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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Einzelgänger, der mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Die Eltern weit weg, im Westen des Landes, keine Frau, keine Kinder.«
    May nickte. »Kylie schrieb seinen Eltern eine Beileidskarte.«
    »Ich erinnere mich.«
    »Sie ist sehr zartfühlend«, begann May, »und hat eine erstaunliche Fantasie. Ich bin geneigt, zu glauben, dass sich damit der Rest erklärt. Oder zumindest genug vom Rest. Ich denke, das wird heute unser letzter Besuch sein.«
    »Wenn das Ihr Wunsch ist, respektiere ich ihn natürlich. Obwohl ich hoffe, dass Sie weitermachen. Lassen Sie mich mit ihr reden, ja? Um ein Gefühl für ihre Perspektive zu bekommen. Ich möchte sie nach den stummen Engeln in ihrem Traum fragen.«
    Dr. Whitpen nahm das blaue Notizbuch und ging May voran zur Spielecke. Er holte das Kartenspiel heraus, während Kylie ihn beobachtete. Zuerst mischte sie die Karten, danach er. Er legte den Stapel auf den Tisch, dann teilte er ihn in zwei Hälften, die er übereinander legte.
    »Die oberste Karte.«
    »Rot.«
    Er sah nach: Rot.
    »Die Nächste.«
    »Blau.«
    Dr. Whitpen zeigte ihr, dass sie richtig getippt hatte, und sie klatschte in die Hände. Als die letzte Karte auf diese Weise erreicht war, hatte Kylie nur drei Mal die falsche Farbe angesagt. Er wollte wieder mit der obersten Karte des Stapels anfangen, aber Kylie langweilte sich und ging zum Puppenhaus.
    Er kauerte sich auf die andere Seite und sah zu, wie Kylie die Puppenfamilie, Haustiere und Möbel aufstellte. May lehnte sich zurück, während Kylie das kleine Puppenmädchen durch das Puppenhaus fliegen ließ, als sei es ein Vogel.
    »Wer ist das?«, fragte Dr. Whitpen.
    »Natalie.«
    »Ihre Puppe, meinst du?«
    »Nein, Natalie. Meine Schwester.«
    »Was macht sie da?« Dr. Whitpen sah, wie Kylie die Arme der Puppe auf und ab schwenkte.
    »Sie redet.«
    »Mit den Armen?«
    »Vielleicht.«
    »Kann sie nicht sprechen?«, fragte Dr. Whitpen und May wusste, dass er auf die stummen Engel anspielte.
    Kylie lächelte ihn an, als hätte er gerade einen Witz gemacht. »Bei mir braucht sie keine Worte. Ich verstehe sie auch so.«
    »Was sagt sie?«
    »›Hilf mir‹«, Kylie sprach in einem fremden Tonfall.
    »Was für eine Art Hilfe braucht sie denn?« Dr. Whitpen beugte sich näher zu ihr hinüber.
    »Ich bin mir nicht sicher. Sie will ihre Baseballkappe nicht wiederhaben. Und manche Leute können mit den Augen nicht sehen.« Kylie sah aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Sie legte die Puppe ins Haus zurück, ein Zeichen, dass das Spiel zu Ende war. Sie lief zu dem niedrigen Tisch, auf dem Papier und Wachsmalkreiden lagen, und begann zu malen.
    »Deine Mutter hat geheiratet«, sagte Dr. Whitpen, der ihr gefolgt war.
    »Ich habe jetzt einen Vater.« Kylie malte, schnell und angestrengt. »Und eine Schwester.«
    »Natalie.«
    »Richtig!« Kylie hielt inne und strahlte vor Freude, als sie hörte, wie er ihren Namen aussprach.
    »Wie sieht sie aus?«
    »Hübsch.« Sie begann wieder zu malen. »Sie hat Flügel und trägt ein weißes Kleid.«
    »Wie die anderen Engel, die du gesehen hast?«
    Kylie schüttelte den Kopf. »Niemand sieht wie Natalie aus. Sie ist wirklich.«
    »Die anderen nicht?« Dr. Whitpen lächelte.
    »Nein, aber sie hab ich lieb und das macht alles wirklicher .« Kylie blickte ihm in die Augen. »Ich weiß nicht, wie die anderen heißen, aber ihren Namen kenne ich: Natalie Cartier.«
    May sah, wie sie sich wieder darauf konzentrierte, Bilder auf das weiße Papier malen. Dr. Whitpen stand auf und gesellte sich zu ihr. Er hob die Brauen. »Natalie Cartier? Sie haben Martin Cartier geheiratet?«
    »Ja.« May hatte gewusst, dass Martin berühmt war, aber sie hatte irgendwie nicht erwartet, dass ein Wissenschaftler den Namen kannte. »Sind Sie Eishockeyfan?«
    »Eigentlich nicht. Ich kenne den Namen aus anderen Gründen. Seine Tochter starb bei einem tragischen Unfall.«
    »Sie wissen davon?«
    »So ziemlich jeder in Kanada kennt die Geschichte. Ihr Großvater war für ihren Tod verantwortlich. Er war früher selbst ein bekannter Eishockeyspieler, bevor er auf die schiefe Bahn geriet; ließ sich mit Kriminellen ein, soweit ich weiß. Er war indirekt schuld an Natalies Tod und musste später ins Gefängnis, wegen Manipulation der Eishockeyspiele und Steuerhinterziehung. Es war ein Skandal, der die ganze Nation erschütterte.«
    May sah zu Kylie hinüber, um festzustellen, ob sie zuhörte, aber sie malte wie besessen und führte dabei laut

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