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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Meinung der Herrscher in der Ming- und in der Qing-, sondern auch in der Song-Dynastie, obwohl diese technische Neuerungen förderte und gewisse kommerzielle Freiheiten zuließ, solange sie selbst die Kontrolle darüber ausübte. Die Situation verschlimmerte sich unter den Ming und den Qing, welche die staatliche Aufsicht über jegliche Wirtschaftstätigkeit verstärkten und den Überseehandel einstellten. Zwar bestanden Märkte und Handel auch im China der Ming und der Qing weiter, und sie besteuerten die Binnenwirtschaft recht milde, aber sie unterstützten keine Innovationen und zogen die politische Stabilität einem durch Handel und Industrie erzeugten Wohlstand vor.
    Die Folgen dieser absolutistischen Kontrolle waren absehbar: Die chinesische Wirtschaft stagnierte im 19. und frühen 20. Jahrhundert, während sich andere Staaten der Industrialisierung anschlossen. Als Mao 1949 sein kommunistisches Regime errichtete, war China zu einem der ärmsten Länder der Welt geworden.

Der Absolutismus des Priesterkönigs Johannes
    Der Absolutismus mit seinen politischen Institutionen und den von ihnen bewirkten Konsequenzen beschränkte sich nicht auf Europa und Asien. Er war auch in Afrika anzutreffen, zum Beispiel im Königreich Kongo, wie wir im zweiten Kapitel ausgeführt haben. Eine noch eindringlichere Illustration des afrikanischen Absolutismus bietet Äthiopien – oder Abessinien –, mit dessen Ursprüngen wir uns im sechsten Kapitel beschäftigt haben, als wir die Entstehung des Feudalismus nach dem Untergang von Axum behandelten. Der abessinische Absolutismus war noch dauerhafter als die europäischen Varianten, denn er hatte es mit ganz anderen Herausforderungen und kritischen Phasen zu tun.
    Nach der Bekehrung des axumitischen Königs Ezana zum Christentum hielten die Äthiopier an diesem Glauben fest, und im 14. Jahrhundert spann sich um sie der Mythos vom Priesterkönig Johannes. Johannes war ein christlicher König, der durch den Aufstieg des Islam im Nahen Osten von Europa abgeschnitten worden war. Anfangs glaubte man, sein Reich liege in Indien, was sich jedoch als Irrtum erwies, als man mehr über Indien in Erfahrung brachte. Dann wurde vermutet, der christliche König von Äthiopien sei mit Johannes identisch. Tatsächlich bemühten sich äthiopische Könige, mit europäischen Monarchen Bündnisse gegen arabische Überfälle zu schmieden. Mindestens seit dem Jahr 1300 schickten sie Delegationen nach Europa und konnten den portugiesischen König sogar dazu bewegen, ihnen mit Soldaten beizustehen.
    Diese Soldaten – neben Diplomaten, Jesuiten und Reisenden, die nach dem Priesterkönig Johannes suchten – hinterließen zahlreiche Schilderungen Äthiopiens. Einige der aus wirtschaftlicher Sicht interessantesten stammen von Francisco Álvares, einem Kaplan, der eine portugiesische Delegation begleitete und sich von 1520 bis 1527 in Äthiopien aufhielt. Außerdem gibt es Berichte des Jesuiten Manoel de Almeida, der sich seit 1624 in Äthiopien aufhielt, und des Reisenden John Bruce, der das Land zwischen 1768 und 1773 besuchte. Die Schriften dieser Männer enthalten eine anschauliche Darstellung der politischen und wirtschaftlichen Institutionen im damaligen Äthiopien und lassen keinen Zweifel daran, dass das Land ein perfektes Beispiel für den Absolutismus war. Man kannte keinerlei pluralistische Institutionen noch Kontrollen und Einschränkungen der Macht des Königs, der sein Recht zu herrschen auf seine angebliche Abstammung von dem legendären König Salomon und der Königin von Saba stützte.
    Der Absolutismus führte zu einer großen Unsicherheit der Eigentumsrechte. Bruce bemerkte beispielsweise:
    Das ganze Land gehört dem König. Er vergibt es nach Belieben und nimmt es zurück, wenn es ihm gefällt. Sobald er stirbt, steht der gesamte Grund und Boden im Königreich der Krone zur Verfügung. Damit nicht genug; wenn der gegenwärtige Besitzer stirbt, fällt sein Eigentum, so lange er es auch genutzt haben mag, an den König zurück und geht nicht auf den ältesten Sohn über.
    Álvares meinte, es würde viel mehr »an Feldfrüchte[n] und Ackerbau [geben], wenn die großen Männer das Volk nicht schlecht behandelten«. Seine Darstellung der Funktionsweise der Gesellschaft klingt schlüssig:
    Es ist üblich, dass der Herrscher den Landbesitz jedes Mannes alle zwei oder drei Jahre, zuweilen jedes Jahr und sogar häufig viele Male im Lauf eines einzigen Jahres austauscht, ändert oder an sich

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