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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Trotzdem«, versicherte der Priester. Er hätte auch über ihre Frage lachen können, aber Kylie fand es sehr nett von ihm, dass er sie ernst genommen hatte.
    »Das ist gut.« Kylie war so erleichtert, dass ihr schwindelte. »Für mich und meine Mommy.«
    »Ich kenne Martin schon lange«, fuhr der Priester fort. »Er hat in meiner Kirche die Erstkommunion gefeiert. Er kam auch, als … nun, wegen anderer Dinge in meine Kirche. Die Heirat ist nicht nur gut für dich und deine Mommy, sondern auch für ihn.«
    Als der Priester zu Martin und May ging, um sich zu verabschieden, schlich sich Kylie davon, die Stufen hinunter und zum Pavillon zurück. Erst als sie sicher war, dass sie von der Veranda aus nicht gesehen werden konnte, griff sie in den Korb und holte Natalies Puppe unter den Blumen hervor. Martin hatte vorhin wütend ausgesehen und sie wollte nicht, dass so etwas noch einmal passierte. Sie drückte der Puppe den Blütenkranz auf den Kopf, dann drehte sie sie mit dem Gesicht zum See.
    Die Nacht war stockdunkel. Fische sprangen aus dem Wasser, plätscherten leise. Der Himmel über den Gipfeln der Berge schimmerte vor lauter Sternen. Hier unten blinkten Leuchtkäfer in den Kiefern und hohen Gräsern. Kylie hielt den Atem an, umklammerte die Puppe. Irgendetwas würde passieren, etwas, das noch eindrucksvoller war als die Hochzeit. Sie wusste es, sie wusste es, sie wusste es immer …
    Als sie mit den Augen das andere Ufer absuchte, erspähte sie ein kleines Mädchen, ganz in Weiß gekleidet, mit durchsichtigen Flügeln und glänzend weißen Schuhen: der Engel, den sie im Flugzeug gesehen hatte. Als Kylie gebannt zu ihr hinübersah, breitete das Mädchen die Arme aus. Kylie tat es ihr nach, als versuchten sie, sich über das Wasser hinweg zu umarmen. Aber eine Umarmung war nicht das, was das Mädchen wollte.
    »Die Puppe?«, fragte Kylie und das kleine Mädchen nickte.
    Kylie ging in die Hocke, um die Puppe in den Korb zu legen. Eine ausgestopfte Stoffpuppe, mit einem schlicht bemalten Gesicht. Aber Kylie küsste sie trotzdem. Sie hätte die Puppe gerne behalten, aber sie wusste, dass sich das nicht gehörte. Wenn man eine Schwester hatte, durfte man ihr nicht das Spielzeug wegnehmen.
    Sie ging mit dem Korb zum Ufer und setzte ihn behutsam auf das Wasser. Der Korb kippte von einer Seite zur anderen, dann richtete er sich von alleine wieder auf und trieb zügig davon, als würde er von einer starken Strömung zu dem Mädchen auf der anderen Seite des Sees getragen. Kylie sah, wie er davondriftete und wie der Engel stillstand, die Arme immer noch ausgebreitet, und auf den Korb wartete.
    »Lässt du Spielzeugboote fahren?«, ertönte plötzlich Martins tiefe Stimme hinter ihr.
    Kylie war so überrascht, dass sie um ein Haar in den See gefallen wäre.
    »Äh … schon. Ich –«
    »Father Beaupré hat mir gesagt, dass ich dich vielleicht hier finde.«
    »Er ist nett.«
    »Er hat mir erzählt, dass du dich über die Hochzeit freust. Dass deine Mutter und ich verheiratet sind.«
    »Tue ich«, flüsterte Kylie. Sie war so glücklich, dass sie es nicht einmal laut aussprechen konnte.
    »Mach dir keine Sorgen, weil die Trauung nicht in einer Kirche stattgefunden hat.« Martin legte ihr die Hand auf die Schulter. »Das hier ist und war meine Kirche, seit ich denken kann: die Natur, die weite, unberührte Landschaft. Du wirst sie kennen lernen, wenn wir eine Ruderpartie auf dem See machen. Und wenn er zugefroren ist, bringe ich dir das Schlittschuhlaufen bei. Würde dir das gefallen?«
    »Ja. Sehr.« Sie blickte zu ihm auf.
    »Siehst du die Leuchtkäfer?«
    Kylie nickte und erinnerte sich, was er früher darüber erzählt hatte. »Sie sehen wie Sternschnuppen aus.«
    »Sie kommen vom Himmel. Hat meine Mutter immer gesagt.«
    »Vom Himmel«, wiederholte Kylie.
    »Ich habe eine Tochter im Himmel.« Martin starrte auf den See hinaus. Sein Blick war so eindringlich und er schien direkt auf das kleine Mädchen am anderen Ufer zu sehen. Sie hob und senkte gerade ihre Schwingen und Kylie wusste, dass sie sich anschickte, wegzufliegen. Kylies Herz klopfte, weil sie sich so sehr für Martin wünschte, er könnte Natalie sehen: Natalie war dort drüben am Lac Vert, sie war mit den Leuchtkäfer-Sternschnuppen auf die Erde gekommen, um bei der Hochzeit ihres Vaters dabei zu sein und ihre neue Schwester kennen zu lernen.
    »Natalie!«, rief Kylie, aber Martin dachte, sie hätte mit ihm gesprochen.
    »Ja, sie hieß Natalie. Deine Mutter

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