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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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sogar, dass ein Land, wenn es nur genug McDonald’s-Restaurants habe, bald auch über demokratische Institutionen verfügen werde.
    All das weckt optimistische Erwartungen. In den letzten sechzig Jahren haben die meisten Länder, darunter viele mit extraktiven Institutionen, durch einen merklichen Anstieg des Ausbildungsniveaus ihrer Arbeitskräfte ein gewisses Wachstum erlebt. Da sich Einkommen und Qualifikationen dort verbesserten, müssten also alle anderen guten Dinge – etwa Demokratie, Menschenrechte, bürgerliche Freiheiten und gesicherte Eigentumsrechte – zwangsläufig folgen.
    Die Modernisierungstheorie hat eine breite Anhängerschaft sowohl innerhalb als auch außerhalb der akademischen Welt. Beispielsweise ist das Verhalten der USA gegenüber China von ihr geprägt worden. George H. W. Bush fasste die amerikanische Einschätzung einer Demokratisierung Chinas so zusammen: »Wenn wir ausgiebig Handel mit China treiben, ist die Zeit auf unserer Seite.« Laut der Modernisierungstheorie wächst China durch den uneingeschränkten Handel mit dem Westen, was zur Demokratisierung und zu besseren Institutionen führen müsse. Doch der rasche Anstieg des amerikanisch-chinesischen Handels seit Mitte der 1980er Jahre hat wenig für die chinesische Demokratisierung bewirkt, und die noch engere Integration, mit der im kommenden Jahrzehnt zu rechnen ist, wird genauso wenig ausrichten.
    Die Ansichten zahlreicher Modernisierungstheoretiker über die Zukunft der irakischen Gesellschaft und der Demokratisierung nach dem Einmarsch der Westkräfte unter Leitung der USA waren optimistisch. Trotz der katastrophalen Wirtschaftsleistung unter Saddam Husseins Regime war der Irak im Jahr 2002 nicht so arm wie viele subsaharische Staaten, und er besaß eine relativ gut ausgebildete Bevölkerung. Deshalb galt er als hervorragender Nährboden für die Entwicklung der Demokratie und der Bürgerfreiheiten und vielleicht sogar für eine Form des Pluralismus. Diese Hoffnungen wurden rasch zunichtegemacht, als nach dem Einmarsch Chaos und Bürgerkrieg über den Irak hereinbrachen.
    Die Modernisierungstheorie ist sowohl unzutreffend als auch wenig hilfreich für eine Auseinandersetzung mit den bedeutenden Problemen extraktiver Institutionen in scheiternden Staaten. Das am stärksten für die Theorie sprechende Indiz besteht darin, dass es die reichen Staaten sind, die demokratische Regierungen aufweisen, die Bürger- und Menschenrechte respektieren sowie über funktionierende Märkte und generell über inklusive Wirtschaftsinstitutionen verfügen. Doch wer diese Verknüpfung als Beleg für die Gültigkeit der Modernisierungstheorie betrachtet, ignoriert den entscheidenden Effekt inklusiver wirtschaftlicher und politischer Institutionen für das ökonomische Wachstum. Wie wir im vorliegenden Buch immer wieder betont haben, sind es die Gesellschaften mit inklusiven Institutionen, die in den vergangenen dreihundert Jahren gewachsen und inzwischen relativ reich geworden sind.
    Noch deutlicher wird dies, wenn wir die Fakten aus einer etwas anderen Perspektive betrachten: Während die Staaten, die in den letzten Jahrhunderten inklusive wirtschaftliche und politische Institutionen aufgebaut haben, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum verzeichnen, sind autoritäre Regime, die in den vergangenen sechzig oder hundert Jahren zügiger gewachsen sind, im Widerspruch zu Lipsets Modernisierungstheorie nicht demokratischer geworden. Und das sollte nicht überraschen. Wachstum unter extraktiven Institutionen ist ebendeshalb möglich, weil es nicht automatisch zum Untergang jener Institutionen führt. Im Gegenteil, es kommt häufig zustande, weil die Lenker der extraktiven Institutionen Wirtschaftswachstum nicht als Bedrohung, sondern als Stütze ihres Regimes ansehen, wie es bei der Kommunistischen Partei Chinas seit den 1980er Jahren der Fall ist. Es überrascht auch nicht, dass Wachstum, das durch den Wertanstieg der Bodenschätze eines Staates geschaffen wird, wie in Gabun, Russland, Saudi-Arabien oder Venezuela, nicht zu einer fundamentalen Umwandlung der autoritären Regime in Richtung inklusiver Institutionen führt.
    Der historische Befund fällt sogar noch ungünstiger für die Modernisierungstheorie aus. Etliche relativ wohlhabende Staaten sind repressiven Diktaturen und extraktiven Institutionen zum Opfer gefallen. Sowohl Deutschland als auch Japan gehörten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den reichsten und am stärksten

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