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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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seit zwei Jahren bestehenden Errungenschaften der Revolution auf den Straßen bedroht sah, schritt die Radikalisierung fort. Die Verfassunggebende Nationalversammlung verabschiedete die endgültige Version der Verfassung am 29. September 1791, und Frankreich wurde zu einer konstitutionellen Monarchie. Damit herrschte die allgemeine Gleichheit vor dem Gesetz, es gab keine Feudalpflichten und -abgaben mehr, und alle von den Zünften verhängten Handelsbeschränkungen fanden ein Ende. Frankreich war immer noch eine Monarchie, doch der König spielte nun eine Nebenrolle und genoss nicht einmal mehr die Freiheit.
    Dann jedoch wurde die Dynamik der Revolution unwiderruflich durch den Krieg geändert, der 1792 zwischen Frankreich und der »Ersten Koalition« unter Führung Österreichs ausbrach. Nun verstärkte sich die Entschlossenheit der Revolutionäre und der Massen (die es sich nicht leisten konnten, Kniebundhosen, den damals modischen Hosentyp, zu tragen und deshalb Sansculotten, »ohne Kniebundhosen«, genannt wurden). Das Ergebnis war die Terrorherrschaft unter der von Robespierre und Saint-Just geführten Jakobinerfraktion. Der Terror begann mit der Hinrichtung von Ludwig XVI. und Marie Antoinette, und im weiteren Verlauf wurden nicht nur zahlreiche Aristokraten und Konterrevolutionäre, sondern auch mehrere bedeutende Vertreter der Revolution exekutiert, darunter die ehemaligen Volksführer Brissot, Danton und Desmoulins.
    Aber der Terror geriet außer Kontrolle und endete im Juli 1794 mit der Hinrichtung seiner eigenen Führer, darunter auch Robespierre und Saint-Just. Es folgte eine Phase relativer Stabilität, zuerst unter dem recht ineffektiven Direktorium zwischen 1795 und 1799 und dann unter einem Konsulat aus drei Männern – Ducos, Sieyès und Napoleon Bonaparte –, die eine konzentriertere Macht besaßen. Der junge General Napoleon Bonaparte war durch seine militärischen Erfolge berühmt geworden, und sein Einfluss sollte nach 1799 weiter wachsen. Bald wurde das Konsulat zu Napoleons persönlichem Herrschaftsorgan.
    In den Jahren zwischen 1799 und 1815, dem Ende von Napoleons Herrschaft, konnte Frankreich eine Reihe großer militärischer Siege – etwa bei Austerlitz, Jena und Auerstedt sowie bei Wagram – feiern, durch die Kontinentaleuropa in die Knie gezwungen wurde. Sie gestatteten Napoleon, einem ausgedehnten Territorium seinen Willen, seine Reformen und seine Rechtsordnung aufzuzwingen. Der Sturz Napoleons nach seiner endgültigen Niederlage im Jahr 1815 sollte zu Einsparungen, reduzierten politischen Rechten und der Wiederherstellung der französischen Monarchie unter Ludwig XVII. führen. All das konnte die Entstehung inklusiver politischer Institutionen jedoch nur vorübergehend verlangsamen.
    Die durch die Revolution von 1789 freigesetzten Kräfte machten dem französischen Absolutismus ein Ende und ließen ein inklusives System unvermeidlich werden. Dadurch sollten Frankreich und jene Teile Europas, in die man die Reformen exportiert hatte, an der Industrialisierung teilnehmen, die im 19. Jahrhundert bereits im Gang war.

Export der Revolution
    Kurz vor der Französischen Revolution wurden den Juden überall in Europa strenge Beschränkungen auferlegt. In Frankfurt zum Beispiel reglementierte man ihr Leben anhand einer mittelalterlichen Gesetzgebung. Die Stadt nahm höchstens noch fünfhundert jüdische Familien auf, die sämtlich in der kleinen, von Mauern umschlossenen Judengasse wohnen mussten. Sonntags oder während des Weihnachtsfests durften sie das Ghetto abends nicht verlassen.
    Die unglaublich beengte Judengasse war kaum mehr als drei Meter breit und etwa 330 Meter lang. Die Juden sahen sich ständigen Repressionen und immer neuen Verfügungen unterworfen. Alljährlich durften höchstens zwei zusätzliche Familien ins Ghetto aufgenommen werden, und höchstens zwölf jüdische Paare durften die Ehe schließen, allerdings nur dann, wenn beide Partner über fünfundzwanzig Jahre alt waren. Juden war es verboten, Ackerbau zu treiben oder mit Waffen, Gewürzen, Wein oder Getreide zu handeln. Bis 1726 mussten sie sich durch zwei konzentrische gelbe Ringe für Männer und einen gestreiften Schleier für Frauen kenntlich machen. Alle Juden hatten zudem eine spezielle Kopfsteuer zu entrichten.
    Bei Ausbruch der Französischen Revolution wohnte der junge Mayer Amschel Rothschild in der Frankfurter Judengasse. In den frühen 1780er Jahren hatte Rothschild sich zum führenden Münz-,

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