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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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versuchten bewaffnete Gruppen, die Kontrolle vor Ort an sich zu reißen. In Palästina zum Beispiel war die Situation so erschreckend, dass die Bauern seit Ende des 16. Jahrhunderts aus den fruchtbarsten Gebieten in die Gebirgszonen übersiedelten, weil sie dort besser vor den Banditen geschützt waren.
    Die Wirtschaftsinstitutionen in den Stadtgebieten des Osmanischen Reiches waren ebenso unterdrückerisch. Der Handel unterlag der staatlichen Kontrolle, und jede Berufstätigkeit wurde durch Zünfte und Monopole streng reglementiert. Mithin waren die Wirtschaftsinstitutionen des Nahen Ostens zur Zeit der Industriellen Revolution weithin extraktiv, und das Wirtschaftsleben stagnierte.
    In den 1840er Jahren versuchten die Osmanen, ihre Institutionen zu reformieren, indem sie beispielsweise die Steuerpacht abschafften und autonome Gruppen unter ihre Herrschaft zwangen. Aber der Absolutismus setzte sich bis zum Ersten Weltkrieg fort, und die Reformbemühungen wurden durch die übliche Furcht der Elite vor schöpferischer Zerstörung und ökonomischen oder politischen Verlusten durchkreuzt. Während die osmanischen Reformer davon sprachen, private Eigentumsrechte an Grund und Boden einzuführen, um die landwirtschaftliche Produktivität zu erhöhen, blieb der Status quo infolge des Dranges nach politischer Kontrolle und Steuereinnahmen erhalten.
    Nach 1918 wurde die osmanische von der europäischen Kolonisierung abgelöst. Als die europäische Herrschaft endete, setzte die gleiche Dynamik wie im subsaharischen Afrika ein, und die extraktiven Kolonialinstitutionen wurden von unabhängigen Machthabern mit Beschlag belegt. In manchen Fällen, etwa im Königreich Jordanien, wurden diese Machthaber von den Kolonialstaaten eingesetzt, was auch in Afrika, wie wir noch aufzeigen werden, häufig vorkam.
    Nahöstliche Länder ohne Öl haben heute ein ähnliches Einkommensniveau wie arme lateinamerikanische Staaten. Sie litten nicht unter Ausblutung durch den Sklavenhandel, und sie zogen länger Nutzen aus europäischen Technologietransfers. Im Mittelalter war der Nahe Osten zudem selbst ein wirtschaftlich relativ fortgeschrittener Teil der Welt. Deshalb ist er heute nicht so notleidend wie Afrika, doch die Mehrheit seiner Menschen lebt weiterhin in Armut.
    * * *
    Wir haben nachgewiesen, dass weder mit der Geographie noch mit der Kultur, noch mit der Ignoranz der Betroffenen und ihrer Herrscher argumentierende Theorien zum Verständnis der Lage der Dinge beitragen, weil sie keine zufriedenstellende Erklärung für die hervorstechenden Muster der Weltungleichheit und für die Tatsache liefern, dass der Prozess der wirtschaftlichen Divergenz im 18. und 19. Jahrhundert mit der Industriellen Revolution in England begann und danach auf Westeuropa und die europäischen Siedlerkolonien übergriff; für die sich hartnäckig haltenden Gegensätze zwischen den unterschiedlichen Teilen des amerikanischen Doppelkontinents; für die Armut Afrikas und des Nahen Ostens; für die Divergenz zwischen Ost- und Westeuropa; für das Umschlagen von Stagnation in Wachstum und für das manchmal abrupte Ende von Wachstumsschüben. Unsere Institutionstheorie dagegen liefert die Erklärung.
    In den folgenden Kapiteln werden wir noch ausführlicher erläutern, wie sich die Institutionstheorie anwenden lässt, und auf eine Vielzahl von Phänomenen eingehen, die sie erklären kann – von den Ursprüngen der Neolithischen Revolution bis zum Zusammenbruch mehrerer Zivilisationen, dessen Grund entweder in den systembedingten Wachstumsgrenzen unter extraktiven Institutionen oder in der Abkehr von zaghaften Hinwendungen zur Inklusivität lag.
    Wir werden aufzeigen, wie und warum während der Glorreichen Revolution in England energische Schritte hin zu inklusiven politischen Institutionen unternommen wurden. Insbesondere werden wir auf folgende Punkte eingehen:
Wie durch die Wechselwirkung zwischen der durch den Atlantikhandel erzeugten Umbruchphase und den in England bereits bestehenden Einrichtungen inklusive Institutionen entstanden.
Wie diese Institutionen überlebten und stärker wurden, bis durch sie die Grundlagen für die Industrielle Revolution gelegt werden konnten, teils dank des Tugendkreises und teils durch eine glückliche Wende der Möglichkeiten.
Auf welche Weise viele Regierungen mit absolutistischen und extraktiven Institutionen der Verbreitung neuer, von der Industriellen Revolution hervorgebrachter Technologien hartnäckig Widerstand

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