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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Teilen Europas eingeleitet wurden.
    Es gibt viele Parallelen zwischen den historischen Prozessen des Empowerment und den Ereignissen in Brasilien Anfang der 1970er Jahre. Obwohl die Gewerkschaftsbewegung der Nährboden der Arbeiterpartei war, versuchten führende Persönlichkeiten wie Lula – zusammen mit vielen Intellektuellen und Oppositionspolitikern, welche die Partei unterstützten – von Anfang an, sie zu einer breiten Koalition zu machen. Dieser Impuls wurde von lokalen Gesellschaftsbewegungen überall im Land aufgegriffen, während die Partei Kommunalverwaltungen übernahm, was Bürgerbeteiligungen förderte und eine Art Regierungsrevolution auslöste.
    Im Unterschied zu England im 17. Jahrhundert oder zu Frankreich am Ende des 18. Jahrhunderts kam es in Brasilien zu keiner radikalen Revolution, die mit einem Schlag zur Umgestaltung der politischen Institutionen führte. Aber das Empowerment, das in den Fabriken von São Bernardo begann, war teils deshalb wirksam, weil es einen fundamentalen politischen Wandel auf nationaler Ebene verursachte, beispielsweise den Übergang von der Militärherrschaft zur Demokratie. Vor allem jedoch sorgte das Empowerment an der Basis dafür, dass der Wechsel zur Demokratie mit Schritten in Richtung inklusiver politischer Institutionen verbunden war. Dadurch war es ein Schlüsselfaktor für die Herausbildung einer Regierung, die sich für öffentliche Dienstleistungen, den Ausbau der Bildung und echte Chancengleichheit engagierte.
    Wie ausgeführt, kann Demokratie keinen Pluralismus garantieren. In diesem Zusammenhang ist der Kontrast zwischen der Entwicklung pluralistischer Institutionen in Brasilien und den Ereignissen in Venezuela aufschlussreich. Auch Venezuela vollzog nach 1958 den Wechsel zur Demokratie. Doch dabei kam es zu keinem Empowerment an der Basis und zu keiner pluralistischen Verteilung der politischen Macht. Stattdessen blieben die korrupte Politik, die Vetternwirtschaft und die Konflikte in Venezuela bestehen, was zur Folge hatte, dass viele Wähler sogar bereit waren, einem potentiellen Despoten wie Hugo Chávez ihre Stimme zu geben – höchstwahrscheinlich, weil sie meinten, nur er könne den etablierten Eliten von Venezuela die Stirn bieten. Dadurch schmachtet Venezuela immer noch unter einem extraktiven System, während man in Brasilien mit den Traditionen brach.

    Was kann unternommen werden, um den Prozess des Empowerment und damit die Entwicklung inklusiver politischer Institutionen in Gang zu bringen oder wenigstens zu ermöglichen? Die ehrliche Antwort lautet natürlich, dass es kein Rezept für den Aufbau solcher Institutionen gibt. Gewiss, einige offensichtliche Faktoren können das Empowerment begünstigen. Dazu gehören eine mehr oder weniger zentralisierte Ordnung, damit Gesellschaftsbewegungen, die bestehende Regime herausfordern, nicht sofort in Rechtlosigkeit abgleiten; einige bereits bestehende politische Institutionen, die ein Minimum an Pluralismus unterstützen, so wie die traditionellen politischen Organe in Botswana, damit sich breite Koalitionen bilden und fortdauern können; und die Existenz zivilgesellschaftlicher Institutionen, welche die Forderungen der Bevölkerung koordinieren, damit Oppositionsbewegungen nicht von den herrschenden Eliten mühelos zerschlagen oder zu einem Instrument gemacht werden, durch das eine andere Gruppe die Kontrolle über die bestehenden extraktiven Institutionen übernimmt. Aber viele dieser Faktoren sind historisch bedingt und ändern sich nur langsam. Das brasilianische Beispiel macht deutlich, dass zivilgesellschaftliche Institutionen und mit ihnen verbundene Parteien von unten aufgebaut werden können, doch wie ein derart langwieriges Verfahren unter anderen Bedingungen erfolgreich sein kann, ist schwer zu ermessen.
    Ein weiteres Element kann eine zentrale Rolle für das Empowerment spielen: die Medien. Das Empowerment der gesamten Gesellschaft ist schwer zu koordinieren und aufrechtzuerhalten, wenn keine umfassenden Informationen darüber vorliegen, ob die Machthaber wirtschaftliche und politische Missbräuche begehen. Im elften Kapitel haben wir am Beispiel Amerikas geschildert, wie die Medien die Öffentlichkeit unterrichtet und ihre Forderungen gegen die Kräfte aufeinander abgestimmt haben, welche die inklusiven Institutionen in den Vereinigten Staaten untergruben. Außerdem können die Medien das Empowerment breiter Gesellschaftsschichten in dauerhafte politische Reformen umleiten, wie

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