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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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dekretiert, dass von den Feudal- wie Grundzinsrechten und -pflichten sowohl jene, die sich aus unveräußerlichem Besitz an Sachen und Menschen und aus persönlicher Leibeigenschaft herleiten, als auch jene, die an ihre Stelle getreten sind, entschädigungslos aufgehoben werden.
    Im neunten Artikel fuhr man fort:
    Die finanziellen, persönlichen und materiellen Privilegien in Gestalt von Subsidien werden für immer abgeschafft. Der Besteuerung sollen alle Bürger und alle Vermögen nach den gleichen Grundsätzen und in der gleichen Weise unterliegen. Es werden Maßnahmen getroffen werden, um eine gerechte Verteilung sämtlicher Steuerlasten bereits für die zweite Hälfte des laufenden Steuerjahres durchzuführen.
    Damit hatte die Französische Revolution mit einem Schlag das Feudalsystem sowie die mit ihm zusammenhängenden Verpflichtungen und die Steuerbefreiung des Adels und des Klerus abgeschafft. Doch am vielleicht radikalsten war der damals kaum denkbare elfte Artikel:
    Alle Bürger sollen, ohne Unterschied ihrer Geburt, freien Zugang zu allen kirchlichen, zivilen und militärischen Ämtern und Würden haben …
    Nun bestand also für alle Gleichheit vor dem Gesetz, nicht nur im täglichen Leben und in der Geschäftswelt, sondern auch in der Politik. Die Reformen setzten sich nach dem 4. August fort. Man beseitigte die Befugnis der Kirche, Sondersteuern zu erheben, und machte die Geistlichen zu Angestellten des Staates. Neben der starren politischen und gesellschaftlichen Rollenverteilung verschwanden auch wichtige ökonomische Barrieren. Die Zünfte und alle beruflichen Einschränkungen wurden abgeschafft, wodurch in den Städten fairere Wettbewerbsbedingungen entstanden.
    Diese Reformen waren der erste Schritt zur Beendigung der absolutistischen französischen Monarchie. Der Erklärung vom 4. August folgten mehrere Jahrzehnte der Instabilität und des Krieges. Aber es war eine unumkehrbare Maßnahme fort vom Absolutismus und von extraktiven Institutionen vollzogen worden. Andere wirtschaftliche und politische Reformen sollten sich anschließen und 1870 ihren Höhepunkt in der Dritten Republik finden, die Frankreich ein ähnliches parlamentarisches System wie das englische bescheren würde. Die Französische Revolution führte zu Gewalt, Leid, Instabilität und Krieg, doch andererseits ist es ihr zu verdanken, dass die Franzosen nicht mit extraktiven Institutionen leben mussten, die Wachstum und Wohlstand blockierten, wie es unter den absolutistischen Regimen Osteuropas, etwa in Österreich-Ungarn und Russland, der Fall war.
    Wie geriet die absolutistische französische Monarchie an den Abgrund der Revolution von 1789? Schließlich wissen wir, dass viele absolutistische Regime fähig waren, trotz wirtschaftlicher Stagnation und sozialer Umwälzungen recht lange zu überleben. Wie oft im Fall von radikalen Veränderungen wirkten mehrere Faktoren zusammen, die den Weg zur Französischen Revolution bahnten. Sie waren eng mit der Tatsache verknüpft, dass Großbritannien sich rasch industrialisierte. Und natürlich wurde der Weg wie immer von Zufällen und Unwägbarkeiten bestimmt, da viele Versuche der Monarchie, das System zu stabilisieren, fehlschlugen und die Revolution erfolgreicher zum Wandel der Institutionen in Frankreich und anderswo in Europa beitrug, als man es sich 1789 hätte vorstellen können.
    Zahlreiche Gesetze und Privilegien in Frankreich waren aus dem Mittelalter überkommen. Sie verschafften dem Ersten und Zweiten Stand nicht nur Vorteile gegenüber der Bevölkerungsmehrheit, sondern auch Privilegien gegenüber der Krone. Ludwig XIV., der Sonnenkönig, beherrschte Frankreich vierundfünfzig Jahre lang – von 1661 bis zu seinem Tod im Jahr 1715 –, obwohl er den Thron schon 1643, mit fünf Jahren, bestieg. Er konsolidierte die Macht der Monarchie, indem er Maßnahmen zur Verstärkung des Absolutismus einleitete, dessen Entwicklung Jahrhunderte zuvor begonnen hatte. Viele Monarchen ließen sich häufig von der sogenannten Notabelnversammlung beraten, die aus wichtigen, vom König ausgewählten Adligen bestand. Obwohl die Versammlung vornehmlich konsultative Zwecke hatte, konnte sie eine gewisse Kontrolle über die Macht des Monarchen ausüben. Aus ebendiesem Grund berief Ludwig XIV. die Versammlung während seiner Herrschaft nicht ein.
    Immerhin erzielte Frankreich unter seiner Regierung ein gewisses Wirtschaftswachstum, zum Beispiel durch Teilnahme am Atlantik- und Kolonialhandel.

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