Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
Rolle für die Art der Veränderung. Der kongolesische Absolutismus, der die Gesellschaft völlig beherrschte, gab sich nun nicht mehr mit extraktiven Wirtschaftsinstitutionen zufrieden, welche die gesamte Agrarproduktion der Bevölkerung beschlagnahmten, sondern er begann sogar, die Menschen massenhaft einzufangen und als Sklaven im Austausch für Gewehre und Luxusartikel, die der kongolesischen Elite zufielen, an die Portugiesen zu verkaufen.
Die ursprünglichen institutionellen Unterschiede bewirkten, dass der neue Fernhandel in England eine kritische Phase entstehen ließ, die zu pluralistischen politischen Institutionen überleitete, während im Kongo jegliche Hoffnung auf eine Niederlage des Absolutismus unterging. In großen Teilen Afrikas sorgten die erheblichen Einnahmen aus dem Sklavenhandel nicht nur dafür, dass sich dieses Unwesen intensivierte und die Eigentumsrechte für das Volk noch unsicherer wurden, sondern sie lösten auch heftige Kriege und die Zerstörung vieler existierender Institutionen aus. Innerhalb weniger Jahrhunderte kehrte sich der schwache Zentralisierungsprozess um, so dass zahlreiche afrikanische Staaten fast völlig zusammenbrachen. Zwar entstanden einige neue und zuweilen mächtige Staaten, die vom Sklavenhandel profitierten, aber sie beruhten auf Kriegführung und Plünderei. Die kritische Phase der Entdeckung Amerikas mochte England geholfen haben, inklusive Institutionen zu entwickeln, doch sie ließ die Institutionen in Afrika noch extraktiver werden.
Der Sklavenhandel wurde nach 1807 überwiegend beendet, doch der sich anschließende europäische Kolonialismus erstickte die aufkeimende wirtschaftliche Modernisierung in Teilen Süd- und Westafrikas nicht nur, sondern machte auch jegliche Möglichkeit einheimischer institutioneller Reformen zunichte. Dies bedeutete, dass auch außerhalb von Gebieten wie dem Kongo, Madagaskar, Namibia oder Tansania, wo Raub, Zerstörung sozialer Zusammenhänge und sogar Massenmord die Regel waren, kaum eine Chance für Afrika bestand, seinen institutionellen Pfad zu ändern.
Schlimmer noch, die unter der Kolonialherrschaft aufgebauten Strukturen hinterließen in den 1960er Jahren noch verästeltere und schädlichere Institutionen als zuvor. Dadurch entstand durch die Unabhängigkeit keine Umbruchphase, in der die Verhältnisse verbessert wurden, sondern eine Möglichkeit für skrupellose Führer, die Macht an sich zu reißen und die schon unter den europäischen Kolonialisten übliche Ausbeutung noch weiter zu intensivieren. Die überkommenen strukturellen Anreize erzeugten also einen politischen Stil, der dem historischen Muster unsicherer und ineffektiver Eigentumsrechte mit stark absolutistischen Tendenzen bei gleichzeitig fehlender zentralisierter Autorität folgte.
Die Industrielle Revolution hat sich immer noch nicht auf Afrika ausgebreitet, weil der Kontinent einen langen Teufelskreis des Fortbestehens und der Neuerschaffung von extraktiven politischen und wirtschaftlichen Institutionen durchlitten hat. Botswana ist die Ausnahme. Wie wir sehen werden, leitete König Khama, der Großvater von Seretse Khama, Botswanas erstem Premierminister nach der Unabhängigkeit, im 19. Jahrhundert institutionelle Änderungen ein, um die politischen und wirtschaftlichen Einrichtungen seines Stammes zu modernisieren. Erstaunlicherweise wurden diese Änderungen während der Kolonialzeit nicht aufgehoben, teilweise deshalb, weil Khama und andere Chiefs die Kolonialautorität klug herausgefordert hatten. Ihre Nutzung in der durch die Unabhängigkeit von der Kolonialherrschaft ausgelösten Umbruchphase legte die Grundlagen für Botswanas wirtschaftlichen und politischen Erfolg. Wieder einmal erwiesen sich kleine historische Unterschiede als folgenreich. Hinzu kamen der Zufall und Unwägbarkeiten, die in der Geschichte neben Teufels- und Tugendkreisen auch immer eine Rolle spielen.
Seretse Khama, der in den 1940er Jahren in England studierte, verliebte sich in Ruth Williams, eine weiße Frau. Daraufhin veranlasste das rassistische Apartheidregime in Südafrika die englische Regierung, ihn aus dem damals Betschuanaland genannten Protektorat (dessen Verwaltung einem Hochkommissar aus Südafrika unterstand) zu verbannen, und er gab seinen Königsthron auf. Als er zurückkehrte, um den Kampf gegen den Kolonialismus anzuführen, beabsichtigte er, die traditionellen Institutionen der modernen Welt anzupassen. Khama war ein außergewöhnlicher Mann, der nicht
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