Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
nach persönlichem Reichtum strebte, sondern danach, sein Land aufzubauen. Beides – die historisch geprägten Institutionen in Botswana und nicht vorhersehbare Faktoren, die bewirkten, dass diese Institutionen als Basis genutzt und nicht zerstört oder entstellt wurden wie anderswo in Afrika – bestimmte den weiteren Verlauf der Entwicklung von Botswana.
Im 19. Jahrhundert blockierte ein Absolutismus, der sich von dem in Afrika und Osteuropa kaum unterschied, die Industrialisierung in großen Teilen Asiens. In China war der Staat zutiefst absolutistisch, und die wenigen unabhängigen Städte, Kaufleute und Industriellen hatten kaum einen politischen Einfluss. Als große Seemacht betrieb China schon Jahrhunderte vor den Europäern internationalen Handel, aber es hatte sich genau zum falschen Zeitpunkt von den Meeren abgewandt, weil die Ming-Kaiser im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert zu dem Schluss gelangt waren, dass ein verstärkter Fernhandel ihre Herrschaft durch die schöpferische Zerstörung, die er mit sich bringen konnte, wahrscheinlich bedrohen würde.
In Indien herrschte eine andere industrielle Entwicklungstendenz vor und ließ ein beispiellos starres, erblich zementiertes Kastensystem entstehen, das die Möglichkeiten der Berufswahl und die Marktfunktionen noch stärker einschränkte als es die Feudalordnung im mittelalterlichen Europa tat. Außerdem untermauerte es eine andere ausgeprägte Form des Absolutismus unter den Mogul-Herrschern. Zwar hatten die meisten europäischen Länder im Mittelalter ähnliche Systeme, wie Familiennamen wie Becker, Fassbinder oder Schmidt und ihre angelsächsischen Entsprechungen verraten, die sich von erblichen Berufszugehörigkeiten herleiten, aber diese Bindungen wurden nie so rigide gehandhabt wie die indischen Kastentrennungen und wurden allmählich bedeutungslos. Obwohl indische Kaufleute überall im Umfeld des Indischen Ozeans Handel trieben und eine bedeutende indische Textilindustrie entstand, waren das Kastensystem und der Mogul-Absolutismus ernsthafte Hindernisse für das Aufkommen inklusiver Wirtschaftsinstitutionen.
Im 19. Jahrhundert wurden die Voraussetzungen für die Industrialisierung noch ungünstiger, da die Engländer Indien zu einer extraktiven Kolonie machten. China wurde nie offiziell von einer europäischen Macht kolonisiert, aber nachdem die Engländer die Chinesen in den von 1839 bis 1842 und erneut von 1856 bis 1860 andauernden Opiumkriegen besiegt hatten, musste es eine Reihe demütigender Verträge unterzeichnen und europäische Importe zulassen. Da China, Indien und andere Staaten mit Ausnahme Japans die kommerziellen und industriellen Möglichkeiten nicht nutzen konnten, blieb die ökonomische Entwicklung in Asien zurück, während sie in Westeuropa voranschritt.
Die institutionelle Entwicklung Japans im 19. Jahrhundert liefert ein weiteres Beispiel für die Wechselwirkung zwischen Umbruchphasen und kleinen, von institutionellen Trends erzeugten Unterschieden. Japan hatte wie China eine absolutistische Monarchie. Die seit 1600 herrschende Tokugawa-Familie verbot ebenfalls den internationalen Handel. Und auch Japan wurde mit einer durch westliche Intervention ausgelösten kritischen Phase konfrontiert, als im Juli 1853 vier amerikanische Kriegsschiffe unter dem Befehl von Matthew C. Perry in die Bucht von Edo einfuhren. Die Amerikaner verlangten Handelskonzessionen wie die, welche England durch die Opiumkriege von den Chinesen erzwungen hatte. Doch in Japan führte dies zu einem ganz anderen Ausgang. Trotz ihrer geographischen Nähe und ihrer häufigen Kontakte hatten China und Japan im 19. Jahrhundert bereits begonnen, institutionell auseinanderzudriften.
Wiewohl die Tokugawa-Herrschaft in Japan absolutistisch und extraktiv war und die Kontrolle über die zuvor weitgehend unabhängig herrschenden Daimyō, die Lehensfürsten, schrittweise ausbaute, konnte deren Macht nicht völlig gebrochen werden. In China kam es zwar zu Bauernaufständen und Unruhen, doch der Absolutismus war dort stärker und die Opposition weniger gut organisiert und weniger autonom. Es gab keine mächtigen Lehensfürsten, welche die absolutistische Herrschaft des Kaisers hätten anfechten und einen alternativen institutionellen Pfad einschlagen können. Dieser im Vergleich zu dem, was China und Japan von Westeuropa unterschied, relativ kleine institutionelle Unterschied hatte während der durch das gewaltsame Auftreten der Engländer und Amerikaner
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