig in die Übergabe hineinpoltern und den Boten davon abhalten, das Geld sofort abzulegen. All das wird uns Zeit verschaffen.
    Wir sind bereit.
    Dagobert ist es allem Anschein nach nicht. Er meldet sich erst eine Woche später, kündigt eine Übergabe für den 4. März an. Aber auch da warten wir vergeblich.
    Es ist zermürbend: Diese ganze Erpressung zieht sich nunmehr 21 Monate hin. Dazu die Häme der Medien, die den bombenden Erpresser teilweise als lustigen Till Eulenspiegel darstellen. Mittlerweile steht auf unserem Flipchart der Auftrag »Verschiebungen verhindern« ganz oben.
    Wir haben allerdings den Vorteil, dass wir im Team vorgehen und zwischen den Dagobert-Einsätzen immer wieder zu unseren anderen Aufgaben zurückkehren können. Der Täter ist hingegen permanent mit der Tat beschäftigt, das ist erschöpfend. Ich bin zuversichtlich, wir werden Dagobert fassen. Er könnte natürlich aufgeben und abtauchen. Aber das halte ich für unwahrscheinlich.
    Und so kommt es, wie es kommen muss.
    Er lässt uns über einen Monat warten, bis er per Brief einen weiteren Anruf ankündigt.
    Am 19. 4. 1994 um 20:19 Uhr klingelt der Apparat in unserem Telefonzimmer. An unserem Flipchart stehen die Ziele: »Kurzfristige Verschiebungen verhindern«, »Informationsgewinn«, »Übergabetermin akzeptieren«, »Zeitgewinn, wenn das Gespräch aus dem digitalen Bereich kommt«. Nur die letzte Nachricht wird wichtig sein.
    »Guten Abend, hier ist Onkel Dagobert. Eine Nachricht ist an der Telefonzelle Yorckstraße, Ecke Bülowstraße.« – »Ja, das erste habe ich nicht verstanden, Borgstraße?« – »Yorck … Ypsilon … Otto

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