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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Edelmetall- und Antiquitätenhändler der Stadt emporgearbeitet. Doch wie alle Frankfurter Juden konnte er kein Geschäft außerhalb des Ghettos eröffnen und auch nicht anderswo wohnen.
    All das sollte sich bald ändern. Im Jahr 1791 verlieh die Französische Nationalversammlung den Juden des Landes die Gleichberechtigung. Französische Heere hatten das Rheinland besetzt und verhalfen den Juden im westlichen Deutschland zur Emanzipation. In Frankfurt kam es daraufhin zu abrupteren und vielleicht nicht ganz beabsichtigten Folgen. Im Jahr 1796 beschossen die Franzosen Frankfurt und zerstörten dabei die Hälfte der Judengasse. Ungefähr zweitausend Juden wurden obdachlos und mussten außerhalb des Ghettos untergebracht werden. Dazu gehörten auch die Rothschilds. Befreit von den zahllosen Verordnungen des Ghettos, die ihnen jegliches Unternehmertum außerhalb seiner Mauern untersagt hatten, konnten sie nun neue geschäftliche Möglichkeiten ergreifen. Zum Beispiel erhielten sie einen Vertrag zur Belieferung des österreichischen Heeres mit Getreide.
    Am Ende des Jahrzehnts war Rothschild einer der reichsten Juden in Frankfurt und bereits ein etablierter Geschäftsmann. Die volle Gleichberechtigung ließ jedoch noch bis 1811 auf sich warten; sie wurde schließlich durch Karl von Dalberg realisiert, den Napoleon 1806 nach der Schaffung des Rheinbundes zum Großherzog von Frankfurt ernannt hatte. Mayer Amschel erklärte seinem Sohn: »Nun bist du ein Bürger.«
    Durch solche Ereignisse endete der Kampf der Juden um Gleichberechtigung jedoch noch nicht, denn es kam immer wieder zu Rückschlägen, besonders auf dem Wiener Kongress von 1815, auf dem die politischen Verhältnisse in Europa nach Napoleons Niederlage geregelt wurden. Zumindest brauchten die Rothschilds nie wieder ins Ghetto zurückzukehren. Bald sollte Mayer Amschel Rothschild und seinen Söhnen die größte Bank im Europa des 19. Jahrhunderts – mit Niederlassungen in Frankfurt, London, Paris, Neapel und Wien – gehören.
    Als die französischen Revolutionsheere unter Napoleon in große Teile Kontinentaleuropas einmarschierten, fanden sie fast überall aus dem Mittelalter überkommene Institutionen vor, die Könige, Fürsten und andere Adlige stärkten und den Handel sowohl in den Städten als auch auf dem Lande einschränkten. Leibeigenschaft und Feudalismus spielten dort eine noch viel wichtigere Rolle als in Frankreich. In Osteuropa, darunter auch in Teilen Preußens und Österreich-Ungarns, besaßen Leibeigene keinerlei Bewegungsfreiheit. Im Westen existierte dieses strikte System bereits nicht mehr, doch die Bauern schuldeten ihren Feudalherren etliche Gebühren, Steuern und Arbeitsverpflichtungen. Im Herzogtum Nassau-Usingen zum Beispiel mussten Bauern 230 verschiedenen Zahlungen, Abgaben und Dienstleistungen nachkommen. Nach der Schlachtung eines Tieres entrichteten sie den Blutzehnten; außerdem gab es einen Bienen- und einen Wachszehnten. Wurde ein Grundstück gekauft oder verkauft, erhielt der Feudalherr eine Gebühr. Auch die Zünfte, die in den Städten alle möglichen Wirtschaftstätigkeiten reglementierten, waren in diesen Gegenden zumeist stärker als in Frankreich. In Köln und Aachen beispielsweise wurde die Verwendung von Spinn- und Webmaschinen durch Zünfte blockiert. Viele Städte, von Bern bis Florenz, befanden sich unter der Kontrolle weniger Familien.
    Die Führer der Französischen Revolution und später Napoleon exportierten die neue Ideen in jene Länder. Sie beseitigten den Absolutismus und die feudalen Besitzverhältnisse, schafften Zünfte ab und stellten die Gleichheit vor dem Gesetz her (auf dieses entscheidende Prinzip der Rechtsstaatlichkeit werden wir im folgenden Kapitel noch ausführlicher eingehen). Damit bereitete die Französische Revolution nicht nur in Frankreich, sondern auch in großen Teilen des übrigen Europa den Boden für inklusive Institutionen und das sich anschließende Wirtschaftswachstum.

Karte 17: Napoleons Reich   
    Wie bereits angedeutet, sammelten sich mehrere europäische Mächte, die über die Geschehnisse in Frankreich beunruhigt waren, 1792 um Österreich und griffen Frankreich an, um die Revolution niederzuschlagen. Sie erwarteten, dass die provisorischen Heere ihres Gegners bald zusammenbrechen würden. Aber nach einigen frühen Niederlagen erwiesen sich die Armeen der neuen Französischen Republik in einem anfänglich defensiven Krieg als siegreich. Erhebliche Organisationsprobleme

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