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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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dies öffentlich zu äußern, behaupten viele immer noch, Afrikaner seien arm, weil ihnen ein gutes Arbeitsethos fehle, weil sie noch an Hexerei und Zauberei glaubten oder weil sie sich neuen westlichen Technologien widersetzten. Genauso ist manch einer der Meinung, dass Lateinamerika nie wohlhabend werden könne, weil seine Menschen von Natur aus verschwenderisch und mittellos seien und unter einer »südlichen« oder »mañana« -Kultur litten. Allerdings hieß es früher oft auch, dass die chinesische Kultur und die konfuzianischen Werte dem Wirtschaftswachstum abträglich seien, während nun verkündet wird, das chinesische Arbeitsethos sei ein Wachstumsmotor für China, Hongkong und Singapur.
    Ist die Kultur-Hypothese nützlich, wenn man die Gründe der Weltungleichheit verstehen will? Ja und nein. Ja, weil mit der Kultur zusammenhängende soziale Normen von Bedeutung und manchmal schwer zu ändern sind; außerdem zementieren sie zuweilen die Ungleichheiten verursachenden institutionellen Unterschiede. Aber überwiegend ist diese Frage mit Nein zu beantworten, denn viele der häufig hervorgehobenen Kulturaspekte – Religion, nationale Ethik, afrikanische oder lateinamerikanische Werte – reichen als Erklärung für den gegenwärtigen Zustand der Ungleichheiten auf der Welt nicht aus. Andere Aspekte, etwa der Grad, in dem Menschen einander vertrauen oder kooperationsfähig sind, müssen berücksichtigt werden, sind jedoch zumeist Auswirkungen der Institutionen, keine unabhängigen Ursachen.
    Kehren wir zu Nogales zurück. Wie erwähnt, sind viele Kulturmerkmale nördlich und südlich des Zaunes miteinander identisch. Trotzdem könnten einige deutliche Unterschiede im Hinblick auf Gepflogenheiten, Normen und Werte bestehen, wiewohl diese keine Ursachen, sondern Folgen der sich gabelnden Entwicklungspfade beider Orte sind. Zum Beispiel ergeben Umfragen unter den Mexikanern regelmäßig, dass sie weniger Vertrauen zu anderen Menschen haben, als die Bürger der Vereinigten Staaten in Umfragen angeben. Es ist jedoch kein Wunder, dass es den Mexikanern an Vertrauen fehlt, wenn ihre Regierung nicht in der Lage ist, Drogenkartelle auszuschalten oder ein funktionierendes neutrales Rechtssystem aufzubauen. Das Gleiche gilt für Nord- und Südkorea, wie wir im nächsten Kapitel zeigen werden. Der Süden ist eines der reichsten Länder der Welt, während der Norden mit periodischen Hungersnöten und größter Armut zu kämpfen hat. Die »Kultur« mag im heutigen Süden völlig anders sein als im heutigen Norden, aber sie hat keine Rolle für die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung in den beiden Hälften der Nation gespielt. Die koreanische Halbinsel hat eine lange einheitliche Geschichte. Vor dem Koreakrieg und der Teilung am 38. Breitengrad waren Sprache, Ethnizität und Kultur absolut homogen. Genau wie in Nogales ist auch hier die Grenze der entscheidende Faktor. Im Norden herrscht ein anderes Regierungssystem, das andere Institutionen und Anreize geschaffen hat. Kulturelle Gegensätze zwischen den Gebieten südlich und nördlich der Grenze, welche die beiden Teile von Nogales oder von Korea durchschneidet, sind mithin keine Ursache der Wohlstandsunterschiede, sondern vielmehr ihre Folge.
    Wie steht es mit Afrika und der afrikanischen Kultur? Historisch gesehen war das subsaharische Afrika stets ärmer als die meisten anderen Teile der Welt. Seine frühen Kulturen erfanden weder das Rad noch eine Schrift (mit Ausnahme von Äthiopien und Somalia), noch den Pflug. Allerdings wurden die afrikanischen Gesellschaften mit diesen Innovationen, die erst mit dem Beginn der offiziellen europäischen Kolonisation im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert weithin zum Einsatz kamen, schon viel früher bekannt als die meisten anderen Völker. Der Grund lag darin, dass die Europäer seit dem späten 15. Jahrhundert um die Westküste segelten und die Asiaten schon viel früher unablässig nach Ostafrika reisten.
    Warum weder die Schrift noch die Techniken übernommen wurden, können wir aus der Geschichte des Königreichs Kongo an der Mündung des gleichnamigen Flusses ersehen, von dem auch die heutige Demokratische Republik Kongo ihren Namen hat. Karte 6 zeigt die Lage des Reiches sowie die eines anderen bedeutenden zentralafrikanischen Staates, des Königreichs der Kuba, auf das wir später in diesem Buch eingehen werden.
    Das Kongo-Reich trat in einen intensiven Kontakt mit den Portugiesen, nachdem der Seefahrer Diogo

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