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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Schweiß von der Stirn wischte.
    »Er hat Lampenfieber, wie immer beim ersten Spiel, das ist alles.«
    May nickte, versuchte, ruhig zu werden. Martin war wieder im Besitz des Pucks und als er schoss, befanden die Linienrichter, er sei im Abseits. Der Puck prallte gegen Jorgensens rechte Wange und er knallte aufs Eis, Blut lief über sein Gesicht. Er sprang auf und raste auf Martin zu. Sie rollten ineinander verknäuelt über das Eis, die Fäuste flogen, Schlittschuhkufen blitzten auf.
    May sprang auf, wollte zu Martin laufen. Die Männer kämpften direkt vor ihrer Box und sie hörte Ächzen und Hiebe, sah Martins wutverzerrtes Gesicht, spürte die Energie, die er verströmte. Als die Schiedsrichter die beiden Streithähne trennten, war Martin genauso blutig wie Jorgensen: Er hatte eine Platzwunde über dem linken Auge, eine klaffende Schnittwunde an Unterlippe und Kinn, und an seinem Vorderzahn war eine neue Ecke abgesplittert.
    »Oh Martin!«, stöhnte May verzweifelt.
    Genny legte die Arme um May, versuchte sie zu trösten. Gemeinsam sahen sie zu, wie die beiden Männer vom Eis geführt wurden. Sie würden ihre Zeit auf der Strafbank absitzen, von ihren Mannschaftsärzten betreut werden. Die Fans waren aufgesprungen, buhten, warfen Erdnüsse und Popcorn aufs Eis, schrien ›Auge um Auge‹.
    »Was soll das bedeuten?«
    »Vor vier Jahren hat Martin beinahe das Auge eingebüßt, durch einen Schlag von Jorgensen. Sie meinen, mit dem Schuss habe er es ihm heimgezahlt.«
    »Martin würde so etwas doch nicht absichtlich tun!«, sagte May aufgebracht und erinnerte sich, dass Serge ihr die gleiche Geschichte erzählt hatte.
    »Nein, natürlich nicht. Und abgesehen davon ist Jorgensen ja nichts Schlimmes passiert«, sagte Genny beschwichtigend. »Jetzt sind die beiden quitt und Martin kann sich aufs Spielen konzentrieren.«
    May ballte die Fäuste. Sie spürte die Gewalt am eigenen Leib, als hätte sie selbst Schläge einstecken müssen. Martin saß auf der Strafbank, den Kopf verärgert gesenkt, während der Arzt versuchte, sein Kinn zusammenzuflicken. May starrte ihn an, aber er wich ihrem Blick aus.
    Die Oilers erzielten zwei Tore, während Martin seine Bankstrafe absaß, und gewannen Spiel eins mit 2:0.

    *

    Die Oilers entschieden auch das zweite und dritte Spiel für sich, und dann ging es weiter in Edmonton. Martin weigerte sich, über den Kampf mit Jorgensen zu reden, was sich ohnehin als überflüssig erwies, da mit Sicherheit zahllose Raufereien mit Jorgensen – und anderen Spielern – folgen würden. Es war, als sei die Gewalttätigkeit ein Teil seiner Natur, die er von May fern halten wollte.
    Vor Beginn des vierten Spiels lag Martin auf dem Hotelbett, ein Kissen über den Augen. May setzte sich zu ihm und nahm seine Hand. Sie hielt sich wieder ihr Gelöbnis vor Augen, geduldig zu sein, aber ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt.
    »Lass mich, May.« Er zog seine Hand weg.
    »Was ist los mit dir?«
    »Nichts.«
    »Kylie hat angerufen. Sie wünscht dir viel Glück.«
    Martin murmelte etwas Unverständliches.
    May blickte auf ihn herab. Nur Kinn und Hals waren unter dem Kissen sichtbar. Sie betrachtete die Platzwunden an Lippe und Kinn, die genäht worden waren, die Prellungen am Hals. Sein Körper war angespannt und steif wie ein Brett, aber als sie ihn in der letzten Nacht massieren wollte, war er zusammengezuckt und hatte sich ihrer Berührung entzogen. Er litt in letzter Zeit offenbar ständig unter Kopfschmerzen; er nahm ein Aspirin nach dem anderen, und manchmal war er mitten in der Nacht aufgestanden und hatte sich einen Eisbeutel für sein Auge gemacht.
    »Martin?«
    Er antwortete nicht gleich. Doch dann riss er sich das Kissen vom Kopf und fuhr mit einem Ruck hoch. »Ich bin mir nicht sicher, dass es gut ist, wenn du hier bist.«
    »Warum?«
    »Weil Eishockey zu hart für dich ist. Du kannst nicht sehen, wenn ich in eine Rauferei verwickelt werde, hast Angst, dass ich verletzt werde, und du weißt, dass ich am liebsten Kleinholz aus Jorgensen machen würde.«
    »Wohl wahr.«
    »So ist das aber nun einmal im Eishockey, May. Deshalb wollte ich dich letztes Jahr nicht dabeihaben. Die Finals sind anders als die regulären Spiele. Da geht es ums Ganze.«
    »Du glaubst, ich kann das nicht ertragen? Soll ich dir was verraten? Du täuschst dich gewaltig, ich kann.«
    »Sieht aber nicht so aus«, brummte er.
    »Ach, ich mache mir nur Sorgen, weil du ständig die Augen zusammenkneifst. Hast du etwa

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