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Warum so scheu, MyLady

Warum so scheu, MyLady

Titel: Warum so scheu, MyLady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Elizabeth Cree
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sarkastischem Amüsement zu betrachten. Das war nicht ungewöhnlich. Letzten Monat hatte er in London die gleiche Miene zur Schau getragen. Anscheinend störte ihn die gedrückte Stimmung im Ballsaal nicht.
    Nur ein oder zwei Mal hatte Sarah eine seltsame Verletzlichkeit in seinen attraktiven Zügen wahrgenommen und das unsinnige Bedürfnis verspürt, auf ihn zuzugehen. Natürlich wäre er sofort geflohen. Als spürte er ihr Interesse, wandte er sich in ihre Richtung und hob spöttisch die Brauen. Errötend senkte sie den Kopf. Warum hatte sich Adam ausgerechnet in Lord Huntingtons Schwester verlieben müssen? Hoffentlich würde sich der Marquess nicht verpflichtet fühlen, das Henslowe-Landgut regelmäßig zu besuchen.
    “Sarah, versteckst du dich schon wieder?”
    Verwirrt zuckte sie zusammen. Ihre Kusine Amelia, Lady Marleigh, hatte sich zu ihr gesellt.
    “Nicht, dass ich’s dir verübeln würde”, fuhr die hoch gewachsene, anmutige Blondine mit den lebhaften blauen Augen fort. “So einen grauenvollen Ball habe ich nie zuvor besucht – und noch nirgends so viele Leichenbittermienen auf einmal gesehen.”
    “Und diese Stimmung – wie die Ruhe vor einem Sturm …”
    “Was glaubst du, welch ein Gewitter losbrechen wird? Ein Duell?”
    “Um Himmels willen, das würde ich nicht ertragen.”
    “Vielleicht sollten wir zu den St. Clairs hinübergehen und Lord Henslowe bitten, dich Huntington als nächste Tanzpartnerin zu präsentieren.” Amelia kicherte boshaft. “Damit würden wir für ein bisschen Abwechslung sorgen und die gespannte Atmosphäre auflockern.”
    “Nein, besten Dank”, erwiderte Sarah schaudernd. “Wahrscheinlich würde er mir wortlos den Rücken kehren.” Oder noch schlimmer – er würde die Herausforderung annehmen. Dann müsste sie seinen höhnischen Blick und seine bissigen Kommentare während einer ganzen Tanzserie über sich ergehen lassen. So wie in London, wo Lady Ralston den unverzeihlichen Fehler begangen hatte, sie an der Dinnertafel neben dem Marquess zu platzieren … Bei dieser Erinnerung fröstelte Sarah immer noch.
    “Bist du sicher? Dauernd starrt er dich an. Das ist sogar John aufgefallen. Normalerweise bemerkt er so was nie. Wäre es möglich, dass du gewisse Gefühle in Lord Huntington erregst?”
    “Mach dich nicht lächerlich!”, fauchte Sarah. “Er hasst mich. Was ich ihm nicht einmal übel nehmen kann.”
    Amelia verdrehte die Augen. “Wie albern! Ich finde diesen Streit grauenhaft. Gewiss, das war eine sehr unerfreuliche Affäre. Aber seither sind fast zwei Jahre vergangen. Wenn ich auch verstehe, dass er nichts mehr von Nicholas wissen will – was wirft er
dir
vor? Du hattest doch gar nichts damit zu tun.”
    Leider täuschte sie sich. Sarah hatte sehr viel damit zu tun. Hätte sie Mary nicht eingeladen, wäre sie nicht so besorgt um Mama und so naiv gewesen, würde sie jetzt keine Schuldgefühle empfinden.
    “Jedenfalls wärst du mit Huntington besser dran als mit Cedric Blanton”, bemerkte Amelia und klappte ihren Fächer zu. “Ich fürchte, er will dich wieder zum Tanz auffordern. Wenn du noch einmal mit ihm tanzt, wird man euch für verlobt halten.”
    “O Gott …” Sarah drehte sich um und sah ihren unwillkommenen Bewunderer tatsächlich auf sich zukommen. Vor einem Jahr hatte der etwa 30-jährige Mann ein kleines Landgut in der Nähe gekauft und wenig später sein Interesse an ihr bekundet. Sogar in London war er aufgetaucht, wo sie einen Monat lang bei Amelia und deren Ehemann John gewohnt hatte.
    “Da du’s anscheinend nicht fertig bringst, ihm einen Korb zu geben, solltest du das Weite suchen”, schlug Amelia vor. “Geh schon! Ich werde ihn mit meiner geistreichen Konversation ablenken.”
    Dankbar nickte Sarah und eilte an der Wand des Ballsaals entlang. Es war wohl am besten, wenn sie durch eine der Glastüren auf die Veranda floh. Unglücklicherweise hatten sich die St. Clairs auf dieser Seite des Raums versammelt. Nun, vielleicht würde man gar keine Notiz von ihr nehmen. Plötzlich versperrte ihr eine rundliche ältere Frau den Weg. Um ihr nicht auf die Zehen zu steigen, trat Sarah beiseite, und ihr Fuß landete auf dem Schnallenschuh eines Gentleman. Verlegen blickte sie auf. “Oh, verzeihen Sie …” Als sie sein Gesicht erkannte, erstarb ihre Stimme.
    Lord Huntington schaute genauso verwirrt drein, wie sie sich fühlte. Dann zog er arrogant die Brauen hoch. “Miss Chandler, allmählich gewinne ich den Eindruck, Sie legen es

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