Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
Vom Netzwerk:
schöpferischer Zerstörung verbunden ist. Die chinesischen Wirtschaftsinstitutionen sind unzweifelhaft inklusiver als jene der Sowjetunion, doch die politischen Institutionen Chinas bleiben extraktiv. Die Kommunistische Partei ist allmächtig und kontrolliert den gesamten Staatsapparat, die Streitkräfte, die Medien und große Teile der Wirtschaft. Das chinesische Volk hat so gut wie keine politischen Freiheiten und nimmt kaum am politischen Prozess teil.
    Viele haben lange geglaubt, dass das Wachstum in China zur Demokratisierung und zu mehr Pluralismus überleiten würde. 1989 hoffte manch einer, dass die Demonstrationen auf dem Tiananmen-Platz zu einer Öffnung und vielleicht sogar zum Zusammenbruch des kommunistischen Regimes führen könnten. Aber die Machthaber setzten gegen die Demonstranten Panzer ein, und nicht eine friedliche Revolution, sondern ein Massaker ist in die Geschichtsbücher eingegangen. Die politischen Institutionen in China wurden im Anschluss an Tiananmen in vielerlei Hinsicht noch extraktiver. Reformer wie Zhao Ziyang, der die Studenten als Generalsekretär der Kommunistischen Partei unterstützt hatte, wurden aus ihrem Amt entfernt, und die Partei schränkte die Bürgerrechte und die Pressefreiheit noch entschiedener ein. Zhao Ziyang stand über fünfzehn Jahre unter Hausarrest, und man ließ ihn allmählich aus den Dokumenten verschwinden, damit er den Anhängern des politischen Wandels nicht als Identifikationsfigur dienen konnte.
    Heute ist die Kontrolle der Partei über die Medien, das Internet eingeschlossen, beispiellos. Dafür ist großenteils die Selbstzensur verantwortlich. Bei den Medienunternehmen weiß man, dass man Zhao Ziyang oder Liu Xiaobo – den Regierungskritiker, der eine größere Demokratisierung forderte und trotz der Verleihung des Friedensnobelpreises an ihn noch immer im Gefängnis sitzt – nicht erwähnen darf. Die Selbstzensur wird durch ein Art orwellschen Apparat gefördert, der Gespräche und Mitteilungen überwachen, Websites und Zeitungen schließen und den Zugang zu Nachrichtenartikeln im Internet selektiv blockieren kann. All das war zu beobachten, als 2009 Korruptionsvorwürfe gegen den Sohn des seit 2002 amtierenden Generalsekretärs Hu Jintao erhoben wurden. Der Parteiapparat trat sofort in Aktion und hinderte nicht nur die chinesischen Medien daran, über den Fall zu berichten, sondern schaffte es auch, den Internetzugang zu entsprechenden Artikeln auf den Websites der New York Times und der Financial Times von China aus zu blockieren.
    Durch die Parteikontrolle über die Wirtschaftsinstitutionen ist die schöpferische Zerstörung stark beschnitten, woran sich nichts ändern wird, solange eine radikale Reform der politischen Institutionen ausbleibt. Genau wie in der Sowjetunion wird das chinesische Wachstum unter extraktiven politischen Institutionen durch den hohen Nachholbedarf vorangetrieben. Das Pro-Kopf-Einkommen in China macht immer noch einen Bruchteil dessen der Vereinigten Staaten und Westeuropas aus. Allerdings ist das chinesische Wachstum erheblich stärker diversifiziert, als es in der Sowjetunion der Fall war. Es stützt sich nicht nur auf die Rüstung und die Schwerindustrie, und die chinesischen Unternehmer legen viel Einfallsreichtum an den Tag. Gleichwohl wird dieses Wachstum im Sande verlaufen, wenn die extraktiven nicht von inklusiven politischen Institutionen abgelöst werden, so wie es in all den anderen ähnlich gelagerten Fällen geschehen ist.
    Die Entwicklung Chinas wirft mehrere interessante Fragen nach der Zukunft der chinesischen Wirtschaft und, was wichtiger ist, nach der Wünschbarkeit und Lebensfähigkeit von autoritärem Wachstum auf. Diese Art von Wachstum wird inzwischen gern als Alternative zum »Washingtoner Konsens« genannt, der die Bedeutung des Marktes, die Liberalisierung des Handels und gewisse institutionelle Reformen für die Ankurbelung des wirtschaftlichen Wachstums in vielen weniger entwickelten Teilen der Welt betont. Während das autoritäre Wachstum einen Teil seines Reizes aus der Reaktion auf den Washingtoner Konsens bezieht, liegt sein besonderer Charme für die Herrscher über die extraktiven Institutionen darin, dass es ihnen ermöglicht, ihre Macht zu behalten und sie sogar noch zu verstärken, und darin, dass es ihre Ausbeutung legitimiert.
    Wie unsere Theorie aufzeigt, ist ein derartiges Wachstum besonders in Gesellschaften, die einen gewissen Grad an staatlicher Zentralisierung erreicht

Weitere Kostenlose Bücher