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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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sehr Ernstes gefasst machen muss«, sagte Teddy.
    »Sie wissen also schon –«
    »Na ja, es gibt da bestimmte Anhaltspunkte, ich kann Ihnen aber leider noch nicht sagen, inwieweit sie stichhaltig sind. Nach der Untersuchung werden wir in jedem Fall mehr wissen.«
    »Ich mache mir solche Sorgen um Martin. Bitte helfen Sie ihm, Teddy. Bitte …«
    »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht.« Dann umarmte sie May und ließ sie in dem weitläufigen Eckbüro allein. Der Raum bot einen Ausblick auf den Logan Airport am anderen Ufer des schwarzen Wassers, auf dem ständig Flugzeuge starteten und landeten. An den Wänden hingen dicht an dicht Williams meisterhafte Fotos von Leuchttürmen aus aller Welt.
    Doch May hatte keinen Blick für sie. Sie blätterte in dem Hochzeitsalbum. Es enthielt zahlreiche Aufnahmen von Teddy und William, Emily und Lorenzo Dunne, Tante Enid und der kleinen May, aber vor allem von Samuel und Abigail Taylor. Gebannt betrachtete sie die Fotos, auf denen ihr Vater abgebildet war.
    Er sah genauso aus, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Hochgewachsen und stark, mit braunen Locken und haselnussbraunen Augen. Er trug einen grauen Anzug mit einer blauen Krawatte; May kniff die Augen zusammen und meinte, ein Seemöwen-Muster darauf zu erkennen. Sie hatte ihm einmal zum Vatertag eine Krawatte mit Seemöwen geschenkt. Er lächelte in die Kamera, eine Hand auf Mays Schulter gelegt.
    Mays Augen schwammen in Tränen, als sie das Bild betrachtete. Sie war damals sechs oder sieben Jahre alt gewesen, im gleichen Alter wie Kylie. Auf den Fotos war sie nie weiter als zwei Schritte von ihrem Vater entfernt. Sie hatte ihn vergöttert, und das Gefühl hatte auf Gegenseitigkeit beruht.
    Liebe war ungeheuer wichtig. Familie und alte Freunde waren eine Stütze, selbst wenn sie nicht präsent waren. May schloss die Augen, beschwor die Gesichter ihrer Eltern herauf. Sie sah ihren Vater vor sich, der ihr zulächelte. Seit dem Besuch bei Serge hatte May den Weg zu ihrem Vater gefunden.
    Sie dankte Gott für Martin, der Kylie ein Vater sein wollte. Tränen liefen über ihre Wangen, und sie wünschte, Martin wäre ebenfalls in der Lage, einen Weg zu seinem Vater zu finden. Er könnte auf seine Stärke und Liebe bauen, ungeachtet dessen, was die Untersuchung ergeben würde.

    *

    Martin hatte Arztbesuchen noch nie etwas abgewinnen können. Als er klein war, musste seine Mutter ihn bestechen, um ihn zum Kinderarzt zu bringen. Als Erwachsener waren seine Kontakte zu Ärzten auf die regelmäßigen Generaluntersuchungen der Mannschaft und die Nachsorge bei Verletzungen beschränkt, die er sich bei einem Eishockeyspiel zugezogen hatte.
    Er hatte folglich Schmetterlinge im Bauch, als er nun in dem mit Hochtechnologie ausgestatteten Untersuchungszimmer der Ärztin saß. Er wünschte, May wäre an seiner Seite. Die Ausrüstung erinnerte an Folterinstrumente.
    »Wie geht es Ihnen, Martin?«, fragte Teddy.
    »Bestens«, flunkerte er.
    »Das ist gut. Ich werde heute nämlich einige Tests machen, die umfassender sind als gestern, und ich möchte, dass Sie versuchen, sich zu entspannen.«
    »Ich bin entspannt«, sagte er, die Muskeln in Nacken und Schultern verkrampft und angespannt wie nasse Schnürsenkel.
    »Gut, mein Lieber.« Trotz ihrer mütterlichen Art waren die Bewegungen der Ärztin nüchtern und sachlich. Sie überprüfte die Skalenanzeiger der Instrumente, machte sich Notizen.
    »Ich werde als Erstes ein Fluoreszin-Angiogramm machen. Auf diesem Röntgenkontrastbild erkennt man Veränderungen in der Netzhaut, aber um einwandfreie Ergebnisse zu erzielen, muss ich ein Kontrastmittel spritzen. Sie haben keine Allergien, oder?«
    »Nein.« Da vor fünf Jahren nach einem heftigen Gerangel mit mehreren New Jersey Devils ein Rückenmark-Röntgenbild gemacht werden musste, waren ihm Kontrastmittel nicht fremd. Aber beim Gedanken daran wurde ihm unbehaglich, wie Teddy bemerkte.
    »Es ist nicht gerade angenehm. Manchen Leuten wird davon übel.«
    »Ich erinnere mich.«
    »Trotzdem erfahren wir auf diese Weise am zuverlässigsten, was los –«
    »Dann machen Sie das«, unterbrach Martin sie. »Und alles andere, was nach Ihrer Meinung nötig ist. Ich werde tun, was Sie sagen, um es hinter mich zu bringen. Führen Sie Ihre Untersuchungen durch, stellen Sie die Diagnose, verordnen Sie mir die erforderlichen Medikamente. Ich werde mich strikt an Ihre Anweisungen halten, damit ich nächsten Monat für das Training fit bin. Augentraining,

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