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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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auch die Tatsache, dass die Bürger bei Wahlen ihre Stimme abgeben und einen gewissen Einfluss auf die politische Richtung ihres Landes nehmen können.
    Die große Weltungleichheit liegt für jeden auf der Hand, sogar für die Menschen in den armen Ländern, obwohl viele von ihnen keinen Zugang zum Fernsehen oder zum Internet haben. Die Wahrnehmung und die Realität der Unterschiede treibt Menschen dazu, den Rio Grande oder das Mittelmeer illegal zu überqueren, damit sie sich ebenfalls den Lebensstandard und die Möglichkeiten der reichen Länder sichern können. Die bestehende Ungleichheit hat allerdings nicht nur für das Leben der Individuen in den armen Ländern Folgen, sondern sie erzeugt auch Verbitterung und Wut, die gewichtige politische Konsequenzen in den Vereinigten Staaten und anderswo haben. Zu verstehen, warum solche Unterschiede existieren und was sie hervorbringt, ist das Hauptanliegen dieses Buches. Ein derartiges Verständnis ist kein Selbstzweck, sondern ein erster Schritt auf dem Weg zur Entwicklung tauglicherer Ideen, wie man das Leben von Milliarden, die noch in Armut leben, verbessern kann.
    Die Disparitäten auf den beiden Seiten des Zaunes in Nogales sind lediglich ein kleiner Teil des Ganzen. Wie die Bürger des übrigen Nordmexiko, das vom Handel mit den Vereinigten Staaten profitiert, wenngleich er nicht gänzlich legal ist, sind die Bewohner von Nogales wohlhabender als andere Mexikaner, deren durchschnittliches Jahreshaushaltseinkommen bei rund 5000 Dollar liegt. Der höhere relative Wohlstand von Nogales, Sonora, verdankt sich den Maquiladoras, das heißt Montagebetrieben in Gewerbeparks. Der Pionier auf diesem Gebiet war Richard Campbell jun., ein kalifornischer Korbhersteller. Der erste Pächter war Coin-Art, eine Musikinstrumentefirma, die Richard Bosse, dem Eigner der Artley Flute and Saxophone Company in Nogales, Arizona, gehörte. Coin-Art folgten Memorex (Computerkabel), Avent (Krankenhausbekleidung), Grant (Sonnenbrillen), Chamberlain (ein Hersteller von Garagentüröffnern für Sears) und Samsonite (Koffer). Interessanterweise handelt es sich ausschließlich um in den USA angesiedelte Unternehmen und Geschäftsleute mit amerikanischem Kapital und Know-how. Der gegenüber dem übrigen Mexiko relativ größere Wohlstand von Nogales, Sonora, stammt also von außen.
    Die Unterschiede zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko sind jedoch gering, wenn man sie mit jenen auf dem gesamten Globus vergleicht. Der Durchschnittsbürger der USA ist siebenmal vermögender als der durchschnittliche Mexikaner und mehr als zehnmal so wohlhabend wie ein Einwohner von Peru oder Zentralamerika. Aber er ist ungefähr zwanzigmal reicher als der Durchschnittsbewohner des südsaharischen Afrika und fast vierzigmal begüterter als Menschen, die in den ärmsten afrikanischen Ländern wie Mali, Äthiopien und Sierra Leone wohnen. Und es geht nicht nur um die Vereinigten Staaten. Vielmehr gibt es eine kleine, doch wachsende Gruppe reicher Länder – hauptsächlich in Europa und Nordamerika, dazu Australien, Japan, Neuseeland, Singapur, Südkorea und Taiwan –, deren Bürger ein ganz anderes Leben führen als die Bewohner der restlichen Erde.
    Der Grund dafür, dass Nogales, Arizona, viel reicher ist als Nogales, Sonora, ist kein Geheimnis: Die sehr unterschiedlichen Institutionen zu beiden Seiten der Grenze schaffen sehr unterschiedliche Anreize und Möglichkeiten für die Einwohner von Nogales, Arizona, einerseits und die von Nogales, Sonora, andererseits. Und die Vereinigten Staaten sind heutzutage viel reicher als etwa Mexiko oder Peru, weil ihre wirtschaftlichen und politischen Institutionen die Anreize für Unternehmen, Individuen und Politiker auf eine besondere Weise gestalten.
    Jede Gesellschaft funktioniert auf der Basis einer Reihe wirtschaftlicher und politischer Regeln, die kollektiv durch den Staat und die Bürger geschaffen und durchgesetzt werden. Wirtschaftsinstitutionen formen die ökonomischen Stimuli, indem sie es beispielsweise als erstrebenswert erscheinen lassen, eine Ausbildung zu absolvieren, zu sparen und zu investieren, Neuerungen vorzunehmen, fortschrittliche Techniken einzuführen und so weiter. Der politische Prozess bestimmt, unter welchen Wirtschaftsinstitutionen die Menschen leben, und die politischen Institutionen sind dafür maßgeblich, wie sich dieser Prozess abspielt. Zum Beispiel gestalten die politischen Institutionen eines Staates die Möglichkeit der

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